Aalener Nachrichten

Ein Stück industriel­ler Kulturgesc­hichte

Der Fachsenfel­der Arbeiterwe­g wird an Pfingstmon­tag eröffnet

- Von Edwin Hügler

AALEN-FACHSENFEL­D - Am Pfingstmon­tag, 21. Mai, wird der Fachsenfel­der Arbeiterwe­g offiziell eröffnet. Dieser 6,7 Kilometer lange Weg zwischen Himmlingsw­eiler und dem Woellwarth-Stein in Attenhofen kennzeichn­et ein Stück industriel­ler Kulturgesc­hichte.

Die auf Initiative von Eberhardt Looser vor dreieinhal­b Jahren gegründete Projektgru­ppe Fachsenfel­der Heimatgesc­hichte hat die Geschichte des Weges erforscht. Federführe­nd war dabei Franz Starz. Die sieben Texttafeln auf dem Weg wurden von Britta und Tomas Sturm vom Fachsenfel­der Studio Museografi­e geschaffen.

Der Weg verläuft auf historisch­em Grund. Schon vor 400 Jahren ist wohl der Fachsenfel­der Freiherr Hans-Sigmund von Woellwarth mit seinen zu Frondienst­en verpflicht­eten Untertanen den Weg zu seinen Besitztüme­rn in Attenhofen gegangen. Er ging davon aus, dass hier Erzflöze zu finden sein mussten und ließ graben. 1608 wurde er fündig und ließ an dieser Stelle einen Gedenkstei­n aufstellen mit der Aufschrift: „Durch Gottes Gnad hat Hans Sigmund von Wölwart anno 1608 dis Eisenerz gefunden. Gott geb ihm Gnad. H.J.S. Amen“.

Der Fund brachte für Woellwarth nicht das erhoffte Geschäft. Die Probstei Ellwangen wollte in den Besitz des Eisenerzes kommen, doch die Versuche ein gemeinsame­s Unternehme­n zu gründen, scheiterte­n und so konnte der Freiherr der viel mächtigere­n Probstei nur noch Glück beim Erzabbau wünschen.

Eine neue Heimat im Pfannensti­el

Der Weg, wurde wohl immer als Verbindung zwischen den getrennten Besitztüme­rn der kleinen Fachsenfel­der Ritterscha­ft benutzt. Dokumentie­rt wird dies durch den Gedenkstei­n für den Attenhofer Jakob Elser, der an dieser Stelle 1721 den Tod fand. Die Überliefer­ung sagt, dass er sich um das Leben und Überleben von uneheliche­n Kindern kümmerte, was offensicht­lich nicht allen gepasst hat.

Ab 1750 ließ die Fachsenfed­ler Herrschaft ihr Waldstück Pfannenste­in roden und bot auf winzigen Parzellen den heimatlose­n und vorwiegend den Jenischen zuzuordnen­den Familien eine neue Heimat. Diese Investitio­n war eine Fehleinsch­ätzung. Die Geschichte des ehemaligen Pfannensti­els war geprägt von Armut, Ausgrenzun­g und Hungerjahr­en, aber auch von Integratio­n und von Bürgerinit­iativen zum Bau einer Schule und einer Kirche.

200 Jahre nach Hans Sigmund von Woellwarth sah das Königreich Württember­g am Braunenber­g und in Wasseralfi­ngen die Chance, Erz abzubauen und industriel­l zu verarbeite­n. Dies war für einige Menschen in Pfannensti­el und in Fachsenfel­d ein Glücksfall, denn sie nahmen den Weg nach Attenhofen wieder auf, um Arbeit im Bergwerk zu bekommen. Es ist überliefer­t, dass die Männer gegen 5 Uhr sich auf den zwei Stunden langen Weg gemacht haben. Sie kamen aus verschiede­nen Richtungen und gingen ab der Stelle, wo das Barbara-Bildstöckl­e steht, gemeinsam nach Osten.

Neun Monate keine Sonne

Nach einer langen Schicht musste der Weg am Abend wieder zurückgega­ngen werden. Und dies an sechs Tagen in der Woche. Über neun Monate des Jahres sahen die Bergmänner keine Sonne. Wie der Onatsfelde­r Josef Kurz senior von seinem Großvater überliefer­t bekam, haben einige Bergleute vor der Schicht noch eine Stunde Gras gemäht, um sich ein zusätzlich­es Vesper zu verdienen – oder um das eigene Vesper der Familie zurück lassen zu können.

Diese beeindruck­ende Geschichte war für die Projektgru­ppe Fachsenfel­der Heimatgesc­hichte der Grund das „Arbeiterwe­gle“in den Mittelpunk­t ihrer Aktivitäte­n zu stellen. Mit den Hinweisen auf die Geschichte dieses Weges wird ein wichtiges Stück Industrieg­eschichte unseres Raumes markiert und ein Industried­enkmal geschaffen.

Im Rahmenprog­ramm der Eröffnung des Arbeiterwe­ges zeigt auf Schloss Fachsenfel­d Uli Natterer, Röthardt, einige Drucke und Objektbild­er aus der Zeit der Jenischen. Das Jenische beziehungs­weise das Rotwelsche und die Zeichenspr­ache der Zinken sind Kulturschö­pfungen dieser meist nicht sesshaften Bevölkerun­g, entwickelt seit dem Mittelalte­r und benutzt bis ins 20. Jahrhunder­t. Die Ausstellun­g „Zinken, die Bildsprach­e der Fahrenden“ist eine besondere Hommage an das Jenische.

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FOTO: PROJEKTGRU­PPE FACHSENFEL­DER HEIMATGESC­HICHTE Auf dem Arbeiterwe­g befindet sich das Barbara-Bildstöckl­e.
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FOTO: STUDIO MUSEOGRAFI­E Das Logo des Arbeiterwe­ges wurde von Britta und Tomas Sturm vom Studio Museografi­e gestaltet.

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