Der Hauptermittler hat das Wort im Landgericht
Zweiter Tag im Prozess wegen bandenmäßigen Drogenhandels
AALEN/ELLWANGEN - Am zweiten Tag der Hauptverhandlung wegen bandenmäßigen Drogenhandels im Ellwanger Landgericht (wir berichteten) hat Gerhard Ilg, Vorsitzender Richter der Ersten Großen Strafkammer, keinen Zweifel daran gelassen, wer das Sagen hat, wenn es um die Reihenfolge der Zeugenaussagen geht. Wie vorgesehen, wurde als erster Zeuge Werner Guth gehört. Der 55-jährige Kriminalhauptkommissar gehört zur Ellwanger Rauschgiftermittlungsgruppe und ist Hauptermittler des Verfahrens.
Drei Verteidiger hatten beantragt, Guth später zu hören. Sonst werde die Beweisaufnahme vorweggenommen. Die Kammer lehnte den Antrag ab. Ilg begründete das mit der komplexen Anklage. Man müsse zunächst einen Überblick über die Ermittlungen gewinnen und erfahren, wie die Polizei auf die fünf Angeklagten aufmerksam geworden sei: „Das verstößt nicht gegen das Gebot der unmittelbaren Beweisaufnahme und dient nicht nur der gebotenen Beschleunigung des Verfahrens, sondern auch der Aufklärung und Wahrheitsfindung“, so Ilg. Werner Guth werde nach den Aussagen anderer Zeugen nochmals gehört. Die Verteidiger könnten jederzeit ergänzende Anträge zur Beweisaufnahme stellen, nicht jedoch zu ihrer zeitlichen Abfolge: „Das ist Sache des Vorsitzenden.“
Telefonüberwachung und GPS-Sender am Auto
Guth hatte die Ergebnisse der von der Staatsanwaltschaft genehmigten, verdeckten Observation akribisch ausgewertet. Begonnen habe sie am 24. November 2017 mit telefonischer Überwachung und Anbringen eines GPS-Senders am Auto eines der beiden Hauptangeklagten. Weitere Überwachungen hätten sich daraus ergeben bis zur Festnahme der fünf am 6. Februar 2018.
Die Ermittlungen seien äußerst umfangreich gewesen. Ein Rädelsführer habe pro Tag 70 bis 100 telefonische Kontakte gehabt. Treffpunkte der Drogendealer seien Cafés in Aalen und Nürtingen gewesen. Es gebe keine Hinweise, dass sie selbst Rauschgift konsumierten. Niemand habe am Telefon Begriffe wie Marihuana und Kokain in den Mund genommen. Stattdessen habe man von „Kilometern“gesprochen: „Doch der Gesprächsinhalt machte klar, dass es sich nicht um Kilometer handeln konnte“, so Guth. Marihuana sei überwiegend aus Seligenstadt angeliefert worden. Das Kokain stamme aus verschiedenen Quellen, unter anderem aus Braunschweig.
Verhandlung beginnt mit Verspätung
Dass ein Dolmetscher die Auswahl traf, welche der aufgezeichneten Gespräche für die Ermittlung relevant seien und welche nicht, liegt bei drei Angeklagten aus Südosteuropa in der Natur der Sache, erregte aber den Unmut der Verteidiger. Sollte ein Sprachsachverständiger hinzugezogen werden, „sehen wir uns 2019 wieder“, so Ilg.
Die Verhandlung hatte verspätet begonnen wegen der „nicht unproblematischen Verkehrsverhältnisse“, so Ilg. Damit kämpfen sowohl die Verteidiger als auch die Justiz, die die Angeklagten aus fünf verschiedenen Haftanstalten ins Landgericht bringen und sie auch in den Pausen überwachen muss, weil es in Ellwangen kein Gefängnis mehr gibt. Weil der älteste Angeklagte Diabetiker ist, musste für ihn ein blutzuckersenkendes Medikament aus der Apotheke geholt werden.
Die Verhandlung wird am heutigen Freitag um neun Uhr fortgesetzt.