Aalener Nachrichten

Zwischen Skepsis und Freude

Experte warnt bei der Einigung zwischen USA und Nordkorea vor allzu großer Euphorie

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RAVENSBURG - Die USA und Nordkorea haben sich bei ihrem historisch­en Gipfel am Dienstag auf die atomare Abrüstung der Halbinsel geeinigt. Ist der jahrzehnte­lange Konflikt nun gelöst? Dazu beantworte­t Daniel Hadrys die wichtigste­n Fragen:

Wie ernst ist es US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un?

Darüber streiten Experten. Einige bewerten das Treffen als reine Show. Andere sehen darin das Ende des Konfliktes. „Wer Trump kennt, weiß: Der Deal kann morgen oder sogar heute schon nicht mehr gültig sein“, sagt Josef Braml, USA-Experte der Deutschen Gesellscha­ft für Auswärtige Politik (DGAP) und Autor des Blogs usaexperte.com. Kim betrachte Atomwaffen zudem als „Lebensvers­icherung“, die er auch weiterhin nicht aufgeben werde. Er wolle nicht wie Libyens Ex-Machthaber Muammar al-Gaddafi enden, der von seinem eigenen Volk gestürzt und ermordet wurde. Hannes Mosler vom Institut für Korea-Studien der Freien Universitä­t Berlin ist da optimistis­cher. Das Treffen habe gezeigt: „Kim meint es absolut ernst.“Wichtiger als Atomwaffen seien für ihn Investitio­nen und Handel. Die wirtschaft­liche Entwicklun­g ist für den nordkorean­ischen Machthaber laut Mosler „so attraktiv, dass er sich auf den Prozess mit den USA und anderen Staaten einlässt“.

Wird Kim Jong-un das Land nun weiter öffnen?

Sollten beide Seiten bei dem Deal bleiben, ist damit zu rechnen. Aber: Das wird – genau wie die Denukleari­sierung – sehr lange dauern. Nordkorea ist seit Jahrzehnte­n ein autoritäre­s Regime. Diktator Kim Jong-un führt mit harter Hand. Trotz Kims bisherigem Regierungs­stil meint Mosler: „Man sieht schon seit Langem, dass Kim ein Reformer und Innovator ist. Er weiß: Alleine mit Druck nach Innen und Drohgebärd­en nach Außen kommt er im 21. Jahrhunder­t nicht weiter.“

Was würde eine Öffnung für Nordkorea bedeuten?

Nordkorea ist ein bitterarme­s Land. Zwar wächst die Wirtschaft kontinuier­lich, doch könnte das Wachstum weitaus größer sein. Nordkorea ist durch internatio­nale Sanktionen stark isoliert, Handel kann das Land so gut wie gar nicht betreiben. „Wenn Nordkorea sich öffnet, wird sich die Wirtschaft gut entwickeln und den Menschen wird es besser gehen“, sagt Mosler. Die Voraussetz­ungen dafür hat Nordkorea: Das Land ist sehr rohstoffre­ich und wäre eigentlich nicht auf Importe – beispielsw­eise von Energieträ­gern – angewiesen. „Nordkorea ist sehr viel ressourcen­reicher als Südkorea“, erklärt Mosler. „Aber es hat nicht die Technologi­e und die Energie, um diese Rohstoffe abzubauen.“

Wie hält sich Nordkorea bislang wirtschaft­lich über Wasser?

China war bislang der letzte Verbünkann, dete, mit dem Nordkorea regen Handel betrieben hat. Laut CIA-Berichten gingen bis zu 76 Prozent der Exporte in das Nachbarlan­d. „Doch in den vergangene­n Monaten hat sich China auf internatio­nale Sanktionen gegen Nordkorea eingelasse­n“, sagt Mosler. Somit ist auch China als Wirtschaft­spartner weggebroch­en.

Am Wochenende hat Trump Zusagen an die G7-Partner, darunter auch Deutschlan­d, zurückgezo­gen. Nun der Deal mit Kim: Sucht Trump neue Allianzen?

Nein. Trumps Motto „Amerika zuerst“gilt auch bei dieser Einigung. „Er denkt vor allem an die Wähler zu Hause, denen er wieder vermitteln wie markig er aufgetrete­n ist“, sagt Braml. Um Diplomatie sei es ihm dabei nicht gegangen. Allianzen seien im Weltbild Trumps „von gestern“, meint der USA-Experte: „Staaten haben für ihn keine Freunde, sondern nur Rivalen. Trump denkt in Nullsummen.“Der US-Präsident habe keine Lust, sich an Partner zu binden und „verbindlic­h und berechenba­r“zu sein. „Trump versucht, die liberale Weltordnun­g zu zerstören.“Laut Josef Braml ist von der „ehemaligen Schutzmach­t USA eine härtere Gangart“zu erwarten.

Wieso schmiedet Trump den Deal mit Nordkorea und sagt das Atomabkomm­en mit Iran ab?

Trump weiß laut Braml, dass er in Nordkorea nichts erreichen kann. „Der Nuklearzug dort ist abgefahren.“ Auch weiß Nordkorea um seine Stärke. Trump könne Nordkoreas Ambitionen nur noch eindämmen, die nuklearen Kapazitäte­n seien auch militärisc­h nicht mehr zu beseitigen. Daher übe der US-Präsident stattdesse­n Druck auf Iran aus. Sollten er und seine Sicherheit­sberater zu der Einschätzu­ng kommen, dass Iran Atombomben baut, werden sie, so Braml, schnell mit Präventivs­chlägen reagieren, vielleicht sogar „noch in diesem Jahr“. Für Kim sei die Absage an das Iran-Abkommen zudem ein weiterer Grund zur Skepsis: „Welchen Anreiz sollte ein nordkorean­ischer Führer haben, wenn die Amerikaner je nach Lust und Laune Deals wieder schreddern? Jeder, der bei klarem Verstand ist, lässt sich nicht auf Verträge mit Donald Trump ein“, sagt Braml.

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FOTO: DPA Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un und US-Präsident Donald Trump unterzeich­nen eine gemeinsame Vereinbaru­ng: Erstmals haben sich Chefs beider Staaten getroffen.

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