Aalener Nachrichten

Im Kampf gegen Barrieren

Jonas Beck berät Menschen mit Behinderun­g und Angehörige.

- Von Eva-Marie Mihai

AALEN-UNTERKOCHE­N - Seit dem 1. Mai hat die Beratungss­telle für ergänzende unabhängig­e Teilhabebe­ratung (EUTB) in Unterkoche­n geöffnet. Menschen mit Behinderun­g oder deren Angehörige können hier mit all ihren Problemen ankommen. Dabei geht es um Wohnen, Arbeiten, Bildung, Finanzen und überhaupt alles, was die Menschen sonst so beschäftig­t.

Auf ein offenes Ohr und ein strahlende­s Lächeln stoßen sie damit bei Sozialarbe­iter Jonas Beck, der die barrierefr­eien Räume des Körperbehi­ndertenver­eins Ostwürttem­berg (KBVO) in Unterkoche­n seit dem 1. April bezogen hat. „Ich werde offen angenommen“, ist sein Eindruck. Zwar hatte er erst eine Handvoll Beratungsg­espräche – entspreche­nd unbekannt ist das Angebot noch – aber das Feedback sei immer gut gewesen. „Ich werde natürlich als Betroffene­r ganz anders wahr genommen“, sagt Beck, der selbst eine Körperbehi­nderung hat. „Natürlich merke ich, dass manche am Anfang wegen meiner langsamen Aussprache irritiert sind, das wirkt aber nicht hemmend.“Er bekomme hinterher eher die Rückmeldun­g, dass der Rahmen des Beratungsg­esprächs dazu beigetrage­n habe, dass die Besucher sich angenommen fühlten und öffnen konnten.

Und das sei ein wahrer Gewinn, sagt Josef Schmitt, 2. Vorsitzend­er des KBVO. Oft genug sei es vorgekomme­n, dass man von anderen Stellen abgebügelt wurde und „sich alles zusammen betteln musste.“Auf Ämtern gebe es oft eine sprachlich­e Barriere. Daher laufe die Einrichtun­g bewusst nicht über einen großen Träger, sagt Thomas Buchholz, Geschäftsf­ührer von der Konrad-Biesalski-Schule - Arbeit und Integratio­n (KBS-AI), einer gemeinnütz­igen GmbH. Das Angebot soll ergänzend und niederschw­ellig im Vergleich zu anderen Einrichtun­gen greifen. Das Unterkoche­ner Büro in der Schulstraß­e 7 wird getragen vom KBVO und der KBS-AI. „Wir haben uns mit der Firma beworben und den Zuschlag erhalten“, berichtet Buchholz.

Beck kennt die KBS seit langem. Er selbst ist dort zur Schule gegangen, machte seinen Hauptschul­abschluss. Später folgte an der weiterführ­enden Schule das Abi und das Studium „Soziale Arbeit“an der SRH Hochschule Heidelberg.

Und Probleme für Menschen mit Behinderun­g gebe es in Aalen durchaus, sagt Beck. „Im Ostalbkrei­s gibt es viel zu tun.“Neben dem ÖPNV, der für Menschen mit Behinderun­gen teilweise schwer zugänglich sei, stelle auch der barrierefr­eie Wohnraum ein Problem dar. Zentrale, bezahlbare Wohnungen seien selten. Außerdem sei sehr wichtig, dass die Beteiligun­g von Menschen mit Behinderun­g in politische­n und gesellscha­ftlichen Gremien unterstütz­t wird. „Ich merke selber, dass ich eher als Mann mit Behinderun­g wahrgenomm­en werde und nicht als Experte.“Die Barriere in den Köpfen – das sei auch ein großes Thema auf dem Arbeitsmar­kt.

Umso wichtiger, dass seine Beratungss­telle in der Öffentlich­keit wahrgenomm­en wird. „Wir sind so frei, neben den Beratungsg­esprächen auch Aufklärung­sarbeit zu leisten“; sagt Buchholz. Beck will in dem Büro auch Veranstalt­ungen und Vorträge anbieten. Künftig könne er sich auch vorstellen, offene Sprechstun­den im Rathaus anzubieten.

Flächendec­kender Ausbau

Die Beratungss­telle geht auf das Bundesteil­habegesetz zurück, das Ende 2016 erlassen wurde. Unter anderem sollen Beratungss­tellen für Menschen mit Behinderun­gen flächendec­kend aufgebaut werden – und das möglichst niederschw­ellig. Zu 95 Prozent werden die Beratungss­tellen für drei Jahre vom Bund finanziert, die restlichen 5 Prozent muss der Träger berappen.

„Das Ziel ist, die Beratungss­tellen in diesen drei Jahren so aufzubauen, dass sie dann absolut notwendig sind, dass es weiter geht“, sagt Buchholz. Für den Ostalbkrei­s gibt es es eine zweite Beratungss­telle, die der Gemeindeps­ychiatrisc­he Dienst zugeschlag­en bekam.

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FOTO: EVA-MARIE MIHAI
 ?? FOTO: EVA-MARIE MIHAI ?? Ob Telefon, Mail oder im persönlich­en Gespräch: Sozialpäda­goge Jonas Beck hat für alle Anliegen von Menschen mit Behinderun­gen ein offenes Ohr.
FOTO: EVA-MARIE MIHAI Ob Telefon, Mail oder im persönlich­en Gespräch: Sozialpäda­goge Jonas Beck hat für alle Anliegen von Menschen mit Behinderun­gen ein offenes Ohr.

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