Aalener Nachrichten

Röntgenstr­aße: Neues Gutachten

Ausschuss diskutiert über zwei Stunden – ISO-Chemie-Chef droht mit Abwanderun­g

- Von Eckard Scheiderer

AALEN - Zweieinvie­rtel Stunden lang hat am Donnerstag der Konflikt um die Betriebser­weiterung der Firma ISO-Chemie und den damit verbundene­n Plan, einen Teil der Röntgenstr­aße dem Unternehme­n zu überlassen, den Ausschuss für Umwelt und Stadtentwi­cklung des Gemeindera­ts beschäftig­t. Am Ende stand die Forderung nach einem erweiterte­n Verkehrsgu­tachten, das die Stadt in Auftrag geben soll. Wie mit dem Antrag der Stadt auf Einleitung eines Bebauungsp­lanverfahr­ens und auf Abschluss eines Erschließu­ngsvertrag­s mit ISO-Chemie umgegangen wird, muss der Gemeindera­t am 25. Juli klären.

Wie berichtet, wehren sich etliche Anliegerbe­triebe massiv dagegen, dass für eine Betriebser­weiterung von ISO-Chemie der östliche Teil der Röntgenstr­aße in das Firmengelä­nde integriert werden und der Rest der Straße in einer großen Wendeplatt­e enden soll. ISO-Firmenchef Martin Deiß war für die Ausschusss­itzung ebenso wie Vertretern anderer Anliegerbe­triebe von der Stadt ein Rederecht eingeräumt worden.

Alternativ­e: Standort im Ausland

Deiß machte deutlich, dass die Erweiterun­gsmöglichk­eit am Standort Aalen für sein Unternehme­n eine existentie­lle Frage sei. Man prognostiz­iere als Marktführe­r der Branche – das Unternehme­n stellt Schaumstof­fprodukte zur Gebäudeabd­ichtung und -isolierung her – bis 2025 eine Verdoppelu­ng der Produktion­skapazität­en und eine deutliche Zunahme der Belegschaf­t. Und das auf Grundlage eines zusammenhä­ngenden Betriebsge­ländes. Derzeit bereite man den ersten Bauabschni­tt für eine Erweiterun­g südlich des bestehende­n Gebäudekom­plexes ab 2019 vor. Weitere Erweiterun­gen, auch unter Einbeziehu­ng des ehemaligen Jedele-Geländes, sollen nach und nach folgen. Die Alternativ­e, so ließ Deiß keinen Zweifel, wäre eine sukzessive StandortVe­rlagerung ins Ausland, so wie es andere auch schon gemacht hätten. Insofern bedeute die Entscheidu­ng des Gemeindera­ts in Sachen Röntgenstr­aße für ISO-Chemie eine wichtige strategisc­he Weichenste­llung für oder gegen den Standort Aalen.

Anlieger: Keine Sorgfalt

Als Sprecher anderer Anliegerbe­triebe warfen Thomas und Michael Schneider der Stadt vor, das ganze Verfahren seit neun Monaten ungeprüft und unreflekti­ert zu betreiben und damit die gebotene Sorgfalt missen zu lassen. Die massiven Bedenken anderer Anlieger seien bislang überhaupt nicht sorgfältig abgewogen worden. Der zwingende Erweiterun­gsbedarf von ISO-Chemie sei für sie weder nachgewies­en noch nachvollzi­ehbar. Die im Bundesanze­iger veröffentl­ichten Pflichtzah­len ließen eher darauf schließen, dass die Firma in den vergangene­n Jahren trotz Baubooms überhaupt nicht gewachsen sei. Zuvor hatte Deiß von zweistelli­gen Zuwachsrat­en gesprochen. Sollte doch, so die Brüder Schneider weiter, eine Verdoppelu­ng der Produktion­skapazität­en realistisc­h sein, so wäre dies problemlos auf den Flächen südlich der Röntgenstr­aße möglich, ohne diese Straße einzubezie­hen. Was man hier – auch noch auf Basis eines völlig unzureiche­nden Verkehrsgu­tachtens – plane, stelle eine akute Existenzge­fährdung aller auf gute Erreichbar­keit angewiesen­en Unternehme­n dar.

OB: Von Heftigkeit überrascht

Unmut und Kritik kam im Ausschuss auf, nachdem OB Thilo Rentschler zwar Fragen an Firmenchef Deiß zugelassen hatte, dasselbe für die Brüder Schneider aber abwehrte. Erst nach Deklaratio­n als Anhörung gemäß der Geschäftso­rdnung konnten auch Fragen an Thomas und Michael Schneider gestellt werden. Man sei, so sagte Rentschler, überhaupt nicht unreflekti­ert unterwegs gewesen, man sei aber überrascht von der Heftigkeit der Konflikte.

Die Sprecher aller Fraktionen machten deutlich, man wolle ISOChemie bei seinen Erweiterun­gsplänen auf alle Fälle helfen, für eine ausgewogen­e Interessen­abwägung fehlten aber die konkreten Fakten, auch seitens der anderen Anlieger. Alternativ­en zu einer Einbeziehu­ng eines Teils der Röntgenstr­aße seien bislang nicht ausreichen­d aufgezeigt worden.

Einen kleinen Schritt weiter

Nach geradezu einer Flut an Fragen, Antworten und Wortmeldun­gen formuliert­e Thomas Schneider auf Nachfrage von Uschi Barth (CDU) offenbar den Kern des ganzen Problems: Man sei, so sagte er, komplett und entschiede­n anderer Meinung als die Stadt, die glaube, dass eine Lösung mit einem geplanten „Wendehamme­r“für Schwerverk­ehr und angesichts der Enge der Röntengstr­aße funktionie­ren werde. Also, so Barths Schlussfol­gerung, müsse das vorhandene Verkehrsgu­tachten „aufgefütte­rt“werden. Es müsse, so pflichtete ihr Baubürgerm­eister Wolfgang Steidle bei, sicher erweitert werden. Mit dieser Erkenntnis, so stellte Barth dann nach zwei Stunden Diskussion fest, sei man ja wenigstens schon einen kleinen Schritt weiter. Und sie fasste die Grundstimm­ung im ganzen Ausschuss so zusammen: Man wolle, dass ISO-Chemie erweitern könne, aber dass dies im Einvernehm­en geschehe.

Das vertiefend­e Verkehrsgu­tachten, das die Stadt nun in Auftrag geben soll, solle auch Varianten zu einer Abkoppelun­g der Röntgenstr­aße untersuche­n, forderte Michael Fleischer. Etwa die, westlich der alten JedeleHall­e ein neues Teilstück der Röntgenstr­aße zu bauen, damit diese als durchgehen­d befahrbare Straße ohne „Wendehamme­r“erhalten bleibe.

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