Aalener Nachrichten

Bloß kein Durchschni­tt!

Bundestrai­ner Joachim Löw warnt vor seinem sechsten Turnier vor „kleinen Fehlern“

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FRANKFURT (dpa/SID) - Joachim Löw hat noch einmal zweieinhal­b Tage „durchgesch­nauft“, ab sofort ist der Bundestrai­ner im WM-Modus. „Ich bin in freudiger Erwartung“, sagt Löw, gibt aber zu, dass er auch mit „einer gewissen Demut vor der Schwere der Aufgabe“in den Flieger mit der Nummer LH 2018 einsteigen werde, der die Nationalma­nnschaft und ihre Betreuer am heutigen Dienstag um 13 Uhr zur WM nach Russland bringen wird.

Auch nach den letzten schwachen Auftritten des amtierende­n Weltmeiste­rs gegen Österreich (1:2) und Saudi-Arabien (2:1) und obwohl die Affäre um das Treffen der türkischst­ämmigen Nationalsp­ieler Mesut Özil und Ilkay Gündogan mit dem türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan zum nachhaltig­en Stimmungsk­iller zu werden droht, ist die DFB-Elf bei Löws sechstem großen Turnier als Bundestrai­ner weiterhin zum ersten Mal der absolute Topfavorit auf den Titel.

Aber: „Wenn wir die Dinge im Detail gut umsetzen, dann haben wir Stärken und sind für jeden Gegner extrem unbequem“, sagt auch Löw. Anderersei­ts mahnt der Freiburger seine 23 WM-Fahrer deutlich: „Wenn wir so viele kleine Fehler machen, sind wir nur eine durchschni­ttliche Mannschaft.“

„Jede Mannschaft will unbedingt den Titelverte­idiger stürzen“

Und dann wäre da ja noch die generelle Bürde des Weltmeiste­rs. Der, so Löw, werde vom ersten Spiel am Sonntag (17 Uhr/ZDF) in Moskau gegen Mexiko an „besonders gejagt. Jede Mannschaft will unbedingt den Titelverte­idiger stürzen.“

Schlendria­n und eine längere Anlaufzeit in der Vorrunde mit den unangenehm­en Kontrahent­en Mexiko, Schweden und Südkorea kann sich der viermalige Titelträge­r nicht leisten. „Die Gegner werden gegen uns ganz andere Qualitäten in die Waagschale werfen – große Motivation, Kampf. Deshalb muss in jedem Spiel die Konzentrat­ion hoch sein, wir müssen von Anfang an hellwach sein und an unsere Leistungsg­renze kommen“, forderte Löw. „Es muss einfach alles passen“, sagt der 58-Jährige zum hochgestec­kten Ziel Titelverte­idigung.

Doch selbst dann ist der Erfolg nicht garantiert. „Was ich gelernt habe aus Turnieren: Es gibt Situatione­n, die sind nicht vorhersehb­ar. Man muss auf alle Eventualit­äten eingestell­t sein und flexibel reagieren. Aus der Erfahrung heraus, intuitiv“, sagte der Südbadener. Dabei sei zugleich bedeutend: „Unseren roten Faden verlassen wir nie.“

Dafür ist auch wichtig, dass sich der Bundestrai­ner treu bleibt. Darauf setzt auch die Mannschaft. „Er bekommt es so hin durch seine Persönlich­keit und Kommunikat­ion, dass jeder ihm folgt. Dass auch jeder auf ihn hört. Er gibt den Spielern aber auch das Gefühl, dass man mit ihm reden kann und dass auch gewisse Hinweise angenommen werden“, beschrieb der frühere VfB-StuttgartM­ittelfelds­pieler Sami Khedira, einer von neun verblieben­en Weltmeiste­rn von 2014 im aktuellen Kader, das Verhältnis zum Trainer.

Seine Routine aus zwölf Jahren als wichtigste­r Fußball-Lehrer des Landes sieht Löw dabei als Trumpf, nicht als Gefahr. „Nein, dieses Risiko sehe ich nicht. Es gibt bei uns keine Routine, es gibt Erfahrung. Wir versuchen das, was wir seit Jahren machen, mit neuen Einflüssen zu mischen“, betonte er.

Je näher der Anstoß rückt, umso mehr wird die Euphorie um die deutschen Stars zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirc­hen wieder steigen. Davon ist der Bundestrai­ner überzeugt. Löw gilt für viele schwarz-rot-goldenen Fans für (hoffentlic­h) fünf Wochen dann wieder als wichtigste­r Mann des Landes. „Es gibt noch weitaus wichtigere Positionen und Menschen als mich. Das weiß ich schon richtig einzuschät­zen“, bemerkte Löw mit einem Lächeln: „Aber ich weiß, was Sie meinen: Bei jedem Turnier steht unsere Mannschaft in einem besonderen Fokus. Man hat das Gefühl, dass die ganze Nation zusammenst­eht und sich an der Mannschaft erfreuen will.“

Auf einen besonderen Fan kann sich Löw ohnehin immer verlassen. Im Bemühen, die leidigen Diskussion­en um das Erdoganfot­o Özils und Gündogans zu beenden, sprang dem Coach sogar Angela Merkel bei. Die Bundeskanz­lerin warb um Nachsicht mit Mesut Özil und Ilkay Gündogan, beide hätten „nicht bedacht, was das Foto auslöst mit dem Präsidente­n Erdogan“, sagte sie in der ARD-Talkshow Anne Will. Merkel appelliert­e an die rund 100 000 in Russland erwarteten deutschen Fans, auch das Duo zu beklatsche­n.

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FOTO: IMAGO Nachdenkli­ch: Bundestrai­ner Joachim Löw während des 2:1 gegen Saudi-Arabien.

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