Viele Radler kratzt das Verbot nicht
In der Fußgängerzone heißt es, absteigen und schieben: Das lässt allerdings viele Zweiradfahrer völlig kalt
AALEN - Die Fußgängerzone ist für Fahrradfahrer tabu. Doch an das Verbot halten sich viele nicht. Ganz zum Ärger von Passanten, denen vor allem diejenigen Radler ein Dorn im Auge sind, die rücksichtslos durch die Gassen brettern und auf die Bitte abzusteigen, unflätig reagieren – verbal oder mit Gesten. Auch am Donnerstagmittag sind jede Menge Radfahrer unterwegs. Manche von ihnen schieben ihr Gefährt, die meisten muss Osman Altinkalem vom Ordnungsamt der Stadt Aalen allerdings ins Gebet nehmen.
Fälle, in denen Radfahrer alte Menschen oder Kinder in der Fußgängerzone gefährdet haben, gibt es auch in Aalen. Citymanager Reinhard Skusa erinnert sich etwa an einen Fall, bei dem ein Mitte 50-Jähriger ein Kind angefahren habe. Das allein sei schlimm genug gewesen. „Noch schlimmer war allerdings die Reaktion des Radlers, der sich mit den Worten ,Da kann ich jetzt auch nichts mehr machen’ einfach von dannen gemacht habe“, sagt Skusa. Er ärgert sich regelmäßig über Radfahrer, die mit hoher Geschwindigkeit durch den für Passanten vorgesehenen Wohlfühlbereich rasen.
Blöde Kommentare von uneinsichtigen Radlern
Negative Erfahrungen mit Radfahrern haben auch Isabella und Maria Fricano aus Aalen gemacht. Ihrer Ansicht nach sollte das Radfahren in der Fußgängerzone stärker reglementiert werden. Regelmäßig erlebten es die beiden beim Flanieren, dass Radfahrer von hinten anrauschen und man erschrecke. Diese aufzufordern, abzusteigen, „traue ich mich nicht“, sagt Isabella Fricano. Solche Menschen zeigten ohnehin kein Einsehen. Dies bewiesen allein Kommentare wie „Geh halt zur Seite“, die Maria Fricano bereits zu hören bekommen habe.
Solche Rowdys sind beim Rundgang mit dem Ordnungsamt am Donnerstagmittag keine unterwegs. Dafür jede Menge Zeitgenossen, die es nicht für nötig halten, ihr Gefährt zu schieben. Selbst wenn sie „nur“per Schrittgeschwindigkeit durch die Fußgängerzone fahren, ist das nicht erlaubt.
„Stopp.“Am Marktbrunnen hält Osman Altinkalem, der seit acht Jahren beim Ordnungsamt der Stadt Aalen beschäftigt ist, die ersten Radfahrer an. Darunter einen jungen Mann, dem es allerdings nicht bewusst gewesen sei, dass er sein Rad schieben muss. Unwissenheit gibt auch ein Ehepaar aus Bad Neustadt vor, das auf seiner Urlaubsradtour Station in Aalen macht. „Das Schild Fußgängerzone haben wir nicht gesehen“, sagt die Frau, die namentlich nicht genannt werden möchte. Ein schlechtes Gewissen muss das Ehepaar allerdings schon gehabt haben. Ansonsten hätte die Frau beim Anblick von Altinkalem ihrem Ehemann nicht per Handzeichen zu verstehen gegeben, schleunigst vom Rad zu steigen.
Dass die Aalener Fußgängerzone für Radfahrer tabu ist, sei ungewöhnlich. In vielen Städten, in denen das Ehepaar auf seiner Tour bereits gewesen ist, sei das Durchfahren erlaubt. Die sei ja auch im Sinne des Tourismus’, sagt der Urlauber aus Bad Neustadt. Wie viel er am Donnerstagmittag für sein „Vergehen“hätte zahlen müssen, hätte Altinkalem nicht beide Augen zugedrückt, wisse er nicht.
Die jeweiligen Bußgelder kennt Altinkalem aus dem Effeff. Fahren in der Fußgängerzone kostet 15 Euro, bei einer Behinderung 20 Euro, bei einer Gefährdung 25 Euro und wenn es zu einem Unfall kommt 30 Euro. „Allerdings vertreten wir die Haltung, bürgerfreundlich zu sein.“Wer langsam durch die Fußgängerzone fährt, werde von den Mitarbeitern des Ordnungsamtes auf das Verbot hingewiesen und belehrt. „Die Personalien nehmen wir nur bei solchen Menschen auf, die sich uneinsichtig zeigen, nach dem Verweis ein zweites Mal ertappt werden, pöbeln oder andere gefährden“, sagt der 53-Jährige. Diese müssten dann auch mit einem Bußgeld rechnen. „Kein Fass machen wir natürlich bei Kindern auf “, sagt Altinkalem und hält prompt einen kleinen Jungen am Marktbrunnen an. „Weißt du, dass man hier nicht Radfahren darf?“, fragt er den verunsicherten Buben, der den Kopf schüttelt. „Jetzt weißt du es aber und vergisst es nicht. Denn das kostet Geld“, sagt Altinkalem. Der Junge gelobt Besserung und steigt vom Rad.
Dass sich Kinder an bestimmte Verhaltensregeln nicht halten, sei nicht verwunderlich. Immerhin lebten einige Eltern ihren Sprösslingen vor, dass es völlig in Ordnung ist, durch die Fußgängerzone zu fahren. Vom Verbot unberührt ist auch eine Mutter, die mit ihren Kindern am Donnerstagmittag hier durchradelt und sich selbst durch die Präsenz von Altinkalem nicht davon abschrecken lässt, weiterzufahren.
Vor allem in der Mittelbachstraße geht es hoch her
In der Fußgängerzone gebe es zwei Hauptachsen, die besonders stark von Radfahrern frequentiert würden, sagt Altinkalem. Neben der Mittelbachstraße sei dies die Reichsstädter Straße vorbei am BB und der Stadtkirche. Etliche Radfahrer nutzten auch die Beinstraße. Viel los sei vor allem gegen Abend, sagt der 53-Jährige. Ausreden wie „Ich hatte es eilig und wollte nicht die Fußgängerzone umfahren“oder „Es ist doch nicht viel los“höre er oft.
Es gibt aber auch Radfahrer, die sich an die Regeln halten. Dazu gehören Thomas Freibler und Anja Blesch aus Aalen. Selbst oft als Passanten in der Innenstadt unterwegs, schieben sie ihr Rad, weil sie wüssten, wie nervig es ist, wenn von hinten ein Radfahrer angefahren kommt. Ihrer Ansicht nach sollte die Fußgängerzone nicht für Radfahrer geöffnet werden. Besonders weil dadurch auch unvernünftigen und rücksichtslosen Radfahrern Tür und Tor geöffnet werde.
Auch für Martin Dannenmann, Inhaber des gleichnamigen Cafés und des Rambazambas, haben in einer Innenstadt Fußgänger Vorrang. Vor allem an Wochenmarkttagen, wenn auch die Außengastronomie gut belegt sei, sollten Radfahrer Rücksicht nehmen. Negative Erfahrungen, dass Radler seine Bestuhlung umgefahren haben und Gäste deshalb verärgert waren, habe er noch nicht gemacht. Trotzdem sollte die Fußgängerzone Passanten vorbehalten bleiben.