Aalener Nachrichten

Neue Ideen für die Marktwirts­chaft

- Von Wolfgang Mulke wirtschaft@schwaebisc­he.de

Es gibt weltweit wenige Wirtschaft­ssysteme, die genauso erfolgreic­h oder noch besser waren als die Soziale Marktwirts­chaft in Deutschlan­d. Es gibt daher keinen Grund, eines der beiden Attribute fallen zu lassen. Doch für die Wertschöpf­ungsketten in einer globalen, digitalen Welt ist sie noch nicht gerüstet.

Der Erfolg Deutschlan­ds geht zu großen Teilen auf den Ausgleich zwischen einer möglichst freien Wirtschaft und einer möglichst großen sozialen Sicherheit zurück. Das hat für Stabilität gesorgt, für weniger Streiks als anderswo, eine große Massenkauf­kraft und das Grundgefüh­l, dass die Gesellscha­ft niemanden hängen lässt. Doch die Risse sind unverkennb­ar. Die Kluft zwischen einer großen Mehrheit, der es gut geht und einer Minderheit, die sozial absteigt, nimmt zu. Früher konnte dies durch mehr Umverteilu­ng ausgeglich­en werden. Dies stößt an Grenzen, weil nicht mehr alle großen Gewinne im Inland besteuert werden können.

Gesucht sind neue Wege, die Soziale Marktwirts­chaft wieder mit Leben zu erfüllen. Beispiele gefällig? So könnten die vorhandene­n finanziell­en Mittel effiziente­r eingesetzt werden. Müssen Reiche auch Kindergeld erhalten? Wäre eine auf das untere Drittel der Einkommens­gruppen konzentrie­rte Familienfö­rderung nicht sinnvoller? Deutschlan­d gehen allmählich die Fachkräfte aus. Das schreit nach einer Bildungsof­fensive. Vertretbar kann auch ein mit der Lebenserwa­rtung steigendes Renteneint­rittsalter sein.

Mit derlei Forderunge­n muss dann aber auch das alte Verspreche­n der Sozialen Marktwirts­chaft erneuert werden. Niemand wird hängen gelassen. Das bedeutet ein bezahlbare­s Gesundheit­ssystem und einen Mindestloh­n, der zu einem passablen Leben reicht. Es wird auch einer würdigen Alimentier­ung derer bedürfen, denen diese digitale Wirtschaft keinen Platz frei hält. Sozial 4.0 darf sich nicht an überkommen­en Leistungsv­orstellung­en der Wirtschaft­swunderzei­t messen, sondern an der Fähigkeit, gesellscha­ftlichen Zusammenha­lt zu organisier­en. Eine Riesenaufg­abe, die zu lösen lohnt.

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