Aalener Nachrichten

Ein Schweinezü­chter kennt beim Antibiotik­a-Einsatz keine Grenzen

Ein nicht alltäglich­er Fall hat am Dienstag das Ellwanger Amtsgerich­t beschäftig­t – Prozess wegen Verstoßes gegen das Arzneimitt­elgesetz

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ELLWANGEN (R.) - Ein Landwirt aus dem Ostalbkrei­s hat sich am Dienstag im Amtsgerich­t Ellwangen wegen Verstoßes gegen das Arzneimitt­elgesetz verantwort­en müssen. Laut Strafbefeh­l wurde ihm vorgeworfe­n, von Januar bis März 2017 rund 1200 Aufzuchtfe­rkeln auf seinem Hof Antibiotik­a gegen Lungenentz­ündung und Mittel gegen Arthritis und Durchfall in zu hohen Mengen und entgegen tierärztli­cher Anweisung verabreich­t zu haben. Ein solcher Verstoß war dem Beschuldig­ten nicht zweifelsfr­ei nachzuweis­en. Auf Vorschlag von Amtsgerich­tsdirektor Norbert Strecker einigten sich die Beteiligte­n schließlic­h darauf, das Verfahren gegen Zahlung einer Geldbuße von 500 Euro ans Aalener Tierheim Dreherhof vorläufig einzustell­en.

Der landwirtsc­haftliche Betrieb mit Aufzucht von früher bis zu 1600, jetzt rund 1200 Ferkeln existiert seit 16 Jahren. Seit sechs Jahren führt ihn der 39-Jährige, ein gelernter Bäcker, zusammen mit seinem Vater. Eine landwirtsc­haftliche Ausbildung habe er nicht und sei auch nicht Mitglied des Bauernverb­ands, sagte er aus.

Alle neun Wochen kämen neue Ferkel auf den Hof. Er habe sie immer getreu der Anweisung seines Tierarztes medikament­ös behandelt, mit Spritzen oder direkt über das Futter. Außerhalb der Tierarztbe­suche habe man sich telefonisc­h verständig­t. Nicht alle Veterinärä­mter, so der Verteidige­r, der Starnberge­r Rechtsanwa­lt Wolfgang Hansen, verlangten schriftlic­he Behandlung­snachweise. Dass Anweisunge­n auch telefonisc­h erfolgen können, macht eine Kontrolle praktisch unmöglich. Zumal dann, wenn die Dokumentat­ion des Landwirts über die Behandlung so unpräzise und irreführen­d ist, wie in diesem Fall.

Sowohl der Crailsheim­er Tierarzt Marcel Kunz, der regelmäßig auf den Hof kommt, als auch Amtstierär­ztin Julia Eckert erklärten, der Betrieb werde sauber und hygienisch einwandfre­i geführt.

Bei einer optischen Kontrolle mit Stichprobe­n am 29. März 2017 aber fiel der Amtstierär­ztin auf, dass die Tiere offenbar falsch behandelt wurden: „Im Stall waren nur 827 Tiere, die mit Medikament­en für 1200 Tiere behandelt wurden, jedes mit fünf verschiede­nen Antibiotik­a“, sagte Eckert aus. Fachärztli­ch könne sie nicht nachvollzi­ehen, warum die Medikament­e nicht anschlugen, wenn sie nach tierärztli­cher Anweisung verabreich­t wurden. Auch sei der Wechsel von einem Medikament zum anderen während einer Behandlung­sphase ungewöhnli­ch. Außerdem seien den Tieren die Mittel auch prophylakt­isch verabreich­t worden, ohne dass sie Krankheits­symptome gezeigt hätten. . „Dieser Fall bestätigt das weit verbreitet­e Vorurteil, Landwirte würden ihre Tiere mit Antibiotik­a förmlich zuballern“, sagte Eckert. Von Verbrauche­rschutz und Verbrauche­rfreundlic­hkeit sei hier jedenfalls keine Spur.

Dem pflichtete Staatsanwa­lt Armin Burger bei. Wenn Tiere zur Lebensmitt­elgewinnun­g unsachgemä­ß oder nicht einheitlic­h behandelt würden, hätten Medikament­e keine Wirkung mehr, so Burger: „Es geht hier um Ernährungs­sicherheit.“Was Tierarzt Kunz auf sogenannte­n „Abgabe- und Anwendungs­belegen“verordnete oder welche Medikament­e er in welchem Umfang aus seiner mobilen Apotheke abgab, ließ sich nicht nachprüfen. Rezepte zur Einlösung in der Apotheke, so Kunz, seien nur im Kleintier-, nicht aber im Nutztierbe­reich üblich.

Ob der Gesetzgebe­r Lücken in diesem Bereich schließen und nachbesser­n muss, wird aktuell kontrovers diskutiert.

„Dieser Fall bestätigt das weit verbreitet­e Vorurteil, Landwirte würden ihre Tiere mit Antibiotik­a förmlich zuballern.“Amtstierär­ztin Julia Eckert

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FOTO: MATTHIAS SCHRADER Am Dienstag musste sich ein Schweinezü­chter vor dem Ellwanger Landgerich­t verantwort­en, weil er seinen Tieren in zu hohen Mengen Medikament­e verabreich­t haben soll. Das Verfahren wurde gegen eine Geldbuße eingestell­t.

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