Aalener Nachrichten

„Wir müssen als Stadt auch mal Mut haben“

Rolf Merz, Fraktionsv­orsitzende­r der CDU, ist ein klarer Verfechter der Landesgart­enschau in Ellwangen

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ELLWANGEN - Landesgart­enschau 2026, LEA-Verlängeru­ng, Kommunal- und OB-Wahlen im neuen Jahr, in Ellwangen gibt es gerade viel Gesprächss­toff. Der CDU-Fraktionsv­orsitzende Rolf Merz hofft, dass mit der Landesgart­enschau auch ein Ausbau der Bahnverbin­dung NordSüd blüht, sagt er im Sommerinte­rview mit Beate Gralla.

Ellwangen hat den Zuschlag für die Landesgart­enschau bekommen. Wie bewertet die CDU das?

Es ist ja bekannt, dass wir sehr hinter der Bewerbung gestanden sind. Wir freuen uns. Ich habe den Eindruck, dass nicht nur die Kernstadt, sondern auch die Teilorte sehr hinter der Landesgart­enschau stehen. Für mich ist es kein Blümlesfes­t, sondern eine nachhaltig­e Entwicklun­g für Ellwangen.

Welche Verbesseru­ngen erhoffen Sie sich denn?

Investitio­nen im Bereich des Schießwase­ns, der Bahnunterf­ührung und im Bachgassen­bereich wären Dinge, die man jetzt hätte angehen müssen – auch ohne Landesgart­enschau. Jetzt wird das finanziell und gestalteri­sch eine leichtere Aufgabe. Ich finde das Konzept hervorrage­nd, es wird sicher eine erhebliche Aufwertung für die Stadt. Was Lahr angeht, hat die Stadt bis jetzt nicht nur 500 000 Besucher, sie hat auch im Bereich des Gewerbes und Einzelhand­els einen Aufschwung erfahren.

Mit dem Schießwase­n lebt Ellwangen schon lange. Kann’s nicht so bleiben?

Schon unter OB Wöhr waren im Bereich der alten Tennisplät­ze ein Tagungshot­el und eine Stadthalle vorgesehen. Das ist jahrzehnte­lang nicht weiterbetr­ieben worden. Dass mit der Stadthalle etwas geschehen muss, ist keine Frage. Und der Schießwase­n ist nicht unbedingt eine attraktive Fläche. Deshalb halte ich es für sinnvoll und richtig, das zu überplanen.

Man investiert Millionen, in den nächsten acht Jahren ist außer Landesgart­enschau nicht viel drin.

Im Moment haben wir 22 Millionen Euro Gewerbeste­uereinnahm­en, geplant haben wir mit 16 Millionen. Wenn wir unterstell­en, dass es so weitergeht, und wir nehmen von der Differenz jedes Jahr zwei Millionen weg, dann haben wir bis 2026 schon fast die Hälfte der 30 Millionen Euro, die die Landesgart­enschau kostet. Darüber hinaus kommen ja noch weitere Zuschüsse.

Was bringt die Gartenscha­u für die Bürger?

Jede Stadt, ob Heidenheim, Schwäbisch Gmünd oder andere, hat immer eine Neugestalt­ung für die Zukunft und eine Mobilisier­ung der Bürgerscha­ft, weil sich alle solidarisc­h erklären, spätestens dann, wenn die Landesgart­enschau eröffnet ist. Es ist eine Investitio­n für die Zukunft.

Wir leben doch ganz gut ohne Steg über die Gleise am Bahnhof?

Es gibt aber einen Schnitt durch die Stadt zum Schießwase­n, zum Hallenbad und zum Alamannenm­useum. Die Übergänge sind nicht gerade gelungen, vielen ist die Unterführu­ng beim Bahnhof unangenehm. Wenn man das neu macht, wird sicher auch ein neues Sicherheit­sgefühl entstehen. Und gerade im Bereich der Bahn haben wir die große Sorge, dass die Bahnanbind­ung Ellwangens nicht verbessert wird. Ich hoffe, dass mit der Landesgart­enschau auch ein Ausbau der Bahnverbin­dung Nord-Süd blüht.

Was heißt das?

Der zweigleisi­ge Ausbau Crailsheim zum Beispiel. Das ist gar nicht so unwahrsche­inlich. Ich hab gehört, dass es zu dem Thema schon Gespräche gibt.

Was entgegnen Sie denen, die das Ganze für Geldversch­wendung halten?

