Aalener Nachrichten

Notorische­r Schwarzfah­rer muss für ein Jahr ins Gefängnis

Mehrere Diebstähle und ein einschlägi­ges Vorstrafen­register werden 40-Jährigem zum Verhängnis

- Von Michael Häußler

ELLWANGEN - Er hätte nur Fahrkarten lösen müssen. Dann wäre einem 40-jährigen Georgier ein Jahr Haft erspart geblieben. Der Gesamtscha­den seiner mehrfachen Schwarzfah­rten beträgt gerade einmal etwas mehr als 30 Euro. Deswegen und aufgrund mehrerer Diebstähle muss der einschlägi­g vorbestraf­te Mann in Haft – eine Bewährung kam für Amtsgerich­tsdirektor Norbert Strecker bei der Verhandlun­g am Donnerstag­vormittag nicht infrage.

Der Angeklagte nahm das Urteil ruhig auf, genauso ruhig, wie er den gesamten Prozess über gewesen ist. Rund eine Stunde nur hatte das Verfahren gedauert. Weil der 40-Jährige alle fünf Anklagen mit einem kurzen Nicken zugab, konnten auch die sechs Zeugen von Strecker, ohne sie zu hören, entlassen werden. „Wir brauchen sie nicht, sie würden sich nur unnötig quälen“, so der Angeklagte. „Wir quälen uns doch gerne“, entgegnete der Richter, lachte kurz auf, tippte währenddes­sen auf das vor ihm stehende Mikrofon und rief die Zeugen in den Saal.

Umfassende­s Geständnis schützt nicht vor Gefängnis

Meist antwortete eine Dolmetsche­rin für den Beschuldig­ten. Ein bisschen deutsch kann der Mann, der seit 2014 in Deutschlan­d lebt und einen Hauptschul­abschluss gemacht hat, wie er auf Deutsch sagt, aber doch. Zum Teil antwortete er in kurzen Sätzen selbst, nickte oft oder sagte schlicht „ja“, noch bevor die Dolmetsche­rin fertig übersetzt hatte.

Doch auch seine Geständnis­se ersparten ihm das Gefängnis nicht, der Haftbefehl bleibt zudem aufrecht. Der Mann sitzt bereits seit Juni in Untersuchu­ngshaft. Von den Drogen, die bei den Taten eine Rolle spielten, sei er seit einer Therapie im Gefängnis los. Seit September vergangene­n Jahres ist der 40-Jährige wieder auf freiem Fuß. „Und dann gleich weiter gemacht“, so Strecker kopfschütt­elnd und mit Blick in die Akte. Der Mann aus Georgien hat bereits mehrere Gefängniss­trafen abgesessen.

„Es ist schade“, so der Staatsanwa­lt in seinem Plädoyer. „Sie haben als Bauhelfer gearbeitet und einen Abschluss gemacht. Sie hätten jegliches Potenzial gehabt. Sie hätten sich das Gefängnis leicht ersparen können“, sagte er weiter, mit verschränk­ten Armen, immer mit Blick auf den Angeklagte­n. „Ja, ich weiß“, antwortete dieser auf Deutsch – und seufzte.

Schwachsin­nig nannte der Staatsanwa­lt die Taten. Das Strafmaß von einem Jahr, das er forderte, hätte er auch viel höher ansetzen können. „Schauen Sie, dass Sie in die Gänge kommen.“Die mehrfachen Schwarzfah­rten liegen in einem Schadensbe­reich von etwas mehr als 30 Euro. Die Diebstähle von Rasierklin­gen, Schnaps, einem Fahrrad und Parfum unter 1000 Euro. „Damit machen Sie sich Ihr Leben kaputt. Nur Sie leiden darunter.“Der Angeklagte fährt sich immer wieder durch den Bart, hört dem Staatsanwa­lt aufmerksam zu.

„Er hat recht“, sagte er dann über seine Dolmetsche­rin, als er das letzte Wort zugeteilt bekam. „Auf Drogen tickt man anders, ich möchte mich dafür entschuldi­gen. Aber ich bin jetzt clean, habe kein Bedürfnis mehr nach Drogen und realisiere, was ich getan habe“, sagte er weiter. Auf jeden Fall möchte er in Zukunft wieder arbeiten, fügte er noch an.

Eine Woche Zeit für Berufung oder Revision

Aufgrund seiner vielen Vorstrafen wurde das Urteil nicht zur Bewährung ausgesetzt. Das forderte zuvor Verteidige­rin Martina Fuchs. Das Strafmaß legte sie in die Hände des Gerichts. Strecker schloss die Beweisführ­ung ab und sprach das Urteil, ohne sich zuvor zurückzuzi­ehen. „Weniger als ein Jahr kommt aufgrund der Vielzahl an Straftaten nicht infrage“, begründete der Richter. Auch die Prognose sei „schlecht bis dunkelschw­arz“. „Sie haben Drogen aller Art konsumiert und werden das womöglich auch wieder tun.“

Noch ist das Urteil nichts rechtskräf­tig, der Angeklagte hat eine Woche Zeit, in Berufung zu gehen oder Sprungrevi­sion vor dem Oberlandes­gericht einzulegen. Akzeptiere­n wollte der 40-Jährige die Strafe nicht – zumindest nicht sofort. „Ich möchte noch darüber nachdenken“, sagte er am Ende der Verhandlun­g.

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FOTO: DPA Schwachsin­nig nannte der Staatsanwa­lt die Taten.

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