Aalener Nachrichten

„Die Zwei-Staaten-Lösung schafft keinen Frieden“

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BERLIN - Müsste die Nato Israel im militärisc­hen Ernstfall unterstütz­en? Und wie lässt sich Frieden im Nahen Osten schaffen? Darüber spricht der deutsche Historiker und Journalist Michael Wolffsohn mit Andreas Herholz.

Herr Wolffsohn, die Sicherheit Israels ist deutsche Staatsräso­n, hat Kanzlerin Angela Merkel versichert. Müsste Berlin im Ernstfall an der Seite des Partners stehen?

Natürlich. Und dadurch auch die Nato. Deren Generalsek­retär hat kürzlich auch deshalb gesagt: Die Allianz werde nicht militärisc­h eingreifen, wenn Israel angegriffe­n würde. Daraus folgt: Im Ernstfall käme es zu Marathondi­skussionen in der Nato. Aber keine Sorge: Israel braucht weder die Hilfe der derzeit 4 von 120 einsatzber­eiten Eurofighte­rn der Bundeswehr noch Bundeswehr-UBoote, von denen keines jetzt eingesetzt werden kann. Die Bundeswehr­Drohnen sind Made in Israel. Der Ernstfall gilt daher eher der Bundeswehr als dem israelisch­en Militär.

Die USA haben ihre Botschaft nach Jerusalem verlegt. Die Bundesregi­erung will dem Beispiel nicht folgen. Wie bewerten Sie die Entscheidu­ng?

Man kann, wie weiland Willy Brandt mit der Ostpolitik, Fakten anerkennen, den Kopf in den Sand stecken oder aus Fakten Fiktionen zaubern. Die Bundesregi­erung ist da frei wie Deutschlan­d. Die Bundeskanz­lerin hat 2008, wie zuvor auch Bundespräs­ident Johannes Rau, im israelisch­en Parlament, der Knesset, gesprochen. Jeder weiß, dass die Knesset in Jerusalem steht. Kanzler und Minister treffen ihre israelisch­en Kollegen seit Jahrzehnte­n in Jerusalem, weil zumindest der Westteil Israels Hauptstadt ist. Das sind die Fakten.

In Berlin gibt es Zweifel an Netanjahus Bekenntnis zur ZweiStaate­n-Lösung. Ist seine Siedlungsp­olitik nicht der Beleg dafür, dass der israelisch­e Premier es damit nicht ernst meint?

Wer das behauptet, kennt nicht die Geografie und Demografie der israelisch­en Siedlungsp­olitik. Unabhängig von der Siedlungsp­olitik schafft die Zwei-Staaten-Lösung keinen Frieden, sondern neue, wenngleich andere Probleme. Nur eine Mischung aus Staatenbun­d und Bundesstaa­t zwischen Israel, Westjordan­land, Gaza sowie Jordanien verspricht eine Lösung, also Frieden.

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FOTO: DPA Michael Wolffsohn

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