Tanz, Bewegung und Emotion
Der Choreograph Gaetano Posterino ist im Oktober mit seinen Werken in Aalen zu sehen
AALEN (an) - Gaetano Posterino ist Choreograf und künstlerischer Leiter seiner Posterino Dance Company. Im Rahmen der Aalener Kulturwochen wird die Company mit einer Förderung der Kulturstiftung des Bundes im Oktober in der Stadthalle Aalen zu sehen und zu erleben sein. Das Motto: „Impuls Tanz. Bewegung. Emotion.“
Herr Posterino, Sie waren nach Ihrer Ausbildung in Italien und Kanada ein gefragter internationaler Ballettstar mit Auftritten in über 100 Ländern. Was hat Sie bewogen, Choreograf zu werden?
Nun, man muss sich das nicht in Reihe geschaltet vorstellen. Ich habe meine erste Choreografie bereits 1995 auf die Bühne gebracht. Ab 2001 choreografierte ich dann parallel zu meiner Tänzerkarriere sehr intensiv eigene Werke zunächst unter anderem mit dem Hessischen Staatsballett und meiner eigenen Company, die ich 2002 gegründet hatte. Ich bin dabei in jungen Jahren nicht der Einsicht gefolgt, dass die Zeit des aktiven Tanzens irgendwann zu Ende ist, und man eine Anschlussbetätigung braucht. Vielmehr hat meine Leidenschaft für das eigene Kreieren und Ausdrücken sozusagen Regie in meinem Künstlerleben geführt.
Wie kam es zur Zwei-Jahres-Förderung durch die Kulturstiftung des Bundes?
Im Rahmen von Aktivitäten zur Gastspielakquise erhielten wir eine positive und sehr sympathische Antwort des Kulturamts der Stadt Aalen. Die gemeinsamen Überlegungen konzentrierten sich sehr schnell auf eine mögliche Gastspiel-Förderung durch die Kulturstiftung des Bundes. Alles Weitere war dann kreativ überzeugende und handwerklich gute Arbeit. Besonders freut mich, dass meine existierenden Werke „Through My Eyes“und „Love me if you can!“sowie deren künstlerische Konzeptionen Erfolgsbestandteil des Förderantrags waren.
Warum ausgerechnet die Stadt Aalen?
Aalen ist insofern ein Zufallsprodukt, aber auch ein noch ungeschliffenes Juwel des zeitgenössischen Tanzes. Ich habe große Freude daran, mit meiner choreografischen Arbeit auch in den Dialog mit meinem Publikum zu treten. Der zeitgenössische Tanz ist in Aalen und der Region noch nicht so als Kunstform und Bühnenprodukt verbreitet. Deswegen ist es für mich eine besondere Herausforderung, diese Sparte gemeinsam mit dem Kulturamt der Stadt Aalen dem interessierten Publikum in der Region näher zu bringen und es dafür zu begeistern. Deshalb freue ich mich, dass die Förderung über zwei Jahre Aufführungen von Posterino Dance Company in Aalen mit meinen Werken möglich macht. Und die bisherige Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen aus dem Kulturamt der Stadt Aalen macht sehr viel Spaß.
Was ist ihrer Meinung nach das Härteste am Tänzerdasein?
Definitiv physisch und psychisch frisch zu bleiben. Man muss unglaublich viel trainieren, das erfor- dert Leidenschaft, Leidensfähigkeit und Disziplin. Körper und Psyche stehen ständig unter Stress, darauf muss man sich einrichten. Privatleben steht da immer hinten an. Mit nachlassender Leistungsfähigkeit muss man umso härter an sich arbeiten. Dazu kommt das hohe Verletzungsrisiko, das man eingeht. Es ist ein ständiger Wettlauf gegen die Zeit, denn irgendwann, spätestens mit Anfang vierzig, ist Schluss.
Worin bestehen die Unterschiede zwischen ihrer früheren internationalen Karriere als Tänzer und nun als Choreograf?
Ein Tänzer muss Rollen tanzen, die von einem Choreografen in dessen Stil geschaffen wurden. Man muss sich in ein Ensemble einfügen. Man wird geprägt. Als Choreograf kreiert man die Schritte und Körperbewegungen. Man trifft laufend Entscheidungen und ist Führungspersönlichkeit, künstlerischer Kopf, Motivator, Didakt, Antreiber, Bremser und Coach in einem, der die Tänzer prägt. Beide Berufe haben grundsätzlich andere Anforderungen an Körper und Psyche, Disziplin brauchen sie beide. Und nicht jeder gefeierte Tänzer kann von seinen Fähigkeiten her ein Choreograf werden.
Wodurch werden Sie am meisten inspiriert?
Durch meine Umgebung, mein Leben, meine Wurzeln, meine Tänzer. Vor allem treibt mich das Bedürfnis, durch Choreografie darüber zu kommunizieren, was in meiner Seele, meiner Fantasie und meinen Visionen schlummert. Aber auch einfache Situationen, Menschen, die ich beobachte oder denen ich begegne, und ich versuche zu verstehen. Oder insbesondere Musik, die ich per Zufall höre, in die ich mich dann regelrecht reinstürzen kann. Das alles sind Quellen meiner Inspiration.
Wie würden Sie Ihren choreografischen Stil beschreiben?
Der klassische Spitzentanz ist eine höchstentwickelte Bewegungstechnik, die den Tänzern eine perfekte Körperbeherrschung und Eleganz ermöglicht. Diese Technik ist die Grundlage meiner Arbeit, wurde und wird von mir aber als Bewegungsvokabular beständig unter Einbindung von modern-zeitgenössischen Elementen zu einem eigenen versatilen und zeitgenössischen Stil hin weiterentwickelt. Dieser Stil ist auch für die
Aalen ist ein noch ungeschliffenes Juwel des zeitgenössischen Tanzes. Mir ist der Dialog mit Tänzern und Publikum wichtig. Und ich freue mich auf möglichst viel davon in Aalen.
Tänzer eine Herausforderung, man muss sich deshalb über Jahre geeignete internationale Talente zusammensuchen und sie zu einem Ensemble verschmelzen. Denn sie sollen den Spannungsbogen von klassischer Spitze über Theaterelemente bis hin zur modernen Bodenarbeit beherrschen und körperlich ausdrücken können. Überhaupt nicht klassisch, sondern zeitgenössisch ist hingegen das Konzept meiner Stücke. Obwohl es einen konkreten Inhalt gibt, ist dessen Umsetzung in Tanz und Bewegung nicht wie im klassischen Ballett einzeln handelnden Personen zugeordnet, sondern mehrdimensional oder abstrakt, aber dennoch sinnvoll im Kontext angelegt. Insgesamt ist mir der Dialog mit Tänzern und Publikum wichtig. Und ich freue mich auf möglichst viel davon in Aalen.