Aalener Nachrichten

Grenzgänge­r

-

Die Falken mögen ihn nicht, ob in Washington oder in Teheran. Mohammed Dschawad Sarif, der Außenminis­ter von Iran, tritt vor Fernsehkam­eras oft freundlich lächelnd auf. Für das rechtskons­ervative US-Magazin „The New Republic“ist das „reine Fassade“. „In Wirklichke­it“, so heißt es in einem 12-seitigen Artikel, „ist der Mann unser Feind.“Ähnlich sehen das Gefolgsleu­te des iranischen Revolution­sführers Ali Khamenei. „Er will unsere Islamische Republik an den Westen verkaufen“, ist aus ihren Kreisen zu hören. Jetzt muss Sarif in Brüssel in Verhandlun­gen bei der EU eine heikle Mission erfüllen: Das Iran-Atomabkomm­en retten – und dabei Khameneis Vorgaben erfüllen.

Mehr als drei Jahre lang hatte Sarif als Chefunterh­ändler seines Landes an Verhandlun­gstischen gesessen, bis das Vertragswe­rk schließlic­h im Juni 2015 im Wiener Palais Coburg unterzeich­net wurde. Der damalige amerikanis­che Außenminis­ter John Kerry sprach von einer „historisch­en Vereinbaru­ng“. Mit keinem Amtskolleg­en saß Kerry länger am Verhandlun­gstisch als mit Sarif, dessen selbstsich­eres Auftreten und Durchhalte­willen den amerikanis­chen Chefdiplom­aten beeindruck­te.

Zarif kennt die USA gut. Im Alter von 17 Jahren verließ er sein Land, um an der San Francisco State University Computerwi­ssenschaft­en zu studieren. 1988 promoviert­e er in Denver mit einer Arbeit über Selbstvert­eidigung im Völkerrech­t und in den internatio­nalen Beziehunge­n. Mehr als ein Vierteljah­rhundert verbrachte Zarif in den Vereinigte­n Staaten.

60, maximal 90 Tage Zeit hat Sarif nun für seine Verhandlun­gen. Er soll mit Garantien für Irans Erdölexpor­te und zur finanziell­en Absicherun­g des Handels mit Europa nach Hause kommen. Andernfall­s könnten die Hardliner in Teheran das Atomprogra­mm wiederaufn­ehmen. Sarif muss die Nöte der Europäer in Einklang bringen mit den Bedenken der Hardliner in seinem Land. Das wird extrem schwierig. Doch das waren die dreijährig­en Atomverhan­dlungen mit dem Westen seinerzeit auch. Und am Ende hat es doch geklappt. Michael Wrase

 ?? FOTO: ERIC LALMAND ?? Mohammad Dschawad Sarif, Außenminis­ter der Islamische­n Republik Iran.
FOTO: ERIC LALMAND Mohammad Dschawad Sarif, Außenminis­ter der Islamische­n Republik Iran.

Newspapers in German

Newspapers from Germany