Im Josefstal finden männliche Jugendliche Schutz
Weniger Plätze für minderjährige Flüchtlinge – Kurzfristig intensiv betreutes Schutzwohnen für Jugendliche
ELLWANGEN - Auch wenn es weniger Neuankömmlinge gibt: Die Marienpflege wird im Josefstal weiter ein Fachzentrum für die Inobhutnahme von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen betreiben. Jedoch werden die Plätze in der verbliebenen Wohngruppe von 14 auf neun reduziert, berichtet Ralf Klein-Jung, Vorstand des Kinder- und Jugenddorfs Marienpflege. Außerdem werden hier von nun an im Rahmen eines kurzfristig intensiv betreuten Schutzwohnens auch einzelne Jugendliche aus dem Ostalbkreis aufgenommen.
„Es ist eine Gratwanderung“, sagt Klein-Jung. Einerseits brauche man eine Anlaufstelle für die Minderjährigen, die nach wochen- oder monatelanger Flucht in Ellwangen gelandet sind. Auch wenn es nur noch wenige seien, denen die Marienpflege im Auftrag des Jugendamts in ihren ersten Wochen im fremden Land beistehe. Andererseits mussten im Jahr 2017 Miete und Gehälter bezahlt werden, auch wenn einige Zimmer in der Wohngruppe im Josefstal nicht belegt waren. Klein-Jung: „Wirtschaftlich ist das schwierig.“
Anfangs war es genau anders herum. 2015, als viele Flüchtlinge kamen, übernahm die Marienpflege die Federführung bei der Inobhutnahme von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen im Ostalbkreis und schuf auch selbst Aufnahmekapazitäten. „Das waren schon Extreme in den ersten Monaten“, erinnert sich Klein-Jung. „Da rief das Jugendamt abends an und hat gefragt, ob wir noch vier Matratzen in ein Wohnzimmer legen können.“
Eine Wohngruppe ist geschlossen worden
Gut fand der Einrichtungsleiter die schnelle, unbürokratische Hilfe in der Not, damals vornehmlich für Jungs aus Syrien, Afghanistan, dem Iran, dem Irak und Pakistan. Aber natürlich wurde sobald als möglich ein „Ordnungsrahmen“erstellt: Im Josefstal mietete die Marienpflege zwei Stockwerke an und richtete erst eine, ab September 2016 eine zweite Wohngruppe mit allen dafür nötigen Genehmigungen ein. Für die insgesamt 28 Plätze wurden 16 neue pädagogische Fachkräfte eingestellt.
Die höchste Belegung gab es Ende 2016 mit 27 jugendlichen Flüchtlingen, dann wurden es weniger. Inzwischen ist es still geworden im Josefstal. Eine Wohngruppe wurde wieder geschlossen, ein Teil der Mitarbeiter ins Kinderdorf versetzt, seit März 2017 stehen noch 14 Plätze in der anderen Wohngruppe zur Verfügung.
„Die Auslastung lag aber 2017 nur bei 38 Prozent“, erzählt Klein-Jung. Um drei, fünf oder neun minderjährige Flüchtlinge kümmern sich seine Leute nun in der Regel in der Notaufnahme, es handelt sich jetzt hauptsächlich um Schwarzafrikaner aus Zentralafrika – Gambia, Guinea, Somalia. Die Fachkräfte helfen ihnen, in Deutschland anzukommen, bis nach einigen Wochen klar ist, ob und wo sie künftig wohnen und betreut werden können. Momentan sind wieder zehn junge Menschen in Betreuung. Zählt man alle zusammen, dann hat die Marienpflege in den vergangenen zweieinhalb Jahren auf diese Weise mehr als 400 minderjährige Flüchtlinge kennengelernt und vorübergehend beherbergt, berichtet Klein-Jung. Über 30 davon blieben in Ellwangen und Umgebung und wurden oder werden von der Marienpflege auf dem Weg in die Selbstständigkeit begleitet.
Hilfe, wenn Eltern trinken oder Drogen nehmen
Nun wird die Marienpflege die Zahl der Plätze auf maximal neun reduzieren und die Zimmer auch für eine weitere Aufgabe nutzen. Künftig werden im „Fachzentrum Josefstal für Inobhutnahme“neben unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen auch männliche Jugendliche ab 14 Jahren aus dem Ostalbkreis vorübergehend betreut. Denn auch hier gebe es immer wieder Kinder und Jugendliche, die vorübergehend Schutz bräuchten.
„Das Jugendamt nimmt sie kurzfristig aus der Familie, weil Eltern ständig alkoholisiert sind oder Drogen nehmen, die Wohnung verwahrlost ist“, nennt der Leiter Beispiele. „Manche Jugendliche entziehen sich auch bewusst der Betreuung durch die eigenen Eltern, andere scheitern in Pflegefamilien oder Heimen und brauchen zumindest vorübergehend eine Unterbringung, bis ihr weiterer Weg gemeinsam erarbeitet ist.“
Die neue Form der Unterbringung unterscheidet sich von der Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen im Ostalbkreis, die bereits seit vielen Jahren besteht, so Klein-Jung. Bislang stehen dafür vier ganzjährige Plätze in Gruppenbetreuung zur Verfügung – zwei in der Marienpflege, zwei im Canisiushaus in Schwäbisch Gmünd. Zwischen 50 und 100 Fälle gebe es pro Jahr.
Manchmal erweise sich aber eine Einzelbetreuung als besser. Genau dazu gibt es jetzt im Josefstal die Chance, freut sich der Einrichtungsleiter. „Es sind ja alle Strukturen vorhanden“, meint er. Nach langen Verhandlungen ist die Betriebserlaubnis durch den Kommunalverband für Jugend und Soziales in Stuttgart jetzt erteilt, die Leistungs- und Entgeltvereinbarungen mit dem Ostalbkreis sind neu abgeschlossen.
Sechs pädagogische Vollzeitkräfte stehen rund um die Uhr für die Betreuung bereit. Im Einvernehmen mit den Comboni-Missionaren als Vermieter sowie dem Jugendamt wird die Notaufnahme im Josefstal also in erweiterter Form weiter bestehen.