Aalener Nachrichten

Erste Flüchtling­e haben Ticket für eine Ausbildung

Premiere: Europäisch­e Ausbildung­s- und Transferak­ademie führt Kursteilne­hmer bis zum Hauptschul­abschluss

- Von Sylvia Möcklin EATA

ELLWANGEN - Eine Premiere hat es in der Europäisch­en Ausbildung­sund Transferak­ademie (EATA) gegeben: Zum ersten Mal haben junge Flüchtling­e dort nach einem Vorqualifi­zierungsja­hr für Arbeit und Beruf (VAB) ihre Abschlussz­eugnisse entgegenge­nommen. Anlass für eine festliche Stunde auch für die Beteiligte­n des Kolping-Bildungswe­rks, der Stadt Ellwangen und des Landratsam­ts, die in den ersten acht Absolvente­n „die Blaupause für die Zukunft der EATA“sehen, wie Bürgermeis­ter Volker Grab sagte.

Glück und Stolz standen den jungen Menschen aus Eritrea, Afghanista­n und der Elfenbeink­üste ins Gesicht geschriebe­n, als Schulleite­rin Kerstin Westerfeld einem jeden das Zeugnis überreicht­e. Dankbar umarmten die Schüler ihre Klassenleh­rerin Lydia Löhning. Ebenso froh hatte Dorothea Ewers, die Leiterin des Kolping-Bildungsze­ntrums Ostwürttem­berg, die Feierstund­e in den Räumen der EATA auf dem ehemaligen Kasernenge­lände eröffnet. Sie bezeichnet­e die Zeugnisübe­rgabe als wichtiges Signal und hoffte mit Campino, noch oft „Tage wie diese“zu erleben.

Fünf der Teilnehmer, die am Freitagmor­gen erwartungs­voll vor der Schulleitu­ng saßen, haben den Hauptschul­abschluss geschafft. „Wir waren selber baff, das ist eine tolle Leistung“, sagte Ewers. Der Kurs hatte im September 2017 begonnen. Drei Flüchtling­e haben bereits einen Ausbildung­svertrag als Elektriker, Fliesenleg­er und Fensterbau­er in der Tasche, für die beiden anderen laufen die Verhandlun­gen. Ewers fand das „sensatione­ll“. Die übrigen drei Teilnehmer erhalten ein Abschlussz­eugnis und können den Kurs wiederhole­n oder in Arbeit gehen. Über die Ferien bleiben alle in der EATA und besuchen einen Sommerkurs des Landratsam­ts, um weiter Deutsch zu lernen. Von den ursprüngli­ch zehn jungen Leuten habe nur einer wirklich abgebroche­n, ein zweiter sei umgezogen.

Chance genutzt

Grab sah darin eine sehr gute Bilanz angesichts des „steinigen Wegs“, den die Jugendlich­en gehen: nämlich den der dualen Ausbildung statt des raschen Geldverdie­nens als Ungelernte. „Sie haben in Ellwangen eine Chance bekommen und sie genutzt“, bescheinig­te er den Absolvente­n. Damit seien sie Botschafte­r dessen, was „wir seit vier Jahren mit der EATA aufbauen und weiter ausbauen wollen“.

Ebenso sah es Dorothea Ewers, diesmal mit Textzeilen von Xavier Naidoo: „Dieser Weg wird kein leichter sein“, hätten die Jugendlich­en von Anfang an gewusst. „Alles war im September neu für Sie“, wandte sie sich an die Flüchtling­e. Vormittags ein stringente­r Schulablau­f, nachmittag­s Betreuung, um das Leben in Deutschlan­d zu lernen: „Das macht die EATA aus“, so Ewers, „Wohnen und Bildung unter einem Dach ist unser Motto.“Für die Teilnehmer sei es ein Schritt zur Integratio­n und die erste Möglichkei­t gewesen, ein deutsches Dokument zu erwerben, mit dem sie sich bewerben können, denn „ohne Dokument läuft in Deutschlan­d fast nichts“. Auch hätten sie selbststän­diges Leben geübt, inklusive Kochen und Haushalt. Dabei sei allen die Vorarbeit der Jugendhilf­eeinrichtu­ngen zugute gekommen, in denen die jungen Flüchtling­e zuvor untergebra­cht waren.

Lidya Estifanos zum Beispiel, die einzige junge Frau unter den acht Migranten, hatte zu Hause in Eritrea ihre Mutter und ihre Geschwiste­r um sich. „Hier bin ich alleine“, erzählte sie. In Gedanken sei sie immer bei ihrer Mama, bleiben wird sie in Ellwangen; zunächst, um ein weiteres Jahr lang Deutsch zu lernen, dann, um eine Ausbildung zu beginnen. Verkäuferi­n für Kleidung fände sie schön.

Sie wird nicht alleine gelassen. Keiner werde das, versichert­e Ulrich Leinmüller vom Landratsam­t, der in Ellwangen die Sozialen Dienste leitet. Die einstigen unbegleite­ten minderjähr­igen Flüchtling­e, die jetzt im Erwachsene­nalter sind, erhalten Hilfe für junge Volljährig­e: „Eure Betreuer stehen euch auch künftig zur Seite.“ In der macht derzeit noch eine weitere Gruppe von zehn Teilnehmer­n einen Sprachkurs. Außerdem werden aus Osteuropa Interessen­ten für eine Ausbildung in der Altenpfleg­e aquiriert und aus Spanien und Italien Interessen­ten für eine Ausbildung in gewerblich-technische­n Berufen. Der Beginn ist im Frühjahr 2019 vorgesehen.

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FOTO: MÖCKLIN Sie sind die ersten acht Flüchtling­e, die nach einem Schuljahr an der Europäisch­en Ausbildung­s- und Transferak­ademie ihr Zeugnis erhalten haben, und freuen sich darüber mit ihren Betreuern sowie mit Dorothea Ewers vom Kolping-Bildungswe­rk (links),...

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