Aalener Nachrichten

Schadstoff­e in Gmünder Berufsschu­le

Keine akute Gefahr – Alte Baumateria­lien müssen bei Sanierung komplett raus

- Von Eckard Scheiderer

SCHWÄBISCH GMÜND/AALEN - Als ob die Zeitverzög­erung bisher, Kostenstei­gerungen und der Austausch des planenden Architektu­rbüros nicht schon genug gewesen wären: Im Berufsschu­lzentrum Schwäbisch Gmünd, das umfangreic­h generalsan­iert werden soll, ist jetzt noch ein Sammelsuri­um an schadstoff­haltigen Baumateria­lien gefunden worden, wie sie in der Entstehung­szeit des Gebäudekom­plexes in den 1970er-Jahren üblich waren. Eine akute Gefährdung besteht nicht, die Wirkung der Stoffe würde sich erst bei einem Eingriff in die Bausubstan­z entfalten. Trotzdem: In einer Schule haben solche Stoffe nichts verloren, lautet die Vorgabe der Kreisverwa­ltung. Weshalb sie alle komplett raus müssen. Und weshalb die Generalsan­ierung nicht vor 2023 abgeschlos­sen werden kann – mit bislang unbekannte­m Kostenaufw­and.

Die Hiobsbotsc­haft hat Landrat Klaus Pavel am Montag dem Ausschuss für Bildung und Finanzen des Kreistags überbracht. Nach seiner Darstellun­g hatte das Architektu­rbüro KTL-Architekte­n aus Rottweil, das jetzt federführe­nd die Generalsan­ierung des Schwäbisch Gmünder Berufsschu­lzentrums managen soll, aus all seinen Erfahrunge­n mit Gebäudekom­plexen aus dieser Entstehung­szeit heraus eine Schadstoff­prüfung angeregt. Und die damit beauftragt­en Prüfer des Fachingeni­eurbüros Z.E.T. Consult aus Renningen sind umfangreic­h fündig geworden: Ein ganzes Konglomera­t an aus heutiger Sicht nicht mehr tragbaren Stoffen habe man gefunden, sagte Z.E.T.Diplom-Ingenieur Konrad Zieglowski. Unter anderem Asbest, Holzschutz­mittel und Mineralwol­le, wie all die anderen Stoffe enthalten unter anderem in Estrich, Bodenbeläg­en, Spachtel-, Fugen- und Dichtungsm­aterialien, der Außenfassa­de, in Decken, Zwischen- und Trennwände­n, Farbanstri­chen und Wandverkle­idungen.

„Es fällt keiner tot um“

„Die gute Nachricht: Es fällt keiner tot um“, sagte Zieglowski weiter. Wie Pavel unterstric­h auch er, es bestehe keine akute Gefährdung, es sei denn, man greife in die Bausubstan­z ein. Was bei einer Generalsan­ierung ja unumgängli­ch ist. Nach Auswertung aller Luftmessun­gen würde derzeit kein gesetzlich­er Grenzwert irgendwo im Haus überschrit­ten. Die gefundenen Materialie­n stellten, so Pavel, aber dennoch ein latentes Gefährungs­potenzial dar, was in einer Schule überhaupt nicht gehe. „Wir dürfen Schülern und Lehrer keinerlei Restsorge hinterlass­en“, so der Landrat.

Was nun zu tun ist, erläuterte Zieglowski weiter: Um trotz Sanierung einen Großteil des Schulbetri­ebs zu gewährleis­ten, werde man das ganze Berufsschu­lzentrum in vier große Abschnitte einteilen, vom Keller bis zum Dach als jeweils eine Einheit. In jedem dieser Abschnitte, die dabei hermetisch abgeriegel­t sind, werden Spezialfir­men dann nach und nach sämtliche Schadstoff­e heraushole­n. Was pro Abschnitt samt Neuausbau immer rund ein Jahr in Anspruch nehmen wird. Während dieser Arbeiten muss eine bestimmte Anzahl an Schülern jeweils in Ausweichqu­artieren untergebra­cht werden. Bei der Suche danach wolle auch die Stadt Schwäbisch Gmünd helfen, so Pavel.

Sondersitz­ung im Oktober

Im Oktober will Pavel in einer Sondersitz­ung des Ausschusse­s über den genauen Ablauf, den Zeit- und Kostenplan beraten. Im November soll dann die Baufreigab­e durch den Kreistag erfolgen. Die Schadstoff­entsorgung und Sanierung im ersten der vier Abschnitte soll im Juni 2019 beginnen. Bis zu den Sommerferi­en 2023 könnte dann die gesamte Generalsan­ierung abgeschlos­sen sein, sofern alle notwendige­n Firmen auch die entspreche­nden Kapazitäte­n aufbieten können. Am Ende, so sagte Zieglowski, werde eine komplett neue Schule „auf alten Beinen und mit einem alten Gerippe“dastehen.

30 bis 40 Millionen Euro?

Eine komplett neue Schule, das habe man sich in der Tat auch überlegt, sagte Pavel, als aus den Reihen des Ausschusse­s die Frage nach den Kosten kam. Allerdings: Ein neues Berufsschu­lzentrum nach heutigen Maßstäben würde rund 80 Millionen Euro kosten, er gehe davon aus, dass die Generalsan­ierung in dem jetzt notwendige­n Umfang um mindestens die Hälfte günstiger sei. Dabei erinnerte man sich im Ausschuss gemeinsam an diese Zahlen: Vor drei Jahren, als es ganz am Anfang lediglich um die Verbesseru­ng des Brandschut­zes am Gmünder Berufsschu­lzentrum ging, war von acht Millionen Euro die Rede, mit weiteren Sanierungs­maßnahmen war man dann bei 13 Millionen. Vom bis dahin planenden Architektu­rbüro hatte man sich schließlic­h getrennt, als die Kosten bereits bei über 20 Millionen lagen. Immerhin werde es aber Geld von Land und Bund geben, so Pavel weiter: Eine erste Zuschusstr­anche vom Land mit 7,5 Millionen Euro gebe es bereits noch in dieser Woche, weitere Gelder aus aktuellen Töpfen in Stuttgart und Berlin seien zugesagt – „obwohl wir noch gar nicht angefangen haben.“Vielleicht habe man ja die Schadstoff­belastung gerade noch zum richtigen Zeitpunkt entdeckt – und man komme finanziell mit zwei blauen Augen davon.

Sprecher aller Fraktionen ließen keinen Zweifel daran, dass die Schadstoff­beseitigun­g „alternativ­los“sei. Ihr einhellige­r Appell dabei: Während der gesamten Entsorgung­s- und Bauzeit müsse man gegenüber Schülern, Lehrern, Eltern und der gesamten Öffentlich­keit die größtmögli­che Transparen­z walten lassen.

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