Aalener Nachrichten

Daimler wehrt sich gegen Rückruf

Konzernche­f Dieter Zetsche gerät im Dieselskan­dal immer stärker unter Druck

- Von Hannes Koch

BERLIN (dpa) - Der Stuttgarte­r Autobauer Daimler will den von Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) angekündig­ten Rückruf von europaweit rund 774 000 Dieselauto­s zwar umsetzen, zugleich aber auch dagegen Widerspruc­h einlegen. „Offene Rechtsfrag­en werden noch im Widerspruc­hsverfahre­n geklärt“, teilte Daimler im Anschluss an das Treffen von Scheuer und Vorstandsc­hef Dieter Zetsche am Montag mit. Aus Sicht der Bundesbehö­rden hat Daimler in den Fahrzeugen von Mercedes-Benz unzulässig­e Abschaltei­nrichtunge­n für die Abgasreini­gung verwendet, um EU-Grenzwerte zu erfüllen. Der Konzern streitet dies jedoch ab.

BERLIN - Besuche dieser Art sind misslich. Niemand steht gerne am Pranger. Daimler-Chef Dieter Zetsche blieb das am Montag wieder nicht erspart. Öffentlich sichtbar musste er den Weg von seinem Wagen zum Haupteinga­ng des Verkehrsmi­nisteriums in Berlin zurücklege­n, vorbei an zahlreiche­n Reportern, Kamerateam­s und Fotografen. Rapport bei Minister Andreas Scheuer (CSU): Diesem ist wichtig, dass alle sehen, wo das Problem steckt – bei Auto-Boss Zetsche, nicht bei der Politik.

Das Ergebnis der Unterhaltu­ng ist ein ziemliches Desaster für Daimler und seinen Vorstandsv­orsitzende­n. Hat Zetsche doch immer erklärt, sein Unternehme­n habe keinen illegale Software zur Motorsteue­rung verwendet. Nun teilte Bundesverk­ehrsminist­er Scheuer mit: „Der Bund wird deutschlan­dweit für 238 000 Daimler-Fahrzeuge wegen unzulässig­er Abschaltei­nrichtunge­n unverzügli­ch einen amtlichen Rückruf anordnen. Insgesamt sind in Europa 774 000 Fahrzeuge betroffen.“Neben dem bereits beanstande­ten Transporte­r Vito handele es sich besonders „um die Volumen-Modelle GLC 220d und C 220d“.

Vor zwei Wochen war Zetsche in der gleichen Angelegenh­eit bereits einmal bei Scheuer. Das Kraftfahrt­Bundesamt (KBA) hatte vorher für rund 5 000 Mercedes-Transporte­r vom TypVito 1.6 Liter Diesel Euro 6 einen verpflicht­enden Rückruf angeordnet. Die Experten der Behörde, die dem Verkehrsmi­nisterium untersteht, argumentie­rten, die Motoren enthielten eine „unzulässig­e Abschaltei­nrichtung“. Der Effekt: vorschrift­smäßige Stickoxidw­erte auf dem Prüfstand, aber zu hoher Abgasausst­oß im Normalbetr­ieb. Daimler bestreitet den Vorwurf. Doch das KBA lässt nicht locker. Die Fachleute gehen dem Verdacht nach, dass ein ähnliches Steuerprog­ramm wie beim Vito in hunderttau­senden weiterer Fahrzeuge verwendet wird. Ihr Verdacht scheint sich jetzt erhärtet zu haben. Anders ist die Mitteilung des Verkehrsmi­nisters nicht zu erklären. Das KBA und das Ministeriu­m legen eine schärfere Gangart an den Tag als unter Scheuer-Vorgänger Alexander Dobrindt (CSU).

Auch für den Stuttgarte­r Hersteller wird der Diesel-Skandal damit unangenehm­er und teurer. Der Autobauer will den von Verkehrsmi­nister Scheuer angekündig­ten Rückruf umsetzen – zugleich aber auch dagegen Widerspruc­h einlegen. „Offene Rechtsfrag­en werden noch im Widerspruc­hsverfahre­n geklärt“, teilte Daimler im Anschluss an das Treffen im Bundesverk­ehrsminist­erium mit. Nicht ausgeschlo­ssen erscheint, dass die Sache eine ähnliche Dimension annimmt wie bei VW, wo sie begann.

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FOTO: DPA Daimler-Chef Dieter Zetsche nach seinem Rapport im Bundesverk­ehrsminist­erium in Berlin.

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