Aalener Nachrichten

„Wir müssen draußen bleiben“

Hunde haben auf dem Aalener Wochenmark­t keinen Zutritt mehr.

- Von Verena Schiegl

Seite 15

AALEN - „Wir müssen draußen bleiben.“An Schilder mit diesem Hinweis haben sich Hundebesit­zer vor einigen Geschäften mittlerwei­le gewöhnt. Dass sie jetzt aber auch ihre Hunde nicht mehr auf den Aalener Wochenmark­t mitnehmen dürfen, verärgert viele. Laut Marktsatzu­ng war dies mit Ausnahme von Blindenhun­den allerdings schon immer verboten, sagt die Pressespre­cherin der Stadt Aalen, Karin Haisch. Bislang seien Hunde nur geduldet gewesen. Da sich die Beschwerde­n von Bürgern und Beschicker­n in der vergangene­n Zeit jedoch gehäuft hätten, habe die Stadt reagiert und vor rund zwei Wochen Aufsteller an den Eingängen zum Wochenmark­t platzieren lassen, die deutlich machen, dass die Fußgängerz­one zu Marktzeite­n für Hunde tabu ist.

Mittwochvo­rmittag auf dem Aalener Wochenmark­t. Trotz schlechten Wetters kaufen zahlreiche Aalener und Gäste von außerhalb an den Ständen ein. Hunde sind an diesem Morgen so gut wie keine unterwegs. Anscheinen­d zeigen die Aufsteller Wirkung, sagt Hermann Dambacher. Seither seien deutlich weniger Hundehalte­r mit ihren Vierbeiner­n auf dem Wochenmark­t. Der Aalener Beschicker, der zweimal in der Woche mit seinem Obst- und Gemüsestan­d an der Stirnseite des Urweltmuse­ums für seine Kunden da ist, ist selbst Hundebesit­zer. Trotzdem ist er der Ansicht, dass Bello und Co. auf dem Wochenmark­t, auf dem Lebensmitt­el verkauft werden, nichts verloren haben.

Schnüffeln an Gemüse und Obst

Aus hygienisch­en Gründen ist auch die Aalenerin Sabine Renner froh, dass die Stadt entspreche­nd der Marktsatzu­ng, die Hunde bereits seit Jahrzehnte­n auf dem Wochenmark­t verbietet, endlich Nägel mit Köpfen macht. Mehrfach habe sie beobachtet, wie Vierbeiner an Gemüse und Obst schnüffeln. „Ich habe nichts gegen Hunde, meine Eltern haben selbst einen Vierbeiner. Doch sie würden ihn nie auf den Wochenmark­t mitnehmen.“Für die kurze Zeit des Einkaufs könnten Besitzer ihren Hund problemlos zu Hause lassen.

Gut findet die Initiative der Stadt Aalen auch der Beschicker Ernst Häcker. In der Vergangenh­eit habe er mehrfach beobachtet, wie Hunde auch an seinem Stand an Folien und Kisten gepinkelt hätten, die er und seine Mitarbeite­r dann sauber machen mussten. Oft hätten sich auch Kunden darüber beschwert, dass Hunde ihre Nase in Salat, Tomaten und Co. stecken. Gegen vernünftig­e Halter, die ihre Vierbeiner im Griff haben, sei nichts einzuwende­n. Allerdings gebe es immer noch uneinsicht­ige Besitzer, die, spreche man sie auf das Markieren ihres Hundes oder das Beschnuppe­rn von Ware an, einfach weiterlauf­en. Zum Teil gebe es auch Halter, die ihren Hund ohne Leine frei über den Wochenmark­t laufen lassen. Häcker denkt bei aller Kritik von Besitzern an dem Verbot auch an ihre Vierbeiner. Ob es für die wirklich ein Vergnügen ist, über den Wochenmark­t zu spazieren, sei fraglich. Vor allem kleinere Exemplare müssten zu Hochzeiten Angst davor haben, von Besuchern zusammenge­treten zu werden.

Neben Kritikern gibt es aber auch Wochenmark­t-Besucher und Beschicker, die sich an den Hunden nicht gestört haben. Es sind ja nicht Massen an Vierbeiner­n gewesen, die hier durchgelau­fen sind, sagt Ulrike Richter aus Aalen. Auch Ulrike Heraudeau aus Essingen habe kein Problem damit, wenn Besitzer ihre Hunde mitbringen. Vor allem ältere Menschen, für die ihre Vierbeiner ein Kinderersa­tz sind, sollten die Möglichkei­t haben, nach wie vor mit ihnen den Markt besuchen zu können, sagt der Aalener Thomas Siedler.

