Treuebekenntnisse von CDU und CSU
Kanzlerin Merkel ruft unter Applaus zur Einigkeit auf – Dobrindt von Klärung überzeugt
BERLIN/MÜNCHEN - Vor dem EU-Gipfel, der am Donnerstag in Brüssel beginnt, bleiben die Fronten im Asylstreit zwischen CDU und CSU zwar weiter verhärtet, der Ton wird aber versöhnlicher. Die Gefahr einer Auf kündigung der Fr aktionsgemeinschaft der beiden Schwester parteien scheint gebannt. So hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstag in der Unions-Fraktionssitzung nicht nur zur Einigkeit aufgerufen, sondern danach auch anhaltenden Beifall erhalten, auch von CSUAbgeordneten.
Merkel hatte über den bevorstehenden EU-Gipfel berichtet. Eine Kontroverse sei danach nicht angestoßen worden – weder von CDUnoch von CSU-Abgeordneten. Das Thema stand auch am Abend beim Koalitionsausschuss auf der Tagesordnung, die Diskussion in der Sache soll aber bei einer Fraktionssitzung am kommenden Montag erfolgen. Bereits am Sonntag wollen sich der Vorstand der CSU in München und die CDU in Berlin treffen, um die Ergebnisse des Gipfels zu bewerten.
Hintergrund des Konflikts in der Union ist das Ultimatum von Bundesinnenminister Horst Seehofer. Der CSU-Chef möchte Asylbewerber, die bereits in einem anderen EULand registriert wurden, an der deutschen Grenze abweisen, sollte es Merkel bis zum 1. Juli nicht glücken, die von ihr angestrebte „europäische Lösung“in der Flüchtlingspolitik zu erreichen.
Viele sehen die Gefahr, dass die Union und somit auch die Große Koalition mit der SPD zerbrechen könnte. Dobrindt (CSU) meint, es bleibe spannend. Er betont jetzt aber, CDU und CSU seien eine Schicksalsgemeinschaft. „Unser Ziel ist, dass das so bleibt.“Die Forderung von EU-Kommissar Günter Oettinger, noch einmal zwei bis drei Wochen zuzuwarten, habe er nicht verstanden. Das erwecke den Eindruck, dass das Thema auf die lange Bank geschoben wird. Dobrindt will den Streit aber noch in dieser Woche geklärt sehen. „Wir werden einen politischen Fehler nicht wiederholen, dass wir einen Dissens offen im Raum stehen lassen“, sagte er mit Blick auf den zurückliegenden Streit über die Flüchtlingsobergrenze.
BERLIN - Wochenlang eskalierte der Asylstreit zwischen CSU und CDU, jetzt sieht es nach einer leichten Beruhigung der Lage aus: CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte, CDU und CSU seien eine Schicksalsgemeinschaft. „Unser Ziel ist, dass das so bleibt.“
Ungewohnt offen mahnte auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Parteien, als er im Schloss Bellevue zum Abschluss seiner Deutschlandreise Vertreter der Bundesländer empfing. „Ich habe mich dieser Tage häufiger gefragt, wie sollen wir eigentlich erfolgreich für Vernunft und Augenmaß in der politischen Debatte werben, wenn auf höchster Ebene und selbst im Regierungslager mit Unnachsichtigkeit und maßloser Härte über eigentlich doch lösbare Probleme gestritten wird.“Steinmeier rief dazu auf, mehr miteinander zu reden und im Konfliktfall Kompromisse zu suchen. „Deutschland spricht nicht genug“, das gelte für den Dialog zwischen Politikern und Wählern genauso wie in der Gesellschaft insgesamt.
Innenminister Horst Seehofer (CSU) hatte das Fortbestehen der Fraktionsgemeinschaft indirekt davon abhängig gemacht, dass Kanzlerin Angela Merkel beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag eine Lösung vereinbaren kann, dass in anderen EU-Ländern bereits registrierte Asylbewerber nicht mehr nach Deutschland kommen. „Wir werden sehen, was sich am 28. Und 29. Juni tut“, sagte Dobrindt. Am Sonntag wollen darüber der CSU-Parteivorstand in München und der CDU-Vorstand in Berlin beraten.
Die Bundeskanzlerin wird bereits am Donnerstag im Bundestag eine Regierungserklärung zum EU-Gipfel abgeben. Am Dienstag empfing sie den spanischen Regierungschef Pedro Sanchez. Dabei dämpft sie noch einmal die Hoffnungen und sagte, dass sie vom EU-Gipfel kein großes Paket erwarte.
Die CSU besteht auf einer harten Linie in der Migrationspolitik. Doch sie kennt auch die neuen Umfragen, nach denen sich ihr Kurs nicht auszahlt. Alexander Dobrindt erklärt die AfD zum Hauptfeind bei den bevorstehenden Landtagswahlen in Bayern. Er weist Vorwürfe, die AfD dadurch stark zu machen, indem er ihre Themen aufgreift, zurück und erinnert an alte Streitszenen zwischen den Schwesterparteien CDU und CSU in der Asyldebatte Ende der 1980er-Jahre. Damals hatte Heiner Geißler als CDU-Generalsekretär den damaligen bayerischen Innenminister Edmund Stoiber gewarnt, Republikaner-Chef Schönhuber zu imitieren und damit den rechten Wähler zuzuschustern. 1992 aber habe dann der Asylkompromiss so gewirkt, dass die Republikaner dann erledigt waren. „Das ist heute nicht anders“, so Dobrindt. Deshalb werde man den Dissens nicht offen im Raum stehen lassen.
„Der Streit zwischen CDU und CSU lähmt die gesamte politische Arbeit, klagt SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles. Sie erinnerte außerdem daran, dass auch die SPD in der Asylfrage mitreden müsse. Die SPD sei für eine europäische Lösung.