Gefühlsexplosion auf argentinisch
Lionel Messi und Marcos Rojo schießen den Vizeweltmeister doch noch ins Achtelfinale
ST. PETERSBURG (SID/dpa/fil) Deutschland hat Toni Kroos, Argentinien Marcos Rojo. Gut, in St. Petersburg lief am Dienstag die 86. Minute, als Argentiniens Innenverteidiger das erlösende 2:1 für seine Mannschaft gegen Nigeria erzielte, auch traf Rojo mit seinem Kunstschuss aus dem laufenden Spiel heraus und nicht wie der deutsche Spielgestalter am Samstag in der Nachspielzeit per genialem Freistoß. Doch die Party der Argentiner nach diesem Treffer wirkte ähnlich bombastisch-erlösend wie jene der Deutschen. Vielleicht noch ein wenig mehr: Rojos Tor brachte Argentinien, den wankenden Finalisten von 2014, ins Achtelfinale. Auf den letzten Drücker. „Das haben wir gebraucht. Jetzt beginnt die WM für uns. Ich habe den Jungs gesagt, dass ich ein Tor schieße“, sagte Rojo, gar nicht bescheiden.
Unmittelbar nach dem Treffer hatte Rojo Lionel Messi auf seinem Rücken. Der Kapitän, dessen Geniestreich in der 14. Minute zum 1:0 geführt hatte, war der erste Gratulant des Erlösers einer gesamten Fußballnation.
Maradona sieht schlecht aus
„Ich bin sehr, sehr glücklich“, sagte Rojo. Argentinien sprang in der Tabelle der Gruppe D vom letzten auf den zweiten Platz und trifft im Achtelfinale auf Frankreich. „Ich wusste, dass Gott mit uns ist und uns nicht verlassen würde“, sagte Messi und fügte an: „Wir waren zuversichtlich, dass wir dieses Spiel gewinnen würden. Es ist wunderbar, es auf diese Weise gewonnen zu haben. Es ist eine wohlverdiente Freude.“
Bis es soweit warm hatten Messi und Co. vor den Augen Diego Maradonas, dem die WM in Russland gesundheitlich nicht sehr gut zu tun scheint, 35 Minuten lang vor dem Aus gestanden. Nachdem Messi mit seinem ersten Geniestreich der WM – einen langen Pass von Ever Banega nahm er im Vollsprint an, ließ den Ball elegant auf dem Oberschenkel auftropfen und erzielte mit dem eher schwachen rechten Fuß seinen sechsten WM-Treffer, den ersten nach 652 Minuten Erfolglosigkeit und den 100. Treffer dieser WM – die Argentiner in Führung gebracht hatte, hatten die Gauchos in der Folge mehr und mehr die Linie verloren.
„Das ist brutal“
Nach einem eher leichten Foul von Javier Mascherano am Mainzer Leon Balogun hatte Victor Moses dann auch noch den Elfmeter zum Ausgleich (51.) verwandelt. Argentinien zu diesem Zeitpunkt ausgeschieden. Maradona, beim 1:0 mit diabolischem Blick seltsam entrückt, schien auf der Tribüne in sich zusammenzufallen.
Der unkontrollierte Sturmlauf der Argentinier, der beinahe einem spielerischen Offenbarungseid gleichkam, führte dann doch noch zum Erfolg – auch, weil Schiedsrichter Cunyet Cakir den Nigerianern auch nach Videobeweis keinen Handelfmeter zubilligte (75.). „Wir sind enttäuscht, uns haben nur ein paar Minuten gefehlt“, sagte Nigerias Trainer Gernot Rohr, „aber so ist das Leben, wir müssen es akzeptieren.“
Balogun nahm die Niederlage etwas schlechter auf. „Es tut unglaublich weh. Extrem bitter, der Innenverteidiger macht es. Wir haben extrem viel investiert. Unter dem Dauerbeschuss war nicht mehr möglich. Das ist Fußball. Das ist brutal“. Basketballer schauen DFB: Auch die deutsche Basketball-Nationalmannschaft drückt der DFB-Elf gegen Südkorea die Daumen. „Wir hoffen natürlich, dass sie gewinnen und weiterkommen“, sagte NBA-Jungstar Dennis Schröder. Das Nationalteam wird die Begegnung gemeinsam im Teamhotel in Braunschweig verfolgen, dort treffen die Basketballer am Freitag in der WM-Qualifikation auf Österreich. „Ich bin stolz auf die Fußball-Nationalmannschaft und glaube, dass sie bei der WM weit kommt“, sagte der 24-jährige Schröder vom NBA-Club Atlanta Hawks. Speisekarten für Peru: 20 000 bis 25 000 Peruaner werden im Stadion sein, hatte Trainer Bert van Marwijk bereits vor der 0:2-Niederlage seiner Australier gegen Peru geschätzt. Demzufolge waren auch vor der Partie Tausende Peruaner in den Straßen und der Promenade von Sotschi unterwegs und bevölkerten die Restaurants. Und auch die Gastwirte stellten sich kurzfristig auf die Gäste aus Südamerika ein. Einige überraschten mit neuen Speisekarten: „Menú en español“, Speisekarte auf Spanisch. Das dürfte es in Sotschi noch nicht so oft gegeben haben. Saudi-Arabien verlängert mit Pizzi: Trotz des WM-Ausscheidens in der Vorrunde hat der Fußball-Verband Saudi-Arabiens den Vertrag mit Cheftrainer Juan Antonio Pizzi verlängert. Der neue Kontrakt des 50-Jährigen läuft allerdings weniger als ein Jahr und endet im Februar 2019 nach dem AsienCup. Nach zwei Niederlagen zum Auftakt hatten die Araber ihr letztes Gruppenspiel mit 2:1 gegen Ägypten gewonnen und damit ihren ersten Sieg bei einer WM seit 24 Jahren geholt. Und gerade jener war für Pizzi alles andere als bedeutungslos: Als Torschütze zum Beispiel, so der Trainer, könne man seinen Kindern, Enkeln oder auch Fans in 30 Jahren noch davon erzählen, dass man einmal bei einer WM getroffen habe. Ägypten trennt sich von Cuper: Der ägyptische Fußball-Verband hat am Dienstagabend die Trennung von Trainer Hector Cuper vollzogen. Ägypten war ohne Punktgewinn aus der WM ausgeschieden. Erstmals seit 28 Jahren waren die Ägypter wieder bei einer WM-Endrunde vertreten gewesen. Sie verloren 0:1 gegen Uruguay, 1:3 gegen Gastgeber Russland und 1:2 gegen Saudi-Arabien. Superstar Mohamed Salah war mit einer Schulterverletzung angeschlagen ins WM-Turnier in Russland gegangen und konnte trotz zweier Torerfolge das Weiterkommen seiner Mannschaft nicht ermöglichen.