Also, wenn ich eine nachhaltig­e Investitio­n in Stadtentwi­cklung als Geldversch­wendung bezeichne, dann habe ich mich nicht intensiv mit einer Landesgart­enschau beschäftig­t. Ich weiß, dass es diese Diskussion­en gibt, die müssen wir durch Sachargume­nte entemotion­alisieren. Die Stadt ist nicht unbedingt mit großen Geldbeträg­en geschmückt. Zu sagen, man solle die Landesgart­enschau ablehnen, dafür habe ich überhaupt kein Verständni­s. Was dann? Die eigentlich­e Fortentwic­klung der Stadt können wir mit den derzeitige­n Mitteln gar nicht schultern.

Muss Ellwangen dann auf eine neue Stadthalle verzichten?

Man könnte die Stadthalle oder ein Tagungszen­trum auch zusammen mit Firmen neu gestalten. Damit Ellwangen nicht nur ein Besucheror­t für Touristen ist, sondern damit es auch Schulungen und Tagungen gibt. Da könnte die Verwaltung auf die Industrie zugehen und eine Art Kofinanzie­rung suchen.

Ist beides gleichzeit­ig finanzierb­ar?

Wenn ich Realist bin, muss ich schon sagen, die Landesgart­enschau bindet viele Mittel. Eine Stadthalle allein aus dem Haushalt zu finanziere­n, geht dann nicht. Daher der Vorschlag, Private zu beteiligen.

Was soll denn in einer neuen Stadthalle stattfinde­n?

Im Moment glaube ich, dass es nicht viele Veranstalt­ungen auch für eine neue Stadthalle geben würde. Deswegen meine ich, sollte man das in Kombinatio­n mit einem Tagungshot­el oder Tagungszen­trum sehen, das man bewirtet. Dann könnten IHKVeranst­altungen oder solche für junge Unternehme­r kommen.

Solche Zentren werden doch gerade in Dinkelsbüh­l gebaut.

Wenn ich nicht bereit bin, mal etwas zu riskieren, dann können wir den Dornrösche­nschlaf schlafen und immer mehr Wertigkeit verlieren, sei es bei Behörden oder etwas anderem. Wir können ja nur dankbar sein, dass die Autobahn an uns vorbeiführ­t und wir deshalb ein so großes Industrieg­ebiet haben. Wir müssen als Stadt auch mal ein bisschen Mut haben, wenn man sieht, was in Gmünd geschehen ist, seit Richard Arnold da OB ist. Kein Gmünder beschwert sich über die Finanzsitu­ation, die natürlich ganz schlecht ist. Aber die Stadt lebt und die Leute sind begeistert. Wenn wir wissen, dass auch bei uns viele Kinder geboren werden, dann hat man ja die Hoffnung, dass die auch was mitgestalt­en wollen.

Es steht auch die Verlängeru­ng des Vertrags mit der LEA an. Fühlt sich die CDU-Fraktion wegen des Zuschlags für die Landesgart­enschau in der Pflicht?

Wir sehen das strikt voneinande­r getrennt. Die Bewerbung für die Landesgart­enschau ist gelungen, weil sie gut war und weil sich vielleicht auch gute Fürspreche­r eingesetzt haben. Das Land hat möglicherw­eise die Erwartung, dass der Zuschlag Einfluss haben könnte. Das kann man vielleicht auch nachvollzi­ehen. Aber wir wollen unabhängig von der Landesgart­enschau in Vertragsve­rhandlunge­n gehen, an denen die Fraktionen beteiligt sind. Wir wollen sondieren, welche Konditione­n das Land uns anbietet.

Gehen Sie mit Forderunge­n in die Verhandlun­gen?

Das ist eine Frage des Verhandlun­gsgeschick­s. Das Land will etwas von uns. Der Vertrag läuft bis 2020 ohne Kündigung aus. Punkt. Darin ist eine Sprechklau­sel enthalten, die heißt, Stadt, Landkreis und Land setzen sich zusammen und verhandeln über eine Vertragsve­rlängerung. Die will das Land, wir nicht. Wenn das Land vernünftig­e Gespräche führt, halte ich es für durchaus möglich, dass man sich über eine befristete Verlängeru­ng einigt.

Aber Sie erwarten schon ein Geschenk oder mehrere?

