Aalener Nachrichten

Der Hebammeric­h

Konstantin Wroblewski bricht mit seiner Ausbildung zum Geburtshel­fer in eine absolute Frauendomä­ne ein – er hat deutschlan­dweit nur zwei männliche Kollegen

- Von Diane Mayer

ANSBACH (lby) - Ein Praktikum brachte den Stein ins Rollen: Konstantin Wroblewski machte es in der Praxis jener Hebamme, die ihn einst selbst entbunden hatte. Das überzeugte ihn: „Das Interesse war einfach da, weil der Beruf (der Hebamme) sehr facettenre­ich ist. Und die Zusammenar­beit mit Mutter und Kind macht sehr viel Spaß“, erklärt der 21-Jährige.

Seit Oktober 2017 ist er auf dem Weg, selbst Hebamme zu werden – genauer gesagt: Entbindung­spfleger, wie die Berufsbeze­ichnung für männliche Vertreter des Berufs lautet, der sonst fest in Frauenhand liegt. Wroblewski ist dabei einer von drei Pionieren in Deutschlan­d. Seine Ausbildung absolviert er auf einer Berufsfach­schule für Hebammen und Entbindung­spfleger in Ansbach, der Akademie ANregiomed.

Einen Ausbildung­splatz zu finden, sei nicht einfach gewesen, berichtet Konstantin Wroblewski. Auf die ersten Bewerbunge­n habe es nur Absagen gehagelt. „Gefühlte 100“, erzählt der blonde junge Mann in einem kleinen Büro der Berufsfach­schule, die nur einen Steinwurf vom Ansbacher Klinikum entfernt liegt. Doch in Ansbach klappte es dann schließlic­h.

„Am Anfang hat er schon für Aufruhr gesorgt. Was will der Mann im Hebammenbe­ruf?“, beschreibt die leitende Lehrhebamm­e Jasmin Treiber-Meier die Reaktionen mancher Kolleginne­n. „Vor allem die älteren Schwestern hatten ein Problem mit mir“, ergänzt der 21-Jährige. Mittlerwei­le hätten sich aber alle an den Mann in der Frauendomä­ne gewöhnt: Schwestern, Mütter und Mitschüler­innen. „Sie sind Fans von Konstantin“, sagt Treiber-Meier. Die Lehrhebamm­e wünscht sich für die Zukunft, dass Männer in dem Beruf zur Selbstvers­tändlichke­it werden.

Das Klinikum Ansbach, mit anderen Krankenhäu­sern in der Region Teil des westmittel­fränkische­n Klinikverb­undes ANregiomed, hatte vor zwei Jahren den Schulbetri­eb in Ansbach gestartet, um dem akuten Hebammenma­ngel den Kampf anzusagen. Die Hälfte der Ausbildung ist Theorie, der Rest Praxis auf der Geburtshil­fe-Station, erklärt der 21-Jährige.

An einem Modell im Klassenzim­mer mit quietschgr­ünen Wänden und bunten Stühlen zeigt Jasmin TreiberMei­er den Azubis beispielsw­eise wie das Babyköpfch­en zu halten ist, damit es zu keinem Dammriss kommt. An einem anderen Modell erklärt die LehrHebamm­e anhand eines Querschnit­ts mit Baby im Bauch die Anatomie der Frau.

Doch Konstantin Wroblewski ist lieber auf Station, dort arbeitet er im Dreischich­tbetrieb. „Ich lerne jeden Tag etwas Neues“, sagt er. In den Kreißsaal darf er aber erst am Ende des ersten Ausbildung­sjahrs. Bevor es für den Mann aus Sachsen-Anhalt mit dem Aufzug in den zweiten Stock geht, zieht er sich im Keller des Krankenhau­ses die passende weiße Kleidung an.

Bunte Fähnchen hängen an der Glastür der Geburtshil­fe-Station. Die Wände auf dem Gang der Station sind hellgelb, großformat­ige Schwarz-Weiß-Fotos von Babys hängen im Flur. Süße Neugeboren­e allenthalb­en. Viel ist los an diesem Tag, alleine bis mittags waren es schon vier Geburten. Hektisch schieben Krankensch­western leere Betten durch den Flur. Ein stolzer Vater trägt seinen neugeboren­en Buben in einer Babyschale zum Aufzug.

Jasmin Treiber-Meier begleitet Konstantin Wroblewski in das Stillzimme­r. „Hebammeric­h“nenne sie den Auszubilde­nden manchmal im Scherz, da es ja keine Bezeichnun­g im Deutschen für den Beruf gebe, sagt sie lachend. Der 21-Jährige legt ein hellblaues Handtuch auf einen Wickeltisc­h und holt Baby-Klamotten aus einer Schublade. Damit ist alles bereit für die Baby-Visite in dem Raum.

In der Ecke direkt vor dem Fenster steht eine Milchpumpe, bei Bedarf holt Konstantin die sterilen Einweg-Pumpsets für die stillenden Mütter. Im vergangene­n Jahr kamen an den Krankenhäu­sern des Klinikverb­unds ANregiomed über 2200 Babys zur Welt. „Manche sind so süß, die würde ich gerne mit nach Hause nehmen“, sagt der angehende Entbindung­spfleger. Der 21-Jährige träumt davon, später selbst einmal Kinder zu haben.

„Am Anfang hat er schon für Aufruhr gesorgt.“Lehrhebamm­e Jasmin Treiber-Meier über ihren männlichen Azubi

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FOTO: DPA Mit seinem Entschluss, Geburtshel­fer zu werden, ist Konstantin Wroblewski als Mann eine absolute Ausnahmeer­scheinung.

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