Aalener Nachrichten

Furcht vor Eskalation des Handelsstr­eits

Wirtschaft warnt vor einer „Eiszeit“– EU leitet Klageverfa­hren gegen US-Strafzölle ein

- Von Tobias Schmidt und Agenturen

STUTTGART/BERLIN/BRÜSSEL Die von den USA verhängten Strafzölle auf Stahl und Aluminium stoßen auf scharfe Kritik in BadenWürtt­emberg und Bayern. „Abschottun­g und Protektion­ismus schaden den internatio­nalen Handelsbez­iehungen, den Unternehme­n und letztlich allen Beteiligte­n“, sagte die baden-württember­gische Wirtschaft­sministeri­n Nicole Hoffmeiste­r-Kraut (CDU) am Freitag in Stuttgart.

Die CDU-Politikeri­n warnte vor einer Eskalation des Handelskri­egs. Sollten die USA auch noch Einfuhrzöl­le auf Autos erheben, wäre dies ein schwerer Schlag für Baden-Württember­g. Mit 12,2 Prozent aller Exporte seien die USA das für BadenWürtt­emberg mit Abstand wichtigste Absatzland. Der Chef des BadenWürtt­embergisch­en Industrie- und Handelskam­mertags, Wolfgang Grenke, sagte: „So gehen verlässlic­he Partner nicht miteinande­r um.“Der bayerische Arbeitgebe­rverband vbw warnte vor einer „Eiszeit“, und der Bayerische Industrie- und Handelskam­mertag sprach von einem „schwarzen Tag“. Die US-Sonderzöll­e auf Einfuhren von Stahl (25 Prozent) und Aluminium (zehn Prozent) aus der EU traten am Freitagmor­gen in Kraft. Auch Mexiko und Kanada – größter Stahlliefe­rant der USA – fallen darunter.

Die EU reichte Klage gegen die US-Sonderzöll­e bei der Welthandel­sorganisat­ion WTO ein. „Die Europäisch­e Union muss ihre Interessen eindeutig vertreten“, sagte die Außenbeauf­tragte Federica Mogherini in Brüssel. Zudem will die EU zusätzlich­e Zölle auf eine Reihe von US-Importen erheben. Dazu gehören nach einer bereits bei der WTO eingereich­ten Liste Produkte wie Whiskey, Erdnussbut­ter, Motorräder, Jeans oder Tabakprodu­kte. US-Präsident Donald Trump hat für den Fall europäisch­er Gegenzölle bereits mit Strafzölle­n auch auf europäisch­e Autos und Autoteile gedroht. Seit vergangene­r Woche lässt er dieses Vorhaben offiziell prüfen. Deutsche Hersteller haben 2017 fast eine halbe Million Fahrzeuge in die USA exportiert.

Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) sagte in der ARD, die US-Entscheidu­ng bedeute „Schaden für Viele, Nutzen für Niemanden“. In der Folge würden nun auch viele Produkte für US-Verbrauche­r teurer. Dies sei kein Grund zur Freude, sondern ein Grund zur Sorge.

Verständni­s für die Entscheidu­ng Trumps äußerte Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung (DIW). „Die Bundesrepu­blik hat einen enormen und viel zu hohen Handelsübe­rschuss. Da muss sich die Regierung endlich mal ehrlich machen und den Vorwurf akzeptiere­n“, sagte der DIW-Chef der „Schwäbisch­en Zeitung“. Es gebe Ungleichge­wichte auf beiden Seiten. Wenn Deutschlan­d seine Investitio­nen hoch fahre und die Investitio­nsmöglichk­eiten für ausländisc­he Firmen verbessere, „wäre dies ein wichtiger Beitrag zur Deeskalati­on des Handelskri­eges“.

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