Stadt verstößt gegen Datenschutz
Sie gibt Einwendungen gegen Palm-Neubau ohne Einverständnis der Unterzeichner weiter
AALEN-UNTERKOCHEN - Im Umgang mit der Unterschriftenliste der Bürgerinitiative (BI) Pro-Uko gegen den Neubau der Papierfabrik Palm in der geplanten Form ist der Stadt Aalen eine Panne beim Datenschutz unterlaufen. Sie hat die Liste, die auch Teil der Einwendungen im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens ist, mit personenbezogenen Daten ohne ausdrückliches Einverständnis der betroffenen Bürger an die Firma Palm und deren Planungsbüro weitergeleitet. Oberbürgermeister Thilo Rentschler hat den Fehler am Dienstag eingeräumt und bedauert. Zuvor hatte die BI in einer E-Mail, unter anderem auch an die „Aalener Nachrichten“, der Stadt einen Verstoß gegen den Datenschutz vorgeworfen.
Stadt gibt Fehler zu
Was war passiert? Die „Aalener Nachrichten“hatten in ihrer Ausgabe vom vergangenen Samstag, 14. Juli, Firmenchef Wolfgang Palm mit der Aussage wiedergegeben, von den 250 Unterschriften, welche die BI bislang gegen den Firmenneubau gesammelt habe, seien keine 200 aus Unterkochen, der Rest komme aus Nachbarstädten und -gemeinden. Für die BI liege damit, wie sie in ihrer E-Mail wissen lies, aus Sicht der Unterzeichner „ein eindeutiger Verstoß gegen geltendes Recht, vor allem in Hinsicht auf die aktuelle Daten- schutzverordnung“, vor. Ebenso bestehe dadurch begründeter Verdacht, dass es „Verflechtungen“von Palm „in die Stadtverwaltung und eventuell zu den politischen Entscheidungsträgern der Stadt oder der Stadtverwaltung“gebe. Die Aussage von Palm lasse somit den Schluss zu, dass die Stadt ihm die Liste mit Namen und Adressen zur Analyse übergeben haben müsse.
Die Stadt Aalen hat am Dienstag auf die Vorwürfe der BI reagiert und erklärt, ihr sei beim Bearbeiten der Anmerkungen von Bürgern innerhalb der Auslegungsfrist beim Bebauungsplanverfahren zur Erweiterung der Papierfabrik Palm ein Fehler unterlaufen. Es seien personenbezogene Daten von Bürgern ohne deren ausdrückliches Einverständnis an die Firma Palm und deren Planungsbüro weitergeleitet worden.
OB: Wir bedauern das sehr
„Das ist ein eindeutiger Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung, und wir bedauern diesen Verstoß sehr“, sagte OB Rentschler. Das Rechtsamt der Stadt habe bereits Kontakt mit dem Landesdatenschutzbeauftragten aufgenommen.
Rentschler machte aber auch deutlich, dass das Bebauungsplanverfahren in enger Abstimmung mit dem Bauherrn, also der Firma Palm, erfolge. Daher seien auch alle eingegangenen und inhaltlich relevanten Stellungnahmen mit diesem zu erör- tern. Für die inhaltliche Wertung der Stellungnahmen sei selbstverständlich die persönliche Betroffenheit entscheidend. Daher, so Rentschler, sei es wichtig, den Wohnsitz des jeweiligen Einwenders zu erkennen.
Es hat der Hinweis gefehlt
„Dass uns bei diesem formalen Vorgang ein Verstoß gegen den Datenschutz unterlaufen ist, ist ein bedauerlicher Fehler“, so der OB weiter. In der öffentlichen Bekanntmachung zur Auslage des Bebauungsplans habe leider der Hinweis gefehlt, dass personenbezogene Daten im Verfahren verarbeitet würden. Rentschler geht davon aus, dass die Stadt wegen des Fehlers nun vom Landesdatenschutzbeauftragten eine Ermahnung erhalten werde, aber wohl keine weiteren rechtlichen Konsequenzen fürchten müsse. Die BI Pro-Uko hatte in ihrer E-Mail angekündigt, rechtliche Schritte gegen die Stadt prüfen zu lassen.
Aalens Bau- und Erster Bürgermeister Wolfgang Steidle machte am Dienstag darauf aufmerksam, dass es sich bei einer Bauleitplanung grundsätzlich um ein öffentliches Verfahren handle. Alle eingegangenen Stellungnahmen würden im Rahmen einer öffentlichen Sitzungsvorlage für den Gemeinderat in anonymisierter Form der Allgemeinheit zugänglich gemacht. Rentschler und Steidle unterstrichen zudem, ein vorhabenbezogenes Bebauungsplanverfahren mit dem Ziel des Neubaus einer komplett neuen Papierfabrik sei ein sehr komplexes und aufwendiges Verfahren. Neben der Stadt Aalen seien daran auch das Landratsamt und das Regierungspräsidium als Aufsichtsbehörden und wegen der wasser- und emmissionschutzrechtlichen Details beteiligt.
Gespräch am 1. August
Am 1. August, so kündigte Rentschler an, werde es ein Gespräch mit Vertretern der BI Pro-Uko, der Firmenleitung von Palm, mit Landrat Klaus Pavel und mit Vertretern der Stadt geben, bei dem nochmals die Standpunkte aller Beteiligten ausgetauscht werden sollen. „Innerhalb der Stadtverwaltung wurde bereits vor Monaten eine ämterübergreifende Task-Force gebildet, um alle Sachverhalte bezüglich dieses außergewöhnlichen Bebauungsplanverfahrens zu bewerten“, sagte Rentschler.