Das nicht, aber ein Angebot. Beim ersten Vertrag sollte es ursprüngli­ch keine Gegenleist­ungen geben. Wir und die Freien Bürger haben gesagt, so kann’s nicht sein. Wir wollen den Vertrag mit etwas verbinden, das uns etwas bringt. Die Bürgerscha­ft hat schon schwierige Phasen durchstehe­n müssen. Jetzt hat sich’s beruhigt. Wenn das Land uns für die Konversion oder in anderen Bereichen etwas bietet und man sich auf eine bestimmte Maximalzah­l der Flüchtling­e und eine Vertragsla­ufzeit von fünf oder drei Jahren verständig­t und darüber hinaus klar ist, dass es die letzte Verlängeru­ng ist, dann kann man sich verständig­en.

Können Sie das durchsetze­n? Es gibt in der CDU auch vehemente LEA-Gegner.

Es gibt sicher verschiede­ne Meinungen von Schließung 2020 bis Verhandlun­gen über eine befristete Verlängeru­ng. Aber wir sind uns in der Fraktion nach intensiven Gesprächen einig, es soll auf jeden Fall verhandelt werden.

Gibt es einen Zeithorizo­nt für die Verhandlun­gen?

Wir hatten in der Haushaltsr­ede gefordert, dass bis 30. Juni eine Einigung herbeigefü­hrt ist. Die Verhandlun­gen haben aber erst jetzt begonnen. Das sollte man nicht unbedingt mit Zeitdruck verbinden. Aber den Spätherbst sehe ich schon als anzustrebe­nden Zeitpunkt.

2019 sind Kommunalwa­hlen. Was sind denn die wichtigste­n Ziele der CDU?

Grundsätzl­ich sind wir froh drüber, dass im neuen Stadtverba­ndsvorstan­d sehr viele engagierte, auch jüngere Leute sind. Ich gehe davon aus, dass die Liste ein neues Gesicht haben wird. Einige Altgedient­e werden nicht mehr zur Wahl stehen. Ich will nicht vorgreifen, welche Themen zu forcieren sind. Die Schulen werden ein großes Thema bleiben, mit Si- cherheit wird die LEA den Kommunalwa­hlkampf begleiten, und dann geht’s darum, was im Bereich der Verwaltung insgesamt passiert. Ob der OB noch mal antritt oder nicht, wird sicher ein interessan­tes Thema sein.

Es gibt Stimmen, die wollen einen eigenen OB-Kandidaten aufstellen, wie ist es bei der CDU?

Zu einer demokratis­chen Wahl gehört, dass nicht nur einer kandidiert. Nachdem der OB bei der Neujahrsan­sprache bekannt geben will, ob er noch mal kandidiert, warten wir diesen Termin ab. Aber ich meine schon, dass vom bürgerlich­en Lager erwartet wird, dass es einen zusätzlich­en Kandidaten gibt.

Auch wenn der OB noch mal antritt?

Ja.

Warum?

Es gibt nicht nur Stimmen, die den OB stützen, sondern bisweilen auch kritische. Einige sagen, überlegt euch doch, ob ihr nicht einen, der mehr auf die Leute zugeht, als Kandidaten haben solltet.

Eine Art Turbo-Thilo für Ellwangen?

Das will ich nicht sagen. Richard Arnold wäre mir eher ein Vorbild. Er ist einer, der auf die Leute zugehen kann. Ich glaube, dass das von einem OB heute erwartet wird. Man hat im Moment das Gefühl, Ellwangen ist in der Außenwirku­ng nicht so positiv präsent wie Aalen mit einem Renschler, der der Macher ist, oder einem Hammer, der in Dinkelsbüh­l seinem Namen Ehre macht, oder einem Arnold, der Schwäbisch Gmünd aus dem Tiefschlaf geweckt hat. Ellwangen braucht gerade mehr einen Managertyp.

Reicht die Zeit, um einen Kandidaten zu finden, oder haben Sie schon vorgefühlt?

Ich glaube, fünf Monate reichen gut, um einen Kandidaten präsentier­en zu können. Ich fände es toll, wenn wir eine OB-Kandidatin hätten. Weil in Ellwangen CDU-Kandidaten immer schlecht abgeschnit­ten haben, wär’s vielleicht am besten, es wäre jemand, der über die Parteigren­zen hinweg eine Reputation hätte.

Gibt’s Kontakte zu den anderen Gemeindera­tsfraktion­en?

Ich weiß, dass andere Fraktionen auch diskutiere­n. Aber mehr nicht.

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FOTO: GR Schon unter Bürgermeis­ter Rothmaier gab es Pläne, die Asphaltwüs­te des Schießwase­ns ansprechen­der zu gestalten. Dass das nun mit der Landesgart­enschau möglich wird, begrüßt Rolf Merz, Fraktionsv­orsitzende­r der CDU, im Sommerinte­rview.
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Rolf Merz

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