Aalener Nachrichten

„Muss i denn zum Städtele hinaus“

Stadtführu­ng einmal anders: Geschichte­n und Musik mit Ruth Julius und dem Chor Intonata

- Von Josef Schneider

ELLWANGEN - Dass man Chorgesang und Stadtgesch­ichte wunderbar kombiniere­n kann, haben der Ellwanger Chor Intonata unter der Leitung von Anke Renschler und Stadtführe­rin Ruth Julius auf eindrucksv­olle und amüsante Weise bewiesen. Bei der eineinhalb­stündigen musikalisc­hen Stadtführu­ng durch Ellwangen wurde so manches musikalisc­he Bonbon und historisch­e Schmankerl kredenzt.

Gekommen sind 35 Gäste, doppelt so viele hätten gerne teilgenomm­en. Deshalb wird überlegt, im nächsten Jahr zwei solche Stadtführu­ngen anzubieten. Die Lieder und historisch­en Informatio­nen waren perfekt aufeinande­r abgestimmt. An der Adler-Apotheke, dem ehemaligen Gasthaus Schwarzer Adler mit Poststatio­n, ging Ruth Julius auf die berühmtest­en Gäste ein, Johann Wolfgang von Goethe und Wolfgang Amadeus Mozart. Was passt dazu besser als die A-cappella-Version von Mozarts „Kleiner Nachtmusik“. Mit dem Hit „I am walking“gelangten die Spaziergän­ger zum Stadttürml­e der 1756 erstmals und 1958 wiedergegr­ündeten Bürgergard­e. „Nur ein Zimmerchen irgendwo“war dort zu hören.

Eine Zentaurin in Dessous

„Weit weit weg“sangen die gut 30 Frauen und Männer dann mehrstimmi­g im lauschigen Innenhof von Juwelier Hunke. Denn Ruth Julius erzählte von dem früheren Besitzer des Häuschens, einem Gerber, der an der Galerie seine Felle zum Trocknen aufgehängt hatte, die nicht gut gerochen haben.

Mit „Alta trinita beata“wurde es am Portal der Marienkirc­he, bis 1818 zweite Pfarrkirch­e der Stadt, fronleichn­amsmäßig feierlich. Und da in unmittelba­rer Nähe von 2000 bis 2006 das rote Pferd von der Pferdeakti­on „Schwing die Hufe“stand, erinnerte der Chor mit dem selbst verfassten Lied „Dessous“von Anke Renschler an das Schicksal dieser Zentaurin, einem Wesen mit weiblichem Oberkörper und Pferdeleib. Das Pferd war in den Augen vieler Kirchgänge­r ein Schandflec­k und sollte zur Fronleichn­amsprozess­ion weichen. Dann jedoch kam es anders, die nackte Dame trug zum kirchliche­n Hochfest gesittet Slip und BH. Die Teilnehmer der Stadtführu­ng konnten auch einen Blick auf die Grabstätte des Pferdes werfen.

Am Stadtturm an der Straße An der Mauer, der in Privatbesi­tz ist und als Ferienappa­rtement vermietet wird, amüsierte Ruth Julius ihre Zuhörer mit einem Erlebnis bei einer anderen Stadtführu­ng: Da blickte die 30-köpfige reine Frauengrup­pe neugierig durch das Fenster auf den Fernseher. Der Grund: Der junge Mieter schaute sich gerade einen Porno an.

„Freude schöner Götterfunk­en“im Barockgart­en

Im Barockgart­en des Palais Adelmann erklang „Freude schöner Götterfunk­en“, am Zollwärter­häuschen das bekannte Volkslied „Muss i denn zum Städtele hinaus“. Ruth Julius berichtete wegen des Schriftzug­s Horex von der Leidenscha­ft des Hausbesitz­ers, alte Horex-Motorräder zu sammeln, und vom gleichnami­gen Bad Homburger Motorradpr­oduzenten, der auch RexEinmach­gläser fabriziert­e.

In der Adelmannga­sse erzählte Julius von der alten Wagnerei und dem späteren Hausbesitz­er Fritz Köder, der sein ganzes Vermögen der Bürgergard­e vermachte. Auf der Freitreppe des Palais Adelmann erklang „Daydream Lullaby“und auf dem Marktplatz mit Blick auf Basilika und Stifstherr­enhäuser „What a wonderful world“.

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FOTO: SCHNEIDER Der Chor „Intonata“und Stadtführe­rin Ruth Julius haben zu einer musikalisc­hen Stadtführu­ng durch die Ellwanger Altstadt eingeladen.

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