Bienen im Stress
Schauschleudern des Bezirksvereins für Bienenzucht lockt viel Publikum zum Lehrbienenstand beim Schloss
ELLWANGEN - Für 300 Gramm Honig muss eine Biene rund 20 000-mal ausfliegen. Nur eine von vielen Informationen, die die zahlreichen Besucher des Schauschleuderns des Bezirksvereins für Bienenzucht Ellwangen am Sonntagnachmittag am Lehrbienenstand beim Schloss ob Ellwangen erfahren haben. Die Gäste erfuhren dabei allerdings auch, dass die Arbeit für die Bienen immer schwieriger wird – Urschuld sind die zunehmenden Wetterextreme.
Von einem Sammelflug bringt eine Arbeiterin 25 bis 35 Milligramm Nektar oder bis zu 2,3 Millionen Pollenkörner zum heimatlichen Volk zurück. Bei ihrem Flug von Blüte zu Blüte übernehmen die Honigbienen ganz nebenbei die Bestäubung der Blüten. „Ohne unsere Bienen gibt es morgen kein Obst mehr“, verdeutlichte die Vereinsvorsitzende Rita Bauer am Sonntag. Die Imkerin führt den Verein in Doppelspitze mit Alois Pfauth, und mit Elena Renner als zweite Vorsitzende. Der Verein zählt aktuell rund 225 Mitglieder.
Sinn und Zweck des Schauschleuderns am Sonntag war es, die Bevölkerung wachzurütteln und zu sensibilisieren, welche Bedeutung die Biene für den Menschen hat und welche Hochachtung das Tier für seine Arbeitsleistung eigentlich verdient hat. Dabei zeigte Rita Bauer auch auf, dass die Arbeit für die Imker immer schwieriger werde. „Die Wetterextreme sind eine große Herausforderung für uns alle, auf die wir alle noch viel flexibler reagieren müssen“, blickte Rita Bauer auf das bisherige, viel zu warme und extrem trockene Frühjahr.
„Wir müssen lernen, mit weniger auszukommen“, meinte hingegen Vorsitzender Alois Pfauth. Der Zeitraum, etwas zu ernten, werde für die Imker immer kürzer. „Der Winter war gut, weil kalt und dauerhaft“, sagte er. So sei Anfang April noch Winter mit Minusgraden gewesen, aber zwei, drei Tage später praktisch schon Sommer: „Das ist kein Übergang. Das ist für die Königinnen ein Problem.“
„Blitzstart von Winter in Sommer“ist für Bienen problematisch
Denn dadurch seien die Bienen in eine Stresssituation gekommen. Die Winterbienen seien gestorben, und Sommerbienen seien für die Blütenvielfalt noch nicht genügend vorhanden gewesen, „weil alles zu früh und auf einmal geblüht hat“. So hätten Kirsche und Weide gleichzeitig geblüht, und Schlehen seien innerhalb von drei Wochen gekommen. Das sei die kürzeste und schnellste Blühphase gewesen, kritisierte Pfauth den „Blitzstart von Winter in Sommer“. Innerhalb von drei bis vier Wochen sei dieses Jahr alles vorbei gewesen, sonst dauere dieser Zeitraum sechs bis acht Wochen. Dennoch sei die Leistungskraft der Bienen gigantisch gewesen, sagte Rita Bauer. Doch die Honigerträge sind etwa um die Hälfte weniger als im vergangenen Jahr.
Mit Einbußen wird auch beim Waldhonig gerechnet. Laut Alois Pfauth sind durch den starken Frost im Februar mit bis zu minus 22 Grad die Eier der Lauspopulation, die den Honigtau erzeugen, beeinträchtigt worden. „Es gibt vereinzelt Inseln, wo es einzelne Populationen gibt, aber viel zu wenig.“Das trockene Wetter und die Hitze benachteiligten dazu noch die Produktion der Lauspopulation, weil die Lymphe zu schnell verholzten.
Neben Kaffee, Kuchen und frischen Honig gab es am Sonntag auch reichlich Informationsmaterial, eine Imkerbörse an Arbeitsgeräten, Königinnenableger komplett für eine Imkerei und Saatgut für den Garten, um das Nahrungsangebot der Bienen zu verbessern.