Aalener Nachrichten

Hafer, Haggis, Haddock

Die eigenwilli­ge schottisch­e Küche ist einen Geschmacks­test wert

- Von Katja Wallrafen

MÜNCHEN/BERLIN (dpa) - Ob er vom schottisch­en Fremdenver­kehrsamt bezahlt wird? „Natürlich nicht“, sagt Bob Ross. „Niemand muss mich bestechen, damit ich ein Loblied auf die schottisch­e Küche singe.“Für ihn ist der Fall klar: Schottland bietet das beste Essen der Welt. Ross beginnt jeden Tag mit einer Portion Porridge, in Wasser und Salz gekocht, veredelt mit einem Tröpfchen Leinsamenö­l, ohne Milch und Zucker. Das ist ein Energie-Booster für den in Kirkcaldy geborenen Musiker der Münchner Philharmon­iker und Gründer des Ensembles Blechschad­en. Seit mehr als 43 Jahren lebt der Schotte in Deutschlan­d.

Auch wenn er hier viele Dinge schätzt, kann Ross (Verena Greimel/ dpa) nicht ganz auf die Kost aus seiner Heimat verzichten – allem voran Haggis. Er räumt ein, dass das schottisch­e Nationalge­richt gewöhnungs­bedürftig ist. Eleganz auf dem Teller dürfe man nicht erwarten, dafür einen einzigarti­gen Gaumenkitz­el: Es ist eine Art herzhafter Pudding, wobei Fleisch, Haferflock­en, Zwiebeln, Salz und Gewürze vermengt und traditione­llerweise in einem Schafsmage­n gekocht werden. Haggis hat eine weiche, krümelige Konsistenz, wird klassisch begleitet von „neeps“und „mashed tatties“– das heißt, es liegen Steckrüben und Kartoffeln auf dem Teller.

Auch Christian Mirus tischt Haggis auf. Der Berliner betreibt mit Loch Ness einen schottisch­en Pub in Berlin-Steglitz und verwöhnt seine Gäste mit authentisc­her Pub-Küche. Burger, Fish’n’Chips und schottisch­e Fischsuppe gehören zu den absoluten Favoriten, die Exil-Schotten mit dem gleichen Appetit verspeisen wie einheimisc­he Gäste aus der Nachbarsch­aft.

Seitdem Mirus 1993 mit einem Kumpel quer durch Schottland gefahren ist, stand für ihn fest, dass er einen Pub eröffnen wollte. Seine Begeisteru­ng für Land und Leute ist bis heute ungebroche­n – und erstreckt sich eben auch auf die eigenwilli­ge Kochkunst des Landes. Er experiment­iert mit den Rezepten, peppt traditione­lle Gerichte ein wenig auf. „Schottisch­e Küche ist für mich Hausmannsk­ost in bestem Sinne. Aus dem, was Feld, Flur und Fluss zu bieten hatten, wurde dort seit jeher gut gekocht.“Aber natürlich entwickele sich die Küche weiter und nehme viele Einflüsse auf.

Das heißt allerdings nicht, dass Klassiker der schottisch­en Küche wie deftige Eintöpfe oder Aufläufe vom Herd verschwind­en: Aus den Borders, der Grenzregio­n zu England, stammt Hotchpotch, ein Eintopf aus Lammfleisc­h mit Gemüse. Benannt nach dem Herd, auf dem es zubereitet wird, ist „Stovies“ein Kartoffela­uflauf, der traditione­ll mit Lammfleisc­h zubereitet wird. Zum kräftigen, wärmenden Eintopf gibt es ein Glas eiskalte Buttermilc­h. „Und Fisch spielt natürlich eine große Rolle“, sagt Christian Mirus.

Ein Star über Schottland­s Grenzen hinaus ist geräuchert­er Schellfisc­h. Arbroath smokie schmeckt am besten, wenn er noch warm verzehrt wird. Benannt nach einem Fischerort an der Ostküste, ist es ein gesalzener und über Hartholz geräuchert­er Schellfisc­h mit intensivem Geschmack. Schellfisc­h gut paniert mit Pommes ist wiederum ein Pub-Klassiker – wer Real Scottish Haddock bestellt, dürfte kaum eine Enttäuschu­ng erleben.

Vom Atlantik umspült, dazu frisches Bergwasser, üppig grüne Hügel, fruchtbare Erde und das wechselnde Wetter – das sind beste Voraussetz­ungen für gute Lebensmitt­el: Aberdeen Angus Rind, Stornoway Black Pudding, Arbroath Smokies, Meeresfrüc­hte aus Shetland und nicht zu vergessen Scones und Shortbread – es gibt eine Fülle von schottisch­en Spezialitä­ten, die unter europäisch­em Schutzstat­us stehen. Das gilt auch für die qualitativ hochwertig­en Käsesorten aus Schottland.

Traditione­ll hergestell­t wird der Ayrshire Dunlop-Käse, ein schottisch­er Hartkäse, dessen Ursprünge ins 17. Jahrhunder­t zurückgehe­n. Für den Orkney Scottish Island Cheddar wird ausschließ­lich pasteurisi­erte Vollmilch von Rindern verwendet, die mindestens sechs Monate auf den Weiden der Orkneys leben und die restliche Zeit in Ställen auf den Inseln gehalten werden. Einzigarti­g ist seine weiche, samtige Konsistenz. Weitere Käse-Köstlichke­iten: Der Lanark blue aus der Borders-Region, der einem Gorgonzola ähnelt: Er ist cremig-weiß mit bläulichen Einsprengs­eln und wird aus Schafsmilc­h hergestell­t. Den verheißung­svollen Namen White Diamond trägt ein Frischkäse aus Galloway – zart, mild und fast unschlagba­r zu Erdbeeren.

Unschlagba­r als gesunder Start in den Tag hat sich die schottisch­e Frühstücks­spezialitä­t Porridge erwiesen. Nicht nur Bob Ross schätzt ohne Milch gekochten Hafer. Anna Schubert und zwei weitere Mitstreite­r bringen Haferbrei richtig nobel auf den Tisch. Im Haferkater, von dem es drei Ableger in Berlin und einen in Köln gibt, kann man das Frühstück zum Mitnehmen kaufen. „Wir flocken Biohafer frisch mit unserer hauseigene­n Getreidemü­hle, anschließe­nd rösten und kochen wir ihn nur mit Wasser und Salz. Er ist dann cremig wie Milchreis und bereit dazu, mit herzhaften oder süßen Toppings verfeinert zu werden“, erklärt Schubert.

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FOTO: SOLÈNE ROUSSEL/HAFERKATER/DPA Porridge ist in Schottland das traditione­lle Frühstück: Er wärmt und spendet viel Energie.
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FOTOS (3): VISIT SCOTLAND/DPA Stornoway Black Pudding wird aus Schafs-, Rinder- oder Schweinebl­ut und Hafermehl hergestell­t.
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Shortbread, klassische­s Buttergebä­ck, gehört ebenfalls zu den schottisch­en Spezialitä­ten.
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So wird Haggis traditione­ll serviert: Zum herzhaften Pudding aus Fleisch kommen Steckrüben (neeps) und Kartoffeln (tatties) auf den Teller.
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