Erste Flüchtlinge haben Ticket für eine Ausbildung
Premiere: Europäische Ausbildungs- und Transferakademie führt Kursteilnehmer bis zum Hauptschulabschluss
ELLWANGEN - Eine Premiere hat es in der Europäischen Ausbildungsund Transferakademie (EATA) gegeben: Zum ersten Mal haben junge Flüchtlinge dort nach einem Vorqualifizierungsjahr für Arbeit und Beruf (VAB) ihre Abschlusszeugnisse entgegengenommen. Anlass für eine festliche Stunde auch für die Beteiligten des Kolping-Bildungswerks, der Stadt Ellwangen und des Landratsamts, die in den ersten acht Absolventen „die Blaupause für die Zukunft der EATA“sehen, wie Bürgermeister Volker Grab sagte.
Glück und Stolz standen den jungen Menschen aus Eritrea, Afghanistan und der Elfenbeinküste ins Gesicht geschrieben, als Schulleiterin Kerstin Westerfeld einem jeden das Zeugnis überreichte. Dankbar umarmten die Schüler ihre Klassenlehrerin Lydia Löhning. Ebenso froh hatte Dorothea Ewers, die Leiterin des Kolping-Bildungszentrums Ostwürttemberg, die Feierstunde in den Räumen der EATA auf dem ehemaligen Kasernengelände eröffnet. Sie bezeichnete die Zeugnisübergabe als wichtiges Signal und hoffte mit Campino, noch oft „Tage wie diese“zu erleben.
Fünf der Teilnehmer, die am Freitagmorgen erwartungsvoll vor der Schulleitung saßen, haben den Hauptschulabschluss geschafft. „Wir waren selber baff, das ist eine tolle Leistung“, sagte Ewers. Der Kurs hatte im September 2017 begonnen. Drei Flüchtlinge haben bereits einen Ausbildungsvertrag als Elektriker, Fliesenleger und Fensterbauer in der Tasche, für die beiden anderen laufen die Verhandlungen. Ewers fand das „sensationell“. Die übrigen drei Teilnehmer erhalten ein Abschlusszeugnis und können den Kurs wiederholen oder in Arbeit gehen. Über die Ferien bleiben alle in der EATA und besuchen einen Sommerkurs des Landratsamts, um weiter Deutsch zu lernen. Von den ursprünglich zehn jungen Leuten habe nur einer wirklich abgebrochen, ein zweiter sei umgezogen.
Chance genutzt
Grab sah darin eine sehr gute Bilanz angesichts des „steinigen Wegs“, den die Jugendlichen gehen: nämlich den der dualen Ausbildung statt des raschen Geldverdienens als Ungelernte. „Sie haben in Ellwangen eine Chance bekommen und sie genutzt“, bescheinigte er den Absolventen. Damit seien sie Botschafter dessen, was „wir seit vier Jahren mit der EATA aufbauen und weiter ausbauen wollen“.
Ebenso sah es Dorothea Ewers, diesmal mit Textzeilen von Xavier Naidoo: „Dieser Weg wird kein leichter sein“, hätten die Jugendlichen von Anfang an gewusst. „Alles war im September neu für Sie“, wandte sie sich an die Flüchtlinge. Vormittags ein stringenter Schulablauf, nachmittags Betreuung, um das Leben in Deutschland zu lernen: „Das macht die EATA aus“, so Ewers, „Wohnen und Bildung unter einem Dach ist unser Motto.“Für die Teilnehmer sei es ein Schritt zur Integration und die erste Möglichkeit gewesen, ein deutsches Dokument zu erwerben, mit dem sie sich bewerben können, denn „ohne Dokument läuft in Deutschland fast nichts“. Auch hätten sie selbstständiges Leben geübt, inklusive Kochen und Haushalt. Dabei sei allen die Vorarbeit der Jugendhilfeeinrichtungen zugute gekommen, in denen die jungen Flüchtlinge zuvor untergebracht waren.
Lidya Estifanos zum Beispiel, die einzige junge Frau unter den acht Migranten, hatte zu Hause in Eritrea ihre Mutter und ihre Geschwister um sich. „Hier bin ich alleine“, erzählte sie. In Gedanken sei sie immer bei ihrer Mama, bleiben wird sie in Ellwangen; zunächst, um ein weiteres Jahr lang Deutsch zu lernen, dann, um eine Ausbildung zu beginnen. Verkäuferin für Kleidung fände sie schön.
Sie wird nicht alleine gelassen. Keiner werde das, versicherte Ulrich Leinmüller vom Landratsamt, der in Ellwangen die Sozialen Dienste leitet. Die einstigen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, die jetzt im Erwachsenenalter sind, erhalten Hilfe für junge Volljährige: „Eure Betreuer stehen euch auch künftig zur Seite.“ In der macht derzeit noch eine weitere Gruppe von zehn Teilnehmern einen Sprachkurs. Außerdem werden aus Osteuropa Interessenten für eine Ausbildung in der Altenpflege aquiriert und aus Spanien und Italien Interessenten für eine Ausbildung in gewerblich-technischen Berufen. Der Beginn ist im Frühjahr 2019 vorgesehen.