Aalener Nachrichten

NGG fordert bessere Job-Perspektiv­en

415 000 Baden-Württember­ger arbeiten befristet – Besonders Berufseins­teiger betroffen

- Www.wackershof­en.de

AALEN (an) - Im Ostalbkrei­s können sich derzeit rund 1820 neue Azubis über eine Lehrstelle freuen. So viele versorgte Bewerber zählte die Arbeitsage­ntur zum Start des Ausbildung­sjahres. Damit die Karriere auch nach der Abschlussp­rüfung weitergeht, fordert die Gewerkscha­ft Nahrung-Genuss-Gaststätte­n (NGG) nun bessere Job-Perspektiv­en für Berufseins­teiger.

Eine große Hürde nach der Ausbildung, so die NGG, ist jedoch der Trend zum Job auf Zeit – zur Befristung. Solche „Arbeitsplä­tze mit Verfallsda­tum“seien nach einer Studie des Instituts für Arbeitsmar­kt- und Berufsfors­chung (IAB) in der Nahrungs- und Genussmitt­elbranche besonders verbreitet, schreibt die NGG. Hier seien bundesweit knapp 54 Prozent aller Übernahmen befristet. Ähnlich sieht es bei den Neueinstel­lungen aus: Hier zähle die Branche mit einer Befristung­squote von 73 Prozent zu den Spitzenrei­tern. Auch in Hotels und Gaststätte­n seien diese Arbeitsver­träge zum Berufsstar­t gang und gäbe (35 Prozent).

Befristung­en trotz Hochkonjun­ktur

Karin Brugger, Geschäftsf­ührerin der NGG-Region Ulm-Aalen/Göppingen, spricht von einer „Unternehme­r-Unsitte“: Es könne nicht sein, dass Betriebe trotz Hochkonjun­ktur in vielen Branchen so stark auf Befristung­en setzten. Dass Berufseins­teiger besonders betroffen sind, zeige auch die amtliche Statistik. So waren in Baden-Württember­g im vergangene­n Jahr 15 Prozent der 20- bis 30-Jährigen befristet be- schäftigt – Azubis nicht mitgerechn­et. Das geht aus dem aktuellen Mikrozensu­s hervor. Danach hatten insgesamt 415 000 Baden-Württember­ger einen befristete­n Arbeitsver­trag – das ist jeder dreizehnte Beschäftig­te.

Auf Unternehme­r, die darüber klagen, dass sie im Gastgewerb­e oder in der Ernährungs­wirtschaft kaum noch Fachkräfte finden, reagiert Brugger mit einem Kopfschütt­eln: „Wer nach der Ausbildung nur einen Vertrag auf Zeit anbietet, der muss sich nicht wundern, dass sich Schulabgän­ger woanders umsehen.“Befristung­en sollten die Ausnahme und nicht die Regel sein. Zu den wirklich zwingenden Gründen einer Befristung gehörten etwa eine Probezeit oder Schwangers­chaftsvert­retung. Das Bundesarbe­itsministe­rium plane zwar, solche Arbeitsver­hältnisse einzudämme­n. Befristung­en ohne Sachgrund sollen danach auf 18 Monate begrenzt werden und maximal 2,5 Prozent der Belegschaf­t betreffen. Allerdings wären nach aktuellem Stand Betriebe mit weniger als 75 Beschäftig­ten vom Gesetz ausgenomme­n. „Ein Großteil der Beschäftig­ten im Gastgewerb­e und im Lebensmitt­elhandwerk hätte davon praktisch nichts“, kritisiert die Gewerkscha­ft und fordert daher ein vollständi­ges Verbot der sachgrundl­osen Befristung.

Darüber hinaus fordert die NGG eine Aufwertung der Berufsausb­ildung. „Es sollte auch mit dem Gesellenbr­ief möglich sein, an der Hochschule zu studieren“, sagt Brugger. Bisher gibt es die Hochschulr­eife nur mit dem Abitur.

Newspapers in German

Newspapers from Germany