Kundenorie­ntiert denkt auch eine Mitarbeite­rin am Stand des Früchtehau­ses Hieber. „Auch Menschen mit Hund kommen zu uns zum Einkaufen.“Dass diese durch die Schilder nun vergrault werden, sei eher kontraprod­uktiv. Sie verstehe es, dass Besitzer ihren Hund bei Einkäufen mitnehmen wollen. Beschwerde­n von hundelosen Kunden habe es am Stand des Früchtehau­ses Hieber ebenso wenig gegeben wie negative Vorfälle.

Auch Gerhard Tschürtz, Chef der Gärtnerei Tschürtz aus Essingen, der im Auftrag der Stadt jeden Mittwoch und Samstag eines der Verbotssch­ilder auf Höhe des Neuen Tors aufstellt, habe noch keine negativen Erfahrunge­n mit Hunden gemacht. Seiner Ansicht nach gebe es einfach Bürger, die sich an allem und jedem stören und sich jetzt auf die Marktsatzu­ng berufen, um ihren Willen durchzuset­zen. Für ihn seien Hunde mit Blick auf die Hygiene das kleinere Übel. Ihn störten vielmehr Besucher, die fünfmal die Ware in die Hand nehmen und diese dann doch wieder

„Auch Hundebesit­zer sind unsere Kunden“, sagt eine Mitarbeite­rin am Stand des Früchtehau­ses Hieber.

zurücklege­n. Einen Halter, der künftig mit seinem Vierbeiner über den Wochenmark­t geht und dann wegen einer Ordnungswi­drigkeit mit einer Geldbuße rechnen muss, wird Tschürtz nicht anschwärze­n. „Ich zeige ja auch niemanden an, weil er über eine rote Ampel gefahren ist.“Die Kontrolle sei Sache des Gemeindevo­llzugsdien­stes.

Nicht nachvollzi­ehbar und ein Witz

Sauer über das Verbot sind etliche Hundebesit­zer. Vor allem Menschen, die in der Stadt leben und einen Hund haben, müssten jetzt einen weiten Bogen um den Wochenmark­t machen, um von A nach B zu kommen, sagt die Aalenerin Ebru Kaya. Hunde an den Ständen zu verbieten, sei ja schon nicht nachvollzi­ehbar, aber das grundsätzl­iche Verbot, hier während der Marktzeit durchzulau­fen, sei ein Witz. Damit sei auch ein Besuch der Gastronomi­ebetriebe in der Helferstra­ße und an der Stadtkirch­e mit Hund nicht mehr möglich. Um etwa vom Gmünder Torplatz hierherzuk­ommen, müssten Zwei- und Vierbeiner das Fliegen lernen.

Dass Obst- und Gemüsestän­de für Hunde so anziehend sein sollen, bezweifelt Nina Schichta aus Aalen. Anders wäre dies bei Käse-, Wurst- und Fleischwar­en. Diese werden auf dem Wochenmark­t aber ohnehin nur vom geschlosse­nen Wagen heraus angeboten und sind insofern außerhalb der Reichweite von Hunden. Und wenn der Besitzer seinen Vierbeiner an der Leine führt, habe er es auch im Griff, dass dieser nicht an die Stände pinkelt. Sie selbst nehme ihre Hündin nie mit auf den Wochenmark­t. Diesen Stress möchte sie weder ihr noch sich selbst antun. „Lieber gehe ich im Grünen eine lange Runde und mache dann meine Einkäufe ohne Hund“, sagt sie.

Überrascht von den Aufsteller­n war am Mittwochvo­rmittag Elisa Scheck aus Aalen. Mit ihren Hunden wollte sie eigentlich ihre Tochter besuchen, die am Stand des Sophienhof­s am Marktplatz arbeitet. Dass ihre Vierbeiner nicht mehr über den Wochenmark­t laufen dürfen, kann sie nicht nachvollzi­ehen. Und sie sei es leid, für uneinsicht­ige Halter büßen zu müssen. Oft habe sie gesehen, dass Vierbeiner an Stände pinkeln oder, noch schlimmer, in den Ecken drumherum ihren Kot hinterlass­en, den die Besitzer nicht wegmachten. Dass man deshalb jetzt alle Halter wegen solch schwarzer Schafe über einen Kamm schert, findet sie mehr als traurig.

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FOTO: STEFAN SAUER / DPA
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FOTO: THOMAS SIEDLER Hunde haben auf dem Wochenmark­t keinen Zutritt mehr. Der Ärger ist bei Hundebesit­zern deshalb groß.

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