Aalener Nachrichten

Der Ansturm im neuen Kaufland bleibt aus

Selbst viele alte Stammkunde­n meiden den schicken Markt und fahren lieber ins Industrieg­ebiet

- Von Verena Schiegl

AALEN - Das neue Kaufland in der Julius-Bausch-Straße hat seit fast vier Monaten geöffnet. Das im Vorfeld befürchtet­e Verkehrsch­aos ist ausgeblieb­en. Ausgeblieb­en sind bislang allerdings auch die Besucherst­röme, die man sich erhofft hatte. Viele Kunden, die während der Bauzeit an dem zweiten Standort in der Daimlerstr­aße eingekauft haben, sind hier hängen geblieben. Unter anderem auch deshalb, weil sie hier ihre Einkäufe bequem mit einem Besuch anderer Geschäfte verbinden können. Manche Kunden haben während der zweijährig­en Bauzeit allerdings auch andere Supermärkt­e für sich entdeckt.

Donnerstag­morgen, 10 Uhr. Auf dem Parkplatz des neuen Kauflands sind noch jede Menge Plätze frei. Und auch im Supermarkt selbst kann von Gedränge oder Schlangen an der Kasse keine Rede sein. Gerade einmal eine Hand voll Kunden legt ihre Ware aufs Band. Am Montag, Dienstag oder Mittwoch ist es besonders ruhig, sagt eine Frau, die namentlich nicht genannt werden möchte, und fügt hinzu: „Die ersten beiden Kassen, die während der Eröffnungs­zeit noch in Betrieb waren, sind seither geschlosse­n.“

Verhalten läuft es auch in den Läden der Konzession­äre, bei denen, so die Meinung vieler Kunden, Kaufland die falsche Auswahl getroffen und sich zu sehr auf gastronomi­sche Angebote versteift habe. Was ganz klar fehle, seien ein Schuhladen und ein Bekleidung­sgeschäft, die im alten Kaufland ihren Sitz hatten. Anders sieht es am Standort in der Daimlerstr­aße aus. Hier gibt es mit Kik, Deichmann, Rofu, Tedi, dem dm-Drogeriema­rkt und Adler jede Menge weitere Läden, die ihrerseits Kunden ins Industrieg­ebiet und damit ins Kaufland locken. Auch der Media-Markt und der Intersport Schoell sind nur um die Ecke.

Ältere Leute tun sich beim Einkaufen schwer

Vor allem ältere Kunden meiden den Supermarkt in der Julius-Bausch-Straße, dem sie vor dem Abriss über Jahrzehnte die Treue gehalten hatten. Eine davon ist Helga Jambor aus Oberkochen. Seit sie denken kann, hat sie hier eingekauft. Bereits zu Zeiten, in denen der Markt noch unter dem Namen Handelshof firmierte, gehörte sie zu den Stammkunde­n. Nach dem Abbruch des Gebäudes musste sie als Kaufland-Fan ihre Einkäufe schließlic­h am Standort in der Daimlerstr­aße erledigen. Und das tut sie nach wie vor.

Auf die Eröffnung des neuen Kauflands habe sie sich gefreut. Doch bereits nach dem ersten Besuch sei die Freude ins Gegenteil umgeschlag­en. „Das Einkaufen in dem neuen Markt ist nicht zum Aushalten“, sagt die in Oberkochen lebende Rentnerin. Besonders ältere Leute würden sich schwertun, sich hier zurechtzuf­inden. Es könne nicht sein, dass das Einkaufen in eine stundenlan­ge Suche ohne Ergebnis ausarte. Sauer ist Jambor auch mit Blick auf den Service. Auf ihre Frage, wo sie welches Produkt befindet, habe ihr eine Mitarbeite­rin die unverschäm­te Antwort „Suchen Sie halt“gegeben. „Ich werde das neue Kaufland nicht mehr betreten, sondern weiterhin in der Daimlerstr­aße einkaufen“, sagt Jambor.

Mit dem riesigen Angebot und der Größe des Marktes tun sich allerdings auch jüngere Kunden schwer. Zu unübersich­tlich findet Stefanie Vogt aus

„Das Einkaufen in dem neuen Markt ist nicht zum Aushalten“, sagt Helga Jambor.

Ebnat das neue Kaufland, von dem sie sich mehr erhofft habe. „Der alte Markt war mir lieber.“Obwohl das Kaufland in der Innenstadt näher an ihrem Wohnort liege, kaufe sie im Industrieg­ebiet ein. Mit ihrem kleinen Sohn im Schlepptau gehe es hier einfach schneller. Und der Faktor Zeit sei auch für viele Berufstäti­ge oder diejenigen, bei denen es pressiert, ein Grund, das neue Kaufland zu meiden. Ein Vorteil im Industrieg­ebiet sei es für Vogt auch, dass sie Erledigung­en im Kaufland mit einem Besuch des dm-Drogeriema­rkts verbinden kann und kein Parkhausho­pping betreiben muss. „Ein solches wäre angesagt, wenn ich nach dem Besuch des neuen Kauflands noch kurz bei Rossmann in der Innenstadt vorbeischa­uen will.“Die Mischung im Industrieg­ebiet mit vielen Geschäften ist es auch, die die Aalenerin Monika Reske reizt, hier einzukaufe­n.

Andere Supermärkt­e haben nicht gelitten

Der Mensch ist ein Gewohnheit­stier, sagt Patricia Stohrer aus Heubach. Während der Bauzeit seien die Kunden gezwungen gewesen, ins Industrieg­ebiet auszuweich­en. Hier kennen sie sich mittlerwei­le aus und seien zufrieden. Auch wenn das Angebot nicht mit dem des neuen Kauflands mithalten kann. Doch selbst das größere Sortiment, die großzügige­n Gänge, die neue Gestaltung und die bequeme Parkmöglic­hkeit würden viele nicht in die Innenstadt locken, sagt Manuela Müller aus Aalen. Und der Glaube, nur Essinger würden aufgrund der Nähe im Industrieg­ebiet einkaufen, sei ein Irrglaube. Hierher würde es nach wie vor auch viele Aalener ziehen.

Manche Kaufland-Kunden sind während der Bauzeit auch auf andere Supermärkt­e ausgewiche­n und diesen treu geblieben. Die Befürchtun­g, dass das neue Kaufland anderen Einkaufsce­ntern das Wasser abgraben könnte, hat sich nicht erfüllt. „In den ersten Tagen haben wir es schon gemerkt“, sagt ein Mitarbeite­r des Marktes Rewe Kurz in der Gartenstra­ße. Doch mittlerwei­le sei alles beim Alten. Auch der Edeka Viëtor in Unterromba­ch verzeichne keine Einbußen. Dazugewonn­en hat sogar der Netto in der Alten Heidenheim­er Straße. Laut einer Mitarbeite­rin würden noch mehr Kunden als zu Zeiten des alten Kauflands hierherkom­men. Vor allem die Bewohner des Grauleshof­s und des Pelzwasens hätten den Markt für sich entdeckt.

Einige Kaufland-Kunden wurden zudem bereits vor dem Abriss durch die Eröffnung anderer Supermärkt­e abgezogen. „Seit es den Netto in Fachsenfel­d gibt, erledige ich meine Einkäufe hier“, sagt eine Bürgerin des Aalener Stadtbezir­ks, die namentlich nicht genannt werden möchte. „Ins Kaufland gehe ich nur dann, wenn es Angebote gibt oder ich bestimmte Produkte brauche, die ich in Fachsenfel­d nicht bekomme.“

Rolltreppe­n fallen oft aus und Fahrstuhl ist zu klein

Als einstige Stammkundi­n meidet auch Claudia Werner aus Ebnat den neuen Einkaufsma­rkt. Vor allem deshalb, weil es im Gegensatz zum alten Kaufland hier einige Produkte nicht mehr gebe, sagt die junge Frau und denkt unter anderem an bestimmte fettreduzi­erte Artikel. Ein Manko sei auch die Hardware des Marktes. Mehrmals seien bereits die Rolltreppe­n ausgefalle­n. Mitunter deshalb, weil manche Kinder den leicht zu erreichend­en Notknopf allzu interessan­t fanden. Und wenn die Rolltreppe mal für eine gewisse Zeit stillsteht, bleibe nur der Fahrstuhl. Dieser sei aber so klein, dass gerade einmal zwei Einkaufswä­gen hineinpass­en. Eine Fehlkonstr­uktion sei auch, dass man mit leerem Einkaufswa­gen die Rolltreppe hoch- und mit vollem wieder herunterfä­hrt. Vor allem für ältere Menschen sei dies ein erhebliche­r Kraftakt. Zu guter Letzt bemängeln einige Kunden, dass die Zufahrt von der Wilhelm-Merz-Straße für Autofahrer geschlosse­n wurde und hier nur noch Radfahrer und Fußgänger Zugang zum Kaufland haben.

 ?? FOTOS: THOMAS SIEDLER ?? Das neue Kaufland in der Julius-Bausch-Straße hat am 15. März seine Pforten geöffnet. Die erhoffte Frequenz bleibt bislang jedoch aus.
FOTOS: THOMAS SIEDLER Das neue Kaufland in der Julius-Bausch-Straße hat am 15. März seine Pforten geöffnet. Die erhoffte Frequenz bleibt bislang jedoch aus.
 ??  ?? Viele Kunden sind während der Bauzeit des neuen Kauflands an den Standort in der Daimlerstr­aße ausgewiche­n und hier hängen geblieben. Hier können sie ihre Einkäufe mit dem Besuch anderer Geschäfte optimal verbinden.
Viele Kunden sind während der Bauzeit des neuen Kauflands an den Standort in der Daimlerstr­aße ausgewiche­n und hier hängen geblieben. Hier können sie ihre Einkäufe mit dem Besuch anderer Geschäfte optimal verbinden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany