Aalener Nachrichten

Hauk: Bauern sind nicht an allem schuld

Bauernkund­gebung auf der Bopfinger Ipfmesse – Agrarminis­ter will Wölfe bekämpfen

- Von Franz Graser

BOPFINGEN - Bei der Bauernkund­gebung auf der Bopfinger Ipfmesse hat Agrarminis­ter Peter Hauk (CDU) den Landwirten in der Region den Rücken gestärkt. Unter großem Applaus nahm der Minister die Bauern gegen Vorwürfe aus der Gesellscha­ft in Schutz. Er warnte davor, die Landwirte für alle Missstände wie etwa das Insektenst­erben verantwort­lich zu machen. Wildtieren wie dem Wolf sagte er den Kampf an.

In seinem einleitend­en Grußwort sagte Bopfingens Bürgermeis­ter Gunter Bühler, die Landwirtsc­haft und der ländliche Raum gerieten zunehmend unter Druck. Bühler erwähnte als Beispiel den Ärztemange­l auf dem Land und forderte die Landesregi­erung dazu auf, hier gegenzuste­uern. Ein weiteres Thema sei der Breitbanda­usbau. „Jeder Hof braucht eine gute und schnelle Internetan­bindung“, forderte der Bopfinger Rathausche­f.

Pavel kritisiert überborden­de Bürokratie

Da der Austritt Großbritan­niens aus der EU voraussich­tlich zu geringeren EU-Fördermitt­eln für die Landwirtsc­haft führt, müsse der Bund hier in die Bresche springen, sagte der CDU-Landtagsab­geordnete Winfried Mack. Entspreche­nde Vereinbaru­ngen seien im Koalitions­vertrag der Großen Koalition enthalten, sagte Mack unter Berufung auf seinen CDU-Bundestags­kollegen Roderich Kiesewette­r. Auch Mack ging auf den drohenden Ärztemange­l ein. Seine Fraktion setze sich deshalb für ein Landarztst­ipendium ein, das angehende Mediziner unterstütz­en soll, die sich in ländlichen Gemeinden ansiedeln wollen.

Landrat Klaus Pavel hielt es für ganz wichtig, zur Bauernkund­gebung auf die Ipfmesse zu kommen, um „Flagge zu zeigen für diesen Berufsstan­d“. Besorgt äußerte sich Pavel zur afrikanisc­hen Schweinepe­st in Osteuropa, die auch die Betriebe im Ostalbkrei­s gefährden könne. Er hoffte, dass es gelingen könne, das Schwarzwil­d als Risikoquel­le zu reduzieren. Bei Hauk bedankte er sich, dass das Ministeriu­m die Voraussetz­ungen dafür geschaffen habe. Kritik übte Pavel an der „überborden­den“Bürokratie und den seiner Meinung nach zu aufwendige­n Kontrollen im Agrarberei­ch.

Kucher beklagt „Mobbing“gegen Bauern

Der Vorsitzend­e des Kreisbauer­nverbandes, Hubert Kucher, beklagte das „Mobbing“gegen seinen Berufsstan­d. „Die Gesellscha­ft mobbt uns und gibt uns keine Möglichkei­t, uns zu verbessern.“Die Landwirte in Baden-Württember­g gingen beispielsw­eise umsichtig mit Dünger und Pflanzensc­hutzmittel­n um, sagte Kucher. Daraus resultiere zum Beispiel die im Vergleich zu anderen Bundesländ­ern hohe Wasserqual­ität. Daher hält er es für unsinnig, wenn Landwirte hierzuland­e dieselben Maßnahmen zum Grundwasse­rschutz umsetzen müssten wie Länder, in denen das Wasser belastet sei.

Auch die Debatte um das Tierwohl nehme absurde Züge an. Einerseits werde bei der Tierhaltun­g die Orientieru­ng am Tierwohl gefordert. Anderersei­ts sollten aber auch Wildtiere wie der Wolf hundertpro­zentigen Schutz genießen, die Nutztiere fressen. „Solche Forderunge­n gehen nicht zusammen“, bemerkte der Verbandsvo­rsitzende.

Agrarminis­ter Peter Hauk blickte zu Beginn seiner etwa halbstündi­gen Rede auf die Situation der EU nach dem Brexit. Da mit Großbritan­nien ein Nettozahle­r aus der EU austrete, werde es finanziell enger werden. Nationale Alleingäng­e, gerade auch in der Flüchtling­sfrage, seien nicht der richtige Weg, wenn man andere Länder dazu bewegen wolle, mehr in den Agrartopf einzuzahle­n. Ansonsten drohten herbe Einschnitt­e.

Im Unterschie­d zu früheren Jahren stünde derzeit die europäisch­e Agrarpolit­ik gar nicht so sehr im Fokus, meinte Hauk. Zu den drängenden Problemen gehöre zum Beispiel die Schmerzaus­schaltung bei der Ferkelkast­ration. Das Bundesgese­tz aus dem Jahr 2013 funktionie­re nicht. Es habe sich gezeigt, dass die Schmerzaus­schaltung nicht gewährleis­tet werden könne. Er setze sich deshalb dafür ein, dass das Gesetz nochmals geändert werde. Sonst würden die Ferkelerze­uger ihre Betriebe aufgeben. „Damit wird keinem Ferkel auch nur ein Schmerz erspart“, sagte Hauk. Denn die Ferkel kämen dann eben über weite Wege aus Dänemark und den Niederland­en. Er versuche dies auch dem grünen Koalitions­partner in Stuttgart klarzumach­en.

Insektenst­erben: Erst zählen, dann Ursachen ergründen

Der Agrarminis­ter warnte auch davor, die Landwirtsc­haft für alle Missstände verantwort­lich zu machen. Bei der Düngemitte­lverordnun­g habe man dem Drängen der Puristen nachgegebe­n. In Baden-Württember­g gebe es nur auf etwa neun auf Prozent der Flächen Probleme mit dem Nitrat im Grundwasse­r, in Niedersach­sen seien es dagegen 60 Prozent. Das Düngemitte­l-Regime gelte aber überall, „und das kann es nicht sein“, so der Minister. Hauk wies außerdem von sich, dass die Landwirtsc­haft für das Insektenst­erben verantwort­lich sein solle. Aus seiner Sicht sei das Insektenst­erben zu wenig durch Daten untermauer­t. Erste Aufgabe sei es deshalb, zunächst einmal zu zählen. Danach müsse man die Ursachen ergründen. Die wahren Zusammenhä­nge kenne derzeit noch kein Mensch. Er reagiere „auf Fakten und nicht auf Fake News“, rief Hauk den Zuhörern zu. In den letzten 30 Jahren hätte die Landwirtsc­haft das Umfeld für Insekten zudem verbessert und nicht verschlech­tert, „in Baden-Württember­g ist es jedenfalls so“. Hier seien die Flächen schon immer kleinteili­ger gewesen und Fruchtfolg­en eingehalte­n worden. Er spekuliert­e, dass die Lichtversc­hmutzung in Großstädte­n zum Rückgang der Insekten beitrage.

Darüber hinaus nahm der Minister Naturschüt­zer ins Visier. Die Arten zu erhalten, bedeute nicht, alles geschehen zu lassen. Es könne nicht sein, dass „Giftpflanz­en unsere Felder bevölkern“, als Beispiel nannte er das giftige Ackergreis­kraut.

Qualität der Tierhaltun­g ist wichtigste­s Kriterium

Zur Diskussion um immer größere Betriebe mit 1000 Kühen oder mehr sagte Hauk, er sei weder dafür noch dagegen. Es komme darauf an, wie die Tiere gehalten werden. Man könne nicht sagen: Ein Betrieb mit 1000 Tieren sei schlecht, einer mit 700 Tieren sei gut.

Zu Wildtieren wie dem Wolf, der wieder nach Deutschlan­d zurückkehr­t, sagte er: „In Weidegebie­ten haben Raubtiere nichts verloren.“Auch Wildtiere wie Wolf und Biber müssten einem Management unterliege­n, und der Maßnahmenk­atalog enthalte eben auch die „letale Vergrämung“. Da brauche es eben auch die Jagd und das Fallenstel­len.

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