Hauk: Bauern sind nicht an allem schuld
Bauernkundgebung auf der Bopfinger Ipfmesse – Agrarminister will Wölfe bekämpfen
BOPFINGEN - Bei der Bauernkundgebung auf der Bopfinger Ipfmesse hat Agrarminister Peter Hauk (CDU) den Landwirten in der Region den Rücken gestärkt. Unter großem Applaus nahm der Minister die Bauern gegen Vorwürfe aus der Gesellschaft in Schutz. Er warnte davor, die Landwirte für alle Missstände wie etwa das Insektensterben verantwortlich zu machen. Wildtieren wie dem Wolf sagte er den Kampf an.
In seinem einleitenden Grußwort sagte Bopfingens Bürgermeister Gunter Bühler, die Landwirtschaft und der ländliche Raum gerieten zunehmend unter Druck. Bühler erwähnte als Beispiel den Ärztemangel auf dem Land und forderte die Landesregierung dazu auf, hier gegenzusteuern. Ein weiteres Thema sei der Breitbandausbau. „Jeder Hof braucht eine gute und schnelle Internetanbindung“, forderte der Bopfinger Rathauschef.
Pavel kritisiert überbordende Bürokratie
Da der Austritt Großbritanniens aus der EU voraussichtlich zu geringeren EU-Fördermitteln für die Landwirtschaft führt, müsse der Bund hier in die Bresche springen, sagte der CDU-Landtagsabgeordnete Winfried Mack. Entsprechende Vereinbarungen seien im Koalitionsvertrag der Großen Koalition enthalten, sagte Mack unter Berufung auf seinen CDU-Bundestagskollegen Roderich Kiesewetter. Auch Mack ging auf den drohenden Ärztemangel ein. Seine Fraktion setze sich deshalb für ein Landarztstipendium ein, das angehende Mediziner unterstützen soll, die sich in ländlichen Gemeinden ansiedeln wollen.
Landrat Klaus Pavel hielt es für ganz wichtig, zur Bauernkundgebung auf die Ipfmesse zu kommen, um „Flagge zu zeigen für diesen Berufsstand“. Besorgt äußerte sich Pavel zur afrikanischen Schweinepest in Osteuropa, die auch die Betriebe im Ostalbkreis gefährden könne. Er hoffte, dass es gelingen könne, das Schwarzwild als Risikoquelle zu reduzieren. Bei Hauk bedankte er sich, dass das Ministerium die Voraussetzungen dafür geschaffen habe. Kritik übte Pavel an der „überbordenden“Bürokratie und den seiner Meinung nach zu aufwendigen Kontrollen im Agrarbereich.
Kucher beklagt „Mobbing“gegen Bauern
Der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes, Hubert Kucher, beklagte das „Mobbing“gegen seinen Berufsstand. „Die Gesellschaft mobbt uns und gibt uns keine Möglichkeit, uns zu verbessern.“Die Landwirte in Baden-Württemberg gingen beispielsweise umsichtig mit Dünger und Pflanzenschutzmitteln um, sagte Kucher. Daraus resultiere zum Beispiel die im Vergleich zu anderen Bundesländern hohe Wasserqualität. Daher hält er es für unsinnig, wenn Landwirte hierzulande dieselben Maßnahmen zum Grundwasserschutz umsetzen müssten wie Länder, in denen das Wasser belastet sei.
Auch die Debatte um das Tierwohl nehme absurde Züge an. Einerseits werde bei der Tierhaltung die Orientierung am Tierwohl gefordert. Andererseits sollten aber auch Wildtiere wie der Wolf hundertprozentigen Schutz genießen, die Nutztiere fressen. „Solche Forderungen gehen nicht zusammen“, bemerkte der Verbandsvorsitzende.
Agrarminister Peter Hauk blickte zu Beginn seiner etwa halbstündigen Rede auf die Situation der EU nach dem Brexit. Da mit Großbritannien ein Nettozahler aus der EU austrete, werde es finanziell enger werden. Nationale Alleingänge, gerade auch in der Flüchtlingsfrage, seien nicht der richtige Weg, wenn man andere Länder dazu bewegen wolle, mehr in den Agrartopf einzuzahlen. Ansonsten drohten herbe Einschnitte.
Im Unterschied zu früheren Jahren stünde derzeit die europäische Agrarpolitik gar nicht so sehr im Fokus, meinte Hauk. Zu den drängenden Problemen gehöre zum Beispiel die Schmerzausschaltung bei der Ferkelkastration. Das Bundesgesetz aus dem Jahr 2013 funktioniere nicht. Es habe sich gezeigt, dass die Schmerzausschaltung nicht gewährleistet werden könne. Er setze sich deshalb dafür ein, dass das Gesetz nochmals geändert werde. Sonst würden die Ferkelerzeuger ihre Betriebe aufgeben. „Damit wird keinem Ferkel auch nur ein Schmerz erspart“, sagte Hauk. Denn die Ferkel kämen dann eben über weite Wege aus Dänemark und den Niederlanden. Er versuche dies auch dem grünen Koalitionspartner in Stuttgart klarzumachen.
Insektensterben: Erst zählen, dann Ursachen ergründen
Der Agrarminister warnte auch davor, die Landwirtschaft für alle Missstände verantwortlich zu machen. Bei der Düngemittelverordnung habe man dem Drängen der Puristen nachgegeben. In Baden-Württemberg gebe es nur auf etwa neun auf Prozent der Flächen Probleme mit dem Nitrat im Grundwasser, in Niedersachsen seien es dagegen 60 Prozent. Das Düngemittel-Regime gelte aber überall, „und das kann es nicht sein“, so der Minister. Hauk wies außerdem von sich, dass die Landwirtschaft für das Insektensterben verantwortlich sein solle. Aus seiner Sicht sei das Insektensterben zu wenig durch Daten untermauert. Erste Aufgabe sei es deshalb, zunächst einmal zu zählen. Danach müsse man die Ursachen ergründen. Die wahren Zusammenhänge kenne derzeit noch kein Mensch. Er reagiere „auf Fakten und nicht auf Fake News“, rief Hauk den Zuhörern zu. In den letzten 30 Jahren hätte die Landwirtschaft das Umfeld für Insekten zudem verbessert und nicht verschlechtert, „in Baden-Württemberg ist es jedenfalls so“. Hier seien die Flächen schon immer kleinteiliger gewesen und Fruchtfolgen eingehalten worden. Er spekulierte, dass die Lichtverschmutzung in Großstädten zum Rückgang der Insekten beitrage.
Darüber hinaus nahm der Minister Naturschützer ins Visier. Die Arten zu erhalten, bedeute nicht, alles geschehen zu lassen. Es könne nicht sein, dass „Giftpflanzen unsere Felder bevölkern“, als Beispiel nannte er das giftige Ackergreiskraut.
Qualität der Tierhaltung ist wichtigstes Kriterium
Zur Diskussion um immer größere Betriebe mit 1000 Kühen oder mehr sagte Hauk, er sei weder dafür noch dagegen. Es komme darauf an, wie die Tiere gehalten werden. Man könne nicht sagen: Ein Betrieb mit 1000 Tieren sei schlecht, einer mit 700 Tieren sei gut.
Zu Wildtieren wie dem Wolf, der wieder nach Deutschland zurückkehrt, sagte er: „In Weidegebieten haben Raubtiere nichts verloren.“Auch Wildtiere wie Wolf und Biber müssten einem Management unterliegen, und der Maßnahmenkatalog enthalte eben auch die „letale Vergrämung“. Da brauche es eben auch die Jagd und das Fallenstellen.