Aalener Nachrichten

„Chemnitz kann morgen schon hier sein“

Antikriegs­tag in Aalen gegen Gewