Diffuse Situation in ein Bild gepackt
Theater stellt neues Bild im Rathaus aus: Situation im Flüchtlingsheim wird dargestellt
AALEN - Wer das Aalener Rathaus betritt, findet im Foyer ein bauzaungroßes Bild vor. Darauf: extreme Lichtverhältnisse, Lederjacken, eine Familie auf einer Bank. Das Bild wurde im Sommer 2016 im Flüchtlingsheim in der Ulmer Straße aufgenommen, einer Zeit in der die Situation der Geflüchteten in Deutschland sehr unübersichtlich war, berichtet Winfried Tobias vom Theater Aalen. Die Überbelichtung, ein Schwarzund ein Weißhäutiger in einer „Aufpasser-ähnlichen“Lederjacke – das erzeuge ein diffuses Bild, das die Verworrenheit der damaligen Situation verdeutliche.
Dabei gehe das Bild auch auf historische Fakten ein. „Früher war da, wo heute die Ditib-Moschee steht, ein Fußballplatz“, sagt Tobias und zeigt auf die kickenden Jungs auf dem Foto. Und die Aufschrift auf den Lederjacken „Wacht am Rhein“weiße auf die damalige Gaststätte auf dem Gelände der Flüchtlingsunterkunft hin, die seinerzeit denselben Titel trug. Der wiederum geht auf ein deutsches Lied zurück, das vor dem 1Ersten Weltkrieg entstanden ist und „bestenfalls als patriotisches Lied bezeichnet werden kann“, sagt Tobias. Die Lederjacken mit den Aufdrucken hat das Theater Aalen extra für das Foto anfertigen lassen, um den historischen – widersprüchlichen – Bezug darzustellen.
Aus dern Bildern entstehen Hörspiele für das Theater
Das Foto zeigt Bewohner, die sich 2016 bereit erklärt hatten, für die inszenierten Bilder bereitzustehen. Darunter die Familie Jobe. Mutter Haddy Jobe sitzt mit ihren Töchtern Miriam und Jainaba auf einer Bank. Im Hintergrund lehnt der Sozialbetreuer Shamall Baghchaiy in einer Lederjacke an der Wand.
Das Bild ist Teil der Reihe „Der Augenblick“, die das Aalener Theater in der Jubiläumsspielzeit 2016/ 2017 umgesetzt hatte. Das Projekt ist eine Mischung aus Fotokunst und Text/Hörspiel. Für gewöhnlich schreiben im Theater Autoren Texte, die dann für die Bühne inszeniert werden und von deren Aufführung zuletzt nur ein Video oder ein paar Fotos bleiben. Für den „Augenblick“wurde der umgekehrte Weg beschritten: Zusammen mit dem Aalener Fotolabel miAA wurden an acht signifikanten Orten der Ulmer Straße Situationen arrangiert, die Motive wurden ab Herbst 2016 auf Großbannern entlang der Ulmer Straße am jeweiligen „Ort des Geschehens“ausgestellt. Für die entstandenen Bilder haben acht Theater-Autoren kurze Szenen geschrieben, die dann vom Theater als „Mini-Hörspiele“produziert wurden. Diese konnten per QRCode direkt am jeweiligen Banner oder auf der Website www.kunststadt-aalen.de/augenblick angehört werden.
Bilder werden bis zum Sommer im Rathaus gezeigt
Noch bis zum Sommer wird nun jeweils ein Banner noch einmal im Foyer des Rathauses ausgestellt. Alle paar Wochen gibt es einen „Bilderwechsel“mit Sekt und O-Saft, Hörspiel, Texten und Informationen zum Motiv. Das Projekt „Der Augenblick“wurde gefördert mit Sondermitteln des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst.