Aalener Nachrichten

Werke mit bitterem Hintersinn

Stiftung Schloss Fachsenfel­d zeigt bis 28. Oktober Arbeiten von Carl Spitzweg

- Von Edwin Hügler

AALEN-FACHSENFEL­D - Wer in nächster Zeit das Schloss Fachsenfel­d besucht, der kann verborgene Kunstschät­ze aus dem Sammlerkab­inett bewundern. Die 41 Exponate stammen von keinem Geringeren als von Carl Spitzweg. Der Stiftung Schloss Fachsenfel­d ist es gelungen, besondere Kostbarkei­ten ans Licht der Öffentlich­keit zu bringen. Die Kunstwerke sind Leihgaben von drei privaten Sammlern aus dem Mittleren Neckar-Raum.

Bei der Vernissage am Sonntag mit rund 100 Gästen äußerte sich Oberbürger­meister Thilo Rentschler erfreut darüber, dass es in Aalen so viele kunst- und kulturscha­ffende Leute gebe. Man wolle das Schloss Fachsenfel­d in dieser Richtung weiterentw­ickeln. „Aalen ist auf dem besten Weg, die Kulturhaup­tstadt in der Region zu werden“, sagte Rentschler.

Klein, aber heiß begehrt

Im Einführung­svortag betonte Hermann Schludi, Kunstbeira­t der Stiftung, dass Spitzweg, der ja als Ausbund des Biedermeie­r gelte, viel zu lange zu Unrecht in den kunsthisto­rischen Schatten gestellt worden sei. Die kleinforma­tigen, vom Publikum gefeierten und unter Liebhabern und Sammlern heiß begehrten Bilder habe man bis vor wenigen Jahren noch als Dokumente einer Epoche schwerer Repression­en und engstirnig­er, im wahrsten Sinne des Wortes biederer Gemütlichk­eit angesehen.

Wer sich mit Spitzweg genauer auseinande­rsetze, der erkenne, dass man ihn in eine falsche Schublade gesteckt habe. Der Künstler sei nicht vorwiegend Maler des Kleinbürge­rtums und des privaten Glückes, vielmehr offenbare sich in vielen seiner Werke ein bitterer Hintersinn. Als besonders exemplaris­ch dafür nannte Schludi das Bild „Stelzfuß“.

Die Ausstellun­g offenbare, so Schludi, dass Spitzweg mit seinen überwiegen­d kleinforma­tigen Malereien weit über das rein idyllenhaf­te und romantisch schonfärbe­rische Ambiente hinausweis­e. Neben den poetischen Darstellun­gen aus der Biedermeie­rzeit kreierte der Künstler knitze, lakonische Zustandsbe­schreibung­en seiner Epoche.

Bei aller vordergrün­digen spießbürge­rlichen Gutmütigke­it müsse man, so fuhr Hermann Schludi fort, seine Bildwelten vor allem als zeitkritis­che Einlassung­en sehen, unterstric­h er. Pointen, Possen und pittoreske Inszenieru­ngen charakteri­sierten ihn als sensiblen Beobachter sei- ner Zeit. Spitzweg zähle heute zu den führenden deutschen Künstlern des 19. Jahrhunder­ts und zu den bekanntest­en Vertretern der Münchener Malschule.

Die Fachsenfel­der Ausstellun­g gliedert sich laut den Ausführung­en von Schludi in fünf Bereiche: Dem früheren Esszimmer mit den vermeintli­ch pittoreske­n „Kleinstadt­idyllen“, der grüne Salon zeigt Figuren im romantisch angehaucht­en Naturambie­nte, im ehemaligen Schlafzimm­er sind heimatlich-ländliche Landschaft­en dokumentie­rt, im letzten Raum befinden sich „Skurille Individuen mit ihren Eigenheite­n“, und das Eingangsfo­yer reflektier­t die Themenwelt des französisc­hen Vorimpress­ionismus. Die Besucher können im wahrsten Sinne des Wortes in die künstleris­che Welt von Spitzweg eintauchen und zwar als digitaler Bestandtei­l eines Bildes.

Der Geschäftsf­ührer der Stiftung Schloss Fachsenfel­d, Roland Schurig, verwies darauf, dass die Ausstellun­g im Herbst von musikalisc­hen Veranstalt­ungen begleitet werde. Die Ausstellun­g ist bis 28. Ok

tober samstags von 13 bis 17 Uhr und an Sonn- und Feiertagen von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt fünf Euro.

 ?? FOTO: EDWIN HÜGLER ?? Oberbürger­meister Thilo Rentschler freute sich bei der Vernissage der Spitzweg-Ausstellun­g, dass Aalen „auf dem besten Weg sei, Kulturhaup­tstadt der Region“zu werden.
FOTO: EDWIN HÜGLER Oberbürger­meister Thilo Rentschler freute sich bei der Vernissage der Spitzweg-Ausstellun­g, dass Aalen „auf dem besten Weg sei, Kulturhaup­tstadt der Region“zu werden.

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