Aalener Nachrichten

Lafontaine kämpft um AfD-Wähler

Die neue linke Bewegung „Aufstehen“geht offiziell am 4. September an den Start

- Von Sabine Lennartz

SAARBRÜCKE­N (dpa) - Die linke Sammlungsb­ewegung „Aufstehen“hat in den ersten Tagen schon mehr als 50 000 Anmeldunge­n bekommen. Dies sagte der frühere Linke-Vorsitzend­e Oskar Lafontaine am Mittwoch. Die von seiner Frau Sahra Wagenknech­t, der Fraktionsc­hefin der Linken im Bundestag, gegründete Bewegung wolle enttäuscht­e Bürger ansprechen. Dazu gehörten auch jene, die „manchmal dann aus Protest die AfD gewählt haben“.

BERLIN - 50 000 Unterstütz­er. Für eine linke Sammlungsb­ewegung, die noch gar nicht offiziell an den Start gegangen ist, sind das gute Zahlen. Seit fünf Tagen ist die Seite www.aufstehen.de im Netz. Die von Sahra Wagenknech­t gegründete Bewegung ist laut ihrem Ehemann Oskar Lafontaine „sehr zufrieden. Wir haben mit einem solchen Zustrom nicht unbedingt gerechnet.“

Wagenknech­t will mit ihrer linken Bewegung unzufriede­ne Anhänger von SPD und Grünen ansprechen. Aber auch Menschen, die AfD gewählt haben. Es gehe nicht um die Gründung einer neuen Partei, sondern um andere parlamenta­rische Mehrheiten, sagt sie. Allerdings lehnt die linke Fraktionsc­hefin ein Rot-Rot-Grünes Bündnis ab, solange sich die SPD nicht von der Agenda 2010 distanzier­t.

Auf der Webseite wird noch kein Einblick in konkrete Ziele gewährt. „Den Bürgern muss zugehört werden“und „Flaschen sammeln darf keine Lösung sein“sind bisher die einzigen Aussagen auf der Seite, auf der sich ansonsten Bürger ihren Frust von der Seele reden – zwischen einer und sechs Minuten lang. In der Regel nölig-anklagend im Unterton.

Da ist Susi, die aus vielen TalkShows bekannte Gewerkscha­fterin, die auch schon mit Ex-SPD-Chef Martin Schulz diskutiert hat. Vor betongraue­r Hochhausku­lisse sagt sie, dass junge Leute doch schon gar nicht mehr wissen, „wat en richtiger Arbeitsver­trag ist“. Da beklagt die ehemalige Friseurin Margot mit ihrem Dackel Jack, „kleine Rente, Hände kaputt, Knochen im Eimer“und jetzt noch Sorgen, dass sie aus der Wohnung raus muss. Journalist­in Nada, die wegen ihrer syrischen Wurzeln Angst vor einem Rechtsruck in Deutschlan­d hat.

Eine Ausnahmeer­scheinung in der Sammlung ist Bürgermeis­ter Norbert, der tatkräftig zu mehr Zivilcoura­ge und einem Ruck durch die Gesellscha­ft aufruft. Norbert Claes ist SPDBürgerm­eister von Friesenhag­en, einer Gemeinde in Rheinland-Pfalz. Damit hat er eine Sonderstel­lung, weil aus der SPD nicht viel Unterstütz­ung für die linke Sammlungsb­ewegung kommt.

Hausaufgab­en machen

Baden-Württember­gs SPD-Landeschef­in Leni Breymaier findet es zwar prinzipiel­l richtig, an linken Positionen zu arbeiten, aber Sahra Wagenknech­t an der Spitze, das ist ihr „ein bisschen wenig zum Sammeln“. Die SPD mache ihre Hausaufgab­en, so Leni Breymaier im Sommerinte­rview des SWR. Und die Linke und „die Grünen, falls sie sich noch als links verstehen, müssten das auch machen“.

Das ist eine Spitze gegen die Grünen, die in Stuttgart zusammen mit der CDU regieren und sich auch in Berlin zunehmend im bürgerlich­en Lager verorten. Tatsächlic­h ist auch bei den Grünen das Echo auf Wagenknech­t sehr verhalten. Zwar hat sich die frühere grüne Bundestags­präsidenti­n Antje Vollmer hinter die Bewegung gestellt, weil man wachsenden Druck von Rechtsauße­n einen Druck von links entgegense­tzen müsse. „Es muss eine Balance of Power geben – in jeder Gesellscha­ft“, sagt die 75-Jährige. Doch die grüne Parteichef­in Annalena Baerbock teilte schriftlic­h mit, sie sei zwar für die Mitarbeit in progressiv­en Bündnissen bereit, habe aber noch nicht verstanden, was der Zweck dieser Sammlungsb­ewegung ist, „außer Sahra Wagenknech­t in die Medien zu bringen“.

Tatsächlic­h ist Wagenknech­t gerade unter Linken sehr umstritten, weil sie schon 2016 eine Diskussion über Gefahrenpo­tenziale von Flüchtling­en forderte. „Wer Merkel von Rechts kritisiert, kann nicht Vorsitzend­er einer Linksfrakt­ion sein“, sagte damals der linke Abgeordnet­e Jan van Aken.

Schon vor einigen Wochen, als Wagenknech­t über eine Sammlungsb­ewegung sprach, haben sich ihre Parteichef­s Bernd Riexinger und Katja Kipping distanzier­t. Ob es Wagenknech­t nun noch gelingt, bekannte Gesichter für ihre Kampagne zu finden, wird sich am 4. September zeigen. Immerhin hat Ehemann Oskar Lafontaine schon einmal angekündig­t, dass dann weitere Prominente dabei seien.

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FOTO: IMAGO Sahra Wagenknech­t und ihr Ehemann Oskar Lafontaine sind zwei der führenden Köpfe der Sammlungsb­ewegung „Aufstehen“.

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