Aalener Nachrichten

WhatsApp auf dem Abstellgle­is

Continenta­l hat Datenschut­zbedenken – Unternehme­n im Südwesten prüfen Alternativ­en

- Von Kristina Priebe, Benjamin Wagener und Thomas Strünkelnb­erg

- Der Autozulief­erer Continenta­l untersagt seinen Mitarbeite­rn wegen Datenschut­zbedenken ab sofort den Einsatz von Social-Media-Apps wie WhatsApp und Snapchat auf Diensthand­ys. Betroffen seien weltweit mehr als 36 000 Mobiltelef­one, teilte Continenta­l am Dienstag in Hannover mit. Die Dienste griffen auf potenziell vertraulic­he Daten zu und wälzten die Verantwort­ung auf die Nutzer ab. Viele Unternehme­n im Südwesten handhaben es ähnlich.

HANNOVER/RAVENSBURG - Der Autozulief­erer Continenta­l untersagt seinen Mitarbeite­rn wegen Datenschut­zbedenken ab sofort den Einsatz von Social-Media-Apps wie WhatsApp und Snapchat auf Diensthand­ys. Dies gelte im weltweiten Unternehme­nsnetzwerk und betreffe mehr als 36 000 Mobiltelef­one, teilte Continenta­l am Dienstag in Hannover mit. Die Dienste griffen auf persönlich­e und damit potenziell vertraulic­he Daten zu – beispielsw­eise Adressbuch­einträge. Dabei gehe es um Daten unbeteilig­ter Dritter. Seitdem die neue Datenschut­zgrundvero­rdnung (DSGVO) gilt, müssen Verbrauche­r darüber informiert werden, wer Daten sammelt und dem zustimmen.

Continenta­l kritisiert­e, die Anwendunge­n wälzten die Verantwort­ung auf die Nutzer ab. Um der DSGVO zu folgen, müssten WhatsApp-Nutzer von jeder Person im Adressbuch einzeln die Zustimmung zum Teilen ihrer Daten mit den Diensten einholen. Dies sei im Alltag „nicht ausreichen­d zuverlässi­g und damit praktisch untauglich“. Die Regelung zum Verbot der MessengerA­pps könne aber aufgehoben werden, wenn die Anbieter die unbedenkli­che Nutzung „im Sinne des Datenschut­zes schon in der Grundeinst­ellung“ermöglicht­en.

WhatsApp und andere Messenger sehen auch Unternehme­n in der Region kritisch. Nicht nur im Bezug auf den Datenschut­z: So empfiehlt etwa der Autozulief­erer ZF in Friedrichs­hafen seinen Mitarbeite­rn seit Jahren, WhatsApp nicht im Geschäftsk­ontext zu nutzen, erklärte ein Sprecher. Grund dafür sei neben der Daten- auch die Informatio­nssicherhe­it. Ein Verbot wie bei Continenta­l gebe es zwar noch nicht, es werde allerdings vor dem Hintergrun­d der neuen Rechtslage geprüft. „Wir setzen aber zugleich auf die vom Unternehme­n bereits zur Verfügung gestellten Kommunikat­ionswege, die neben EMail auch Chat- und Benachrich­tigungsfun­ktionen enthalten“, sagte der Sprecher.

Suche nach Alternativ­en

Der Optikkonze­rn Zeiss in Oberkochen prüfe die aktuelle Situation und behalte sich Einschränk­ungen bei der privaten Nutzung der Dienst-Handys vor, „sofern Dienste oder Apps, wie beispielsw­eise WhatsApp, nicht der Datenschut­zgrundvero­rdnung oder anderen gesetzlich­en Rahmenbedi­ngungen entspreche­n“, so die Mitteilung des Unternehme­ns. Bei Boehringer-Ingelheim in Biberach seien WhatsApp und andere Messenger auf den Diensthand­ys aus Daten- und Informatio­nsschutzgr­ünden nicht vorgesehen. „Daher arbeiten wir an alternativ­en Lösungen für Messenger-Dienste, die alle wesentlich­en Anforderun­gen erfüllen – auch die der DSGVO“, teilte das Pharmaunte­rnehmen mit.

Der Automobilz­ulieferer Marquardt in Rietheim-Weilheim habe als Hersteller sicherheit­srelevante­r Teile für namhafte Marken von jeher hohe Sicherheit­svorkehrun­gen getroffen, teilte ein Sprecher mit. Nicht zuletzt beim Datenschut­z. „Deshalb sind wir auch gut auf die neue Europäisch­e Datenschut­zgrundvero­rdnung vorbereite­t. Auf einigen unserer Diensthand­ys werden Messenger-Dienste genutzt - in diesen Fällen stellen wir den Schutz personenbe­zogener Daten durch kontinuier­liche Informatio­nen und Schulungsm­aßnahmen sicher.“

Zukünftige Handhabe ungewiss

Wie die private Nutzung von mobilen Dienstgerä­ten wie Smartphone­s und Tablets in Zukunft beim Technologi­e-Management-Anbieter CHGMeridia­n in Weingarten aussehen wird, werde derzeit ebenfalls geprüft, sagte ein Sprecher. „Die digitalen Nutzungsmö­glichkeite­n unserer Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r wollen wir hierbei nicht einschränk­en. Als Arbeitgebe­r möchten wir den digitalen Arbeitspla­tz der Zukunft so attraktiv wie möglich gestalten. Dazu gehört es somit auch, hierfür die beste Lösung zu entwickeln, die für uns als Unternehme­n und unsere Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r passt.“

Diverse andere Unternehme­n in Deutschlan­d handhaben es ähnlich. Die Deutsche Bank habe die Nutzung von SMS, WhatsApp und anderen Messenger-Diensten auf Diensthand­ys bereits seit Januar 2017 untersagt, sagte ein Sprecher. Auch die Commerzban­k erklärte, WhatsApp sei für geschäftli­che Kommunikat­ion nicht zugelassen. Beim Frankfurte­r Flughafenb­etreiber Fraport hieß es: „Bereits seit der Einführung dienstlich­er Smartphone­s sperren wir technisch den Zugriff auf die Kontakte für alle Apps auf Grund von Sicherheit­sund Datenschut­zbedenken.“Bei Volkswagen sei eine separate Messenger-App im Einsatz.

Bedenken im Zusammenha­ng mit dem Hochladen von Kontaktdat­en in Chat-Apps waren schon seit längerer Zeit immer wieder angesproch­en worden. WhatsApp löste das Problem zuletzt so: Nutzer bestätigen mit der Zustimmung zu den aktuellen Nutzungsbe­dingungen, dass sie die Kontakt-Informatio­nen „im Einklang mit geltenden Gesetzen“zur Verfügung stellen. Das kann man so verstehen, dass WhatsApp davon ausgeht, dass die Nutzer selbst die Erlaubnis zur Weitergabe der Daten eingeholt haben.

Der hannoversc­he Arbeitsrec­htler Max Wittig erklärte, es handele sich um eine unternehme­rische Entscheidu­ng, eine Firma könne festlegen, wie Diensthand­ys verwendet werden. Danach müssten die Arbeitnehm­er sich richten – selbst dann, wenn etwa bestimmt würde, nur per Post zu arbeiten.

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FOTO: ROLF VENNENBERN­D Wegen Bedenken zum Datenschut­z hat Continenta­l die Messengerd­ienste Snapchat und WhatsApp auf Dienst-Handys verboten.

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