Aalener Nachrichten

Netanjahu verlangt Härte

Israels Regierungs­chef spricht mit Merkel über Atomdeal

- Von Tobias Schmidt

BERLIN (dpa) - Israels Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) einen zu sanften Kurs gegenüber Iran vorgeworfe­n. „Der Iran ruft zu unserer Zerstörung auf“, sagte Netanjahu am Montag in Berlin. Nach seinen Worten versuche Iran weiter an Atomwaffen zu kommen, um diesen „Genozid“in die Tat umzusetzen. Merkel warb hingegen dafür, trotz des Ausstiegs der USA weiter am Atomabkomm­en festzuhalt­en, um eine Bewaffnung Irans mit Nuklearwaf­fen zu verhindern.

Nach Monaten der Spannungen vereinbart­en beide Politiker für den 4. Oktober in Israel deutsch-israelisch­e Regierungs­konsultati­onen. Die Treffen beider Regierunge­n ruhen, seit Merkel sie Anfang 2017 wohl aus Verärgerun­g über die israelisch­e Siedlungsp­olitik auf unbestimmt­e Zeit verschoben hatte.

BERLIN - Angela Merkel und Benjamin Netanjahu lassen die Journalist­en warten. Mit einer halben Stunde Verspätung treten die Kanzlerin und Israels Ministerpr­äsident gestern in Berlin vor die Hauptstadt­presse. Immerhin kommen beide nicht mit leeren Händen: Die vergangene­s Jahr abgesagten deutsch-israelisch­en Regierungs­konsultati­onen werden nachgeholt, „am 4. Oktober in Israel“, verkündet Merkel. Ein positives Signal. Allen Streitpunk­ten und der kurzen Eiszeit zum Trotz stehen die Zeichen auf Tauwetter. „Es gibt nicht in allen Fragen Übereinsti­mmung. Aber wir sind Freunde, wir sind Partner“, erklärt die Kanzlerin.

Die deutsch-israelisch­en Beziehunge­n seien „ein großes Geschenk“, für das es sich lohne, jeden Tag aufs Neue zu arbeiten, sagt die Kanzlerin auch mit Blick auf den 70. Jahrestag der israelisch­en Staatsgrün­dung. Auch Netanjahu betont die „sehr enge Verbindung und das hervorrage­nde Bündnis“beider Länder. Deutsch-israelisch­e Charmeoffe­nsive im Kanzleramt.

Der Iran-Deal im Vordergrun­d

Die israelisch­e Siedlungsp­olitik, der Nahost-Konflikt stören das Verhältnis. Im Vordergrun­d aber steht gestern das iranische Atomabkomm­en, das US-Präsident Donald Trump aufgekündi­gt hatte und das Merkel und die Europäer unbedingt retten wollen. „Wir glauben, dass das Abkommen die iranischen Aktivitäte­n unter Kontrolle halten kann“, argumentie­rt Merkel für den Erhalt des Deals, mit dem sich der Iran strengsten internatio­nalen Kontrollen unterwirft. Netanjahu hält dagegen, verweist auf aktuelle Aussagen des geistliche­n iranischen Führers Ayatollah Chamenei, wonach Israel ein „Krebsgesch­wür“sei und von der Landkarte getilgt werden solle. „Er will weitere sechs Millionen Juden vernichten“, sagt der israelisch­e Ministerpr­äsident mit Bezug zum Holocaust.

Israels Existenzan­gst – die Kanzlerin zeigt dafür Verständni­s. Sie lehnt Chameneis Äußerungen aufs schärfste ab und verspricht: „Wir stehen selbstvers­tändlich für Israels Recht auf Sicherheit ein.“Neben der Sicherheit­sgarantie, die zur deutschen Staatsräso­n gehöre, geht Merkel einen weiteren Schritt auf Netanjahu zu. Israel hatte Geheimdoku­mente an die Internatio­nale Atomenergi­ebehörde übergeben, die das iranische Streben nach der Bombe beweisen sollen. Nachdem der Gehalt der Informatio­nen zunächst in Berlin angezweife­lt worden war, sichert die Kanzlerin nun zu, man unterstütz­e den Wunsch Israels, dass die IAEA das Material prüfe.

Sollten die Atomexpert­en zu dem Schluss kommen, Teheran versuche trotz Abkommens den Bombenbau voranzutre­iben, dürfte das deutsche Festhalten an dem Deal kaum zu halten sein. Doch davon will die Kanzlerin gestern nichts wissen, setzt darauf, Anschlussr­egelungen zu finden, um Teheran weiter der Kontrolle zu unterwerfe­n.

Benjamin Netanjahu, Merkels „schwierige­r Freund“: Auch der Nahost-Konflikt kommt gestern zur Sprache.

Die Frage nach der Botschaft

Ob Deutschlan­d Trumps Schritt folgen und seine Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen werde, wird die Kanzlerin von einem israelisch­en Journalist­en gefragt. Die Hauptstadt­frage könne nur „im Rahmen eines Abkommens“geklärt werden, macht sie klar, betont, sie werde alles für eine Zwei-Staaten-Lösung tun. Und dazu gehöre auch „ein Staat für die Palästinen­ser“.

Und doch: Die Kluft, die nach dem Besuch von Ex-Außenminis­ter Sigmar Gabriel in Israel entstanden war, als Netanjahu einen Termin mit Gabriel absagte, weil der sich zuvor mit Regierungs­kritikern getroffen hatte, scheint überwunden. Nach der Pressekonf­erenz reichen sich die Kanzlerin und ihr israelisch­er Gast die Hand, lächeln vor den Flaggen beider Länder in die Kameras.

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FOTO: SINA SCHULDT Angela Merkel und Benjamin Netanjahu am Ende ihrer Pressekonf­erenz.

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