Hitzfeld fordert: „Die ganze Schweiz muss hinter der Nati stehen“
Genug über politische Symbole diskutiert – Schweizer wollen sich mit Xhaka und Shaqiri für das Achtelfinale qualifizieren
NISCHNI NOWGOROD (SID) - Ottmar Hitzfeld hatte genug gehört und gesehen. Tagelange Debatten über politische Gesten und Symbole, dazu die drohenden Sperren gegen die Schweizer Leistungsträger Xherdan Shaqiri, Granit Xhaka und Stephan Lichtsteiner – all diese Diskussionen mussten einfach ein Ende haben. Also beschwor Hitzfeld die Nation eindringlich wieder zusammenzurücken. Zum Wohle der Nationalmannschaft, der Nati.
„Jetzt“, sagte der ehemalige Schweizer Nationaltrainer dem „Blick“, „muss wieder die ganze Schweiz hinter der Nati stehen. Jetzt, nachdem alle Spieler mit dabeisind, ist alles möglich für die Mannschaft.“ Die Schweizer stehen vor dem Gruppenfinale am Mittwoch (20 Uhr/ ZDFinfo) gegen das bereits ausgeschiedene Costa Rica, und jetzt, wollte Hitzfeld wohl sagen, muss der Fokus wieder auf den sportlichen Erfolg gelegt werden.
Und dieser ist greifbar. Ein Sieg oder ein Unentschieden gegen die Mittelamerikaner, und die Eidgenossen ziehen ins Achtelfinale ein – zum vierten Mal in den vergangenen fünf Turnieren. Sogar der Gruppensieg ist möglich, wenn Brasilien im Parallelspiel gegen Serbien etwas liegen lässt oder die Schweiz hoch gegen Costa Rica siegt. Und dann? Könnte im Achtelfinale Deutschland warten. Doch das ist Zukunftsmusik.
Zunächst geht es gegen Costa Rica. Mit Shaqiri, Xhaka und Lichtsteiner. Die beiden Erstgenannten haben kosovo-albanische Wurzeln. Sie hatten Ottmar Hitzfeld die Eidgenossen zum 2:1-Sieg gegen Serbien geschossen und sich anschließend zum Doppeladler-Jubel hinreißen lassen. Kapitän Lichtsteiner tat es ihnen gleich. Das sorgte für einen Aufschrei – politische Gesten sind auf dem Platz strikt verboten. Der Weltverband FIFA ermittelte, er hätte Sperren verhängen können, entschied sich letztlich für Bußgelder. Eine Ungerechtigkeit – so empfinden zumindest die Bürger des Kosovo. Mit einer Crowdfunding-Kampagne sollen die Gelder aufgetrieben werden, bis Dienstagmorgen sind bereits 12 000 Euro zusammengekommen. Die drei Spieler könnten die Bußgelder jedoch auch ohne Unterstützung aufbringen.
Die milden Strafen freuen die Eidgenossen, die die defensiven Qualitäten Lichtsteiners, die Entschlossenheit Xhakas und die Torgefahr Shaqiris zwingend brauchen. „Ich finde schon, dass das Ganze zu stark im Vordergrund stand und die sportliche Leistung in den Hintergrund gedrängt hat“, sagte Hitzfeld: „Die Diskussion war übertrieben gegenüber den Secondos (Angehörige der zweiten Generation von Zuwanderern, d. Red). Sie haben einen Fehler gemacht, aber wir wollen ja, dass die Spieler euphorisch sind.“
Diese Euphorie soll auch das Volk anstecken, denn die Mannschaft liefert auf dem Platz genügend Argumente. Hitzfeld glaubt an die Stärke des Teams, das er nach der WM 2014 (Aus im Achtelfinale) abgegeben hat: „Die Spieler haben einen großen Schritt gemacht. Sie haben sich in den Vereinen weiterentwickelt, viele sind Stammspieler und Leistungsträger – davon profitiert die Nati.“
„Die Diskussion war übertrieben gegenüber den Secondos.“