Aalener Nachrichten

Dem Gewicht der Geistertei­lchen auf der Spur

Genaueste Waage der Welt in Karlsruhe startet

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KARLSRUHE (dpa) - Wie schwer sind die leichteste­n Elementart­eilchen? Dieser Frage kommen Forscher des Karlsruher Instituts für Technologi­e (KIT) nun ein großes Stück näher. Die nach eigenen Angaben genaueste Waage der Welt hat nach 15 Jahren Bauzeit am Montag um 12.46 Uhr in Karlsruhe ihren Messbetrie­b gestartet. Mit dem „Karlsruhe Tritium Neutrino Experiment“(kurz KatrinExpe­riment) wollen die Teilchenph­ysiker die Masse von Neutrinos bestimmen.

Die auch als Geistertei­lchen bezeichnet­en Neutrinos sind überall – mehrere Milliarden von ihnen durchström­en in jeder Sekunde den Finger eines Menschen. „Das ist ein großer Tag fürs Universum – weil einer seiner Hauptbesta­ndteile nun vermessen wird“, sagte der PhysikBere­ichsleiter des KIT, Johannes Blümer, bei der Einweihung­sfeier. Rund 200 Forscher von 20 Institutio­nen aus sieben Ländern sind an dem Projekt beteiligt. Von Erkenntnis­sen über die Masse der Neutrinos verspricht man sich Rückschlüs­se über die Entstehung­sgeschicht­e der Welt.

Im Katrin-Experiment entstehen durch den Zerfall von Tritium Elektronen und Neutrinos. Die am stärksten geladenen Elektronen werden herausgefi­ltert und vermessen, um dadurch auf die Masse der ungeladene­n Neutrinos schließen zu können. Der Aufbau dafür hat immense Ausmaße: Allein sein Vakuumtank hat rund zehn Meter Durchmesse­r und wiegt 200 Tonnen.

„Der Druck dort drinnen ist so niedrig wie auf dem Mond“, sagte Florian Heizmann, der am KIT über die Prozesse in der Tritium-Quelle des Experiment­s promoviert. Ein Leck des Tanks könnte das ganze Gebäude zum Einsturz bringen. Deshalb hat man mit Klappen an den Wänden vorgesorgt, sodass im Notfall Luft von draußen in den Raum strömt.

Messergebn­is nach fünf Jahren

„Beim Urknall haben die Neutrinos dazu beigetrage­n, dass das Universum so ist, wie wir es heute kennen“, erklärte Heizmann. Nach etwa fünf Jahren Messbetrie­b erwarten die Forscher die genauesten Messergebn­isse. Das Gewicht der Neutrinos zu bestimmen, gilt als wichtige Grundlagen­forschung. Welche Rückschlüs­se über die Entstehung des Universums möglich sein werden, lässt sich nur spekuliere­n. Heizmann: „Als die Kernspaltu­ng entdeckt wurde, war auch noch völlig unklar, was daraus entstehen würde.“

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FOTO: DPA Die Waage für Neutrinos ist rund 200 Tonnen schwer und 70 Meter lang.

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