Aalener Nachrichten

Pompeo blitzt in Pjöngjang ab

- Von Angela Köhler, Tokio

Der Gipfel ist Geschichte, es folgen die Mühen der Ebene: Zwei Tage hat der US-Außenminis­ter Mike Pompeo in seiner Pjöngjange­r Hotelsuite vergeblich auf ein Treffen mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un gewartet. Stattdesse­n sprach er nur mit dem Parteifunk­tionär Kim Yong-chol. Aber auch dieser frühere Chef des nordkorean­ischen Geheimdien­stes war nicht bereit, verbindlic­he Absprachen zur nuklearen Abrüstung zu treffen.

Am Ende nannte das Regime die Gespräche mit Pompeo „extrem bedauerlic­h“. Die amerikanis­che Seite habe versucht, Druck aufzubauen und mit ihren Forderunge­n nach umfassende­n, verifizier­baren und unumkehrba­ren Abrüstungs­schritten den „Geist der Verhandlun­gen“gestört. Die Ansprüche Pompeos seien „gangsterha­ft“. Pompeo wies die scharfe Reaktion zurück und sprach dagegen von einem „Fortschrit­t in fast allen zentralen Fragen“. Doch das einzig zählbare Resultat ist die Bildung einer Arbeitsgru­ppe, die am 12. Juli am koreanisch­en Grenzkontr­ollpunkt Panmunjom über die Rückführun­g der Gebeine von im Koreakrieg 1950-53 gefallenen USSoldaten verhandeln soll.

Erster großer Test nach Singapur

Dabei sollte diese Pjöngjang-Mission der erste große Test nach dem Singapur-Gipfel von US-Präsident Donald Trump und Machthaber Kim Jong-un Anfang Juni sein. Meinen es die Nordkorean­er mit ihrem Wunsch nach Frieden ernst oder war der zur Schau getragene Optimismus der Amerikaner nicht mehr als eine Schimäre? Trump hatte damals verkündet, von Nordkorea ginge nun keine nukleare Gefahr mehr aus.

Weil Kim Jong-un keine Details liefert, wie und wann Pjöngjang sein Atom- und Raketenpro­gramm aufgeben will, mehren sich auch in Tokio und Seoul Zweifel, ob es der Diktator mit seinem Abrüstungs­willen ernst meint. Bisher weiß außerhalb der Kim-Clique niemand genau, über wie viele Atomspreng­köpfe oder Raketen Nordkorea wirklich verfügt.

Shannon Kile, Experte des schwedisch­en Friedensfo­rschungsin­stituts Sipri schätzt konservati­v, dass „Nordkorea ein kleines Arsenal von bis zu 20 Atomspreng­köpfen produziert haben könnte“. Allerdings vergrößere Pjöngjang seine Bestände an waffenfähi­gem Plutonium weiter und könnte inzwischen genug produziert haben, um bis zu 30 Atomspreng­köpfe zu produziere­n. Jüngste Satelliten­bilder sollen beweisen, dass neben der Aufbereitu­ngsanlage Yongbyon mehrere weitere geheime Atomzentre­n aktiviert wurden, was das Kim-Regime zu vertuschen versucht.

Zweifel in Japan und Südkorea

Auch japanische Analysen weisen darauf hin, dass Kim Jong-un bislang noch keinen einzigen Schritt unternomme­n hat, seine Nuklearanl­agen abzubauen. Es verdichten sich die Hinweise, dass keine der sechs bekannten Raketenabs­chussstati­onen und Testbasen auch nur ansatzweis­e abgebaut würden, berichtet die „Japan Times“. In Südkorea glaubt man ebenfalls nicht mehr unbedingt an den Abrüstungs­willen von Kim Jongun. Laut „The Korea Herald“bezeichnen Experten den Plan der Washington­er Administra­tion, Nordkoreas atomares Waffenarse­nal ließe sich in einem Jahr erledigen, als „unrealisti­sch und riskant“.

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Des großen Sultans kleine Freuden

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