Zeuge widerspricht sich
ELLWANGEN (sj) - Hat sie nun mit der EC-Karte ihres Ex-Freunds Geld abgehoben oder nicht? Vor dem Amtsgericht Ellwangen ist eine 19jährige Frau aus dem Ostalbkreis vom Vorwurf des Computerbetrugs freigesprochen worden. Denn einer der beiden Zeugen, der ehemalige Lebensgefährte und zugleich der Geschädigte, verstrickte sich derart in Widersprüche, dass dem Richter nur ein Freispruch blieb.
Angeklagt waren zwölf Fälle des Computerbetrugs. Die Angeklagte soll von 9. September bis 7. November 2017 mit der EC-Karte ihres damaligen Lebensgefährten bei Bankautomaten in Aalen, Ellwangen und Jagstzell 1270,10 Euro abgehoben haben. Der niedrigste Einzelbetrag war 20 Euro, der höchste 500 Euro.
Sie habe damals bei ihrem Freund gewohnt, sagte die junge Frau aus, und dieser sei bei jeder Geldabhebung dabei gewesen. Seit ihrem Auszug am 7. Dezember 2017 habe sie keinen Kontakt mehr zu ihm. Die Anzeige bei der Polizei erfolgte erst vier Monate nach den Taten.
Wer das Geld abgehoben hat, ist nicht zu klären
Dass seine EC-Karte fehle, habe er erst beim Einkaufen bemerkt, sagte der junge Mann aus. Dann habe er sich einen Kontoauszug geholt und gesehen, dass Geld abgehoben worden sei. Er selbst sei das nicht gewesen, sagte der 20-Jährige: „Ich war im Betrieb.“Er habe die Karte schließlich sperren lassen. Bei einem Gespräch unter vier Augen habe seine Ex-Freundin die Taten eingeräumt und bedauert.
Jugendrichter Malte Becker warf dem Zeugen vor, bei seiner polizeilichen Vernehmung etwas anderes gesagt zu haben. Er lüge nicht, erklärte der Zeuge. Er habe so spät Anzeige erstattet, weil er die Angelegenheit zuerst ohne Polizei habe regeln wollen: „Unsere Anwältin hat uns so beraten.“Mit seiner Ex-Freundin habe er Schluss gemacht, nachdem er den Verlust des Geldes bemerkt habe: „Ist ja logisch, wenn man beklaut wird.“
Zwei der Taten fielen weg, weil der Zeuge einräumte, in diesen Fällen selbst das Geld abgehoben zu haben. In einer Sitzungspause erkundigte sich der Richter bei der Bank nach der Sperrung der EC-Karte. Gesperrt wurde sie am 13. November 2017. Die Karte habe immer mal wieder gefehlt, entgegnete der Zeuge. „Sie reden sich hier um Kopf und Kragen“, sagte Richter Becker mit Blick auf eine eventuelle Falschaussage: „Welche Variante sollen wir glauben?“
Da die Anzeige so spät erfolgt sei, seien die Videoaufzeichnungen an den Bankautomaten gelöscht, erklärte Erster Staatsanwalt Jürgen Herrmann. Er forderte Freispruch, aber nicht, weil er die Angeklagte für unschuldig hielt. Doch die Erinnerungen des Zeugen seien bruchstückhaft und lückenhaft. Bei dem 20-Jährigen vermutete er enttäuschte Liebe. Das Gericht folgte dem Antrag des Staatsanwalts und sprach die Angeklagte frei.