David gegen Goliath
Tuttlinger Volksbanken stemmen sich gegen die Iran-Sanktionen der USA
FRANKFURT (AFP/sz) - Als die USA und die Europäische Union Anfang 2016 die Sanktionen gegen den Iran lockerten, sorgte das auch in Tuttlingen für gute Geschäfte. Hier steht das KompetenzCenter International (KCI), ein Zusammenschluss von sechs Volksbanken aus der Region, das Unternehmen bei internationalen Zahlungsgeschäften mit heiklen Staaten wie Iran und Sudan unterstützt. Die Entscheidung von USPräsident Donald Trump zum Ausstieg aus dem Atomabkommen mit dem Iran und die Verhängung neuer Wirtschaftssanktionen könnte die Banken nun aber treffen.
Das KCI ist eines der wenigen deutschen Institute, das noch Finanztransaktionen in den Iran anbietet. „Die Anfragen haben seit ein paar Jahren extrem zugenommen“, sagt die Leiterin Patrizia Melfi. „Dadurch, dass wenige Banken in Deutschland und überhaupt in Europa dieses Geschäftsfeld anbieten, haben wir viele Anfragen von Dax-Unternehmen und anderen Firmen aus ganz Deutschland, aber auch aus der Schweiz.“Dagegen halten sich Großbanken wie die Deutsche Bank und die Commerzbank bewusst fern, nachdem sie wegen früherer Verstöße gegen US-Sanktionen 2015 empfindliche Strafen in den USA zahlen mussten. Die Lücke nutzen kleine Institute wie das KCI.
Seit dem Atomabkommen mit dem Iran wuchs der Handelsaustausch mit Deutschland: 2016 lieferten deutsche Unternehmen Waren im Wert von 2,57 Milliarden Euro in den Iran, was einem Jahreswachstum von 22 Prozent entsprach. 2017 waren es 2,97 Milliarden Euro – nochmal 15,5 Prozent mehr.
Trotz der Ankündigung der USA, wieder harte Sanktionen gegen Teheran einzuführen und europäische Unternehmen bei Verstößen zu bestrafen, sagt Melfi: „Für uns ändert sich im Moment nichts.“Das KCI werde die laufenden Geschäfte abwickeln und ansonsten abwarten, wie die Sanktionen für ausländische Unternehmen aussehen. Bis November hat Washington ihnen als Frist eingeräumt, um ihre Aktivitäten im Iran zu beenden.
Akribische Prüfungen
Das KCI geht bei seinen Iran-Geschäften bereits heute sehr vorsichtig vor. Überweisungen finden ausschließlich in Euro statt. Außerdem arbeitet das Institut nicht mit Firmen zusammen, bei denen ein Geschäftsführer US-Bürger ist oder eine Green Card besitzt, also eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis für die Vereinigten Staaten. Ausgeschlossen sind außerdem Geschäfte mit Produkten, die zu mehr als zehn Prozent in den USA hergestellte Vormaterialien enthalten.
Das KCI hält sich strikt an die bestehenden US-Sanktionen – „sonst wird es wirklich teuer“, sagt Melfi. Und Hans-Joachim König, Aufsichtsratsvorsitzender der Volksbank Schwarzwald-Donau-Neckar, eines der sechs im KCI zusammengeschlossenen Institute, betont: „Wir sind in absolut korrektem Fahrwasser.“Sollte sich das ändern, steht für König aber auch fest: „Wir wollen nicht als Boykott-Verstoß-Bank in die Geschichte eingehen.“Dennoch: „Es bedarf natürlich einer Menge Mut seitens der Geschäftsführung“, so Melfi. Im Gegensatz zur DZ Bank, der zentralen Genossenschaftsbank der Volks- und Raiffeisenbanken, die den Zahlungsverkehr mit dem Iran komplett einstellte.
In der Folge musste sich das KCI einen anderen Finanzpartner suchen, den deutschen Ableger der iranischen Staatsbank Melli in Hamburg. Sollte diese allerdings wie schon in der Vergangenheit wieder auf eine schwarze US-Liste gehoben werden, wird diese Zusammenarbeit obsolet werden. Eine andere Möglichkeit wäre die Europäisch-Iranische Handelsbank (EIH) ebenfalls mit Sitz in Hamburg, die laut ihrer Website ihren Kunden vorerst weiter „vollständig zur Verfügung“steht.
Die Deutsche Kreditwirtschaft, Spitzenverband der Finanzindustrie, fordert die schützende Hand der EU: „Wichtig ist, dass Wirtschaft und Banken wirksam vor möglichen USSanktionen geschützt werden“. Die Zeit drängt, wie Melfi sagt: „Viele Unternehmen wollen alle Geschäfte mit dem Iran stoppen, weil sie das Risiko, dort zu bleiben, nicht beurteilen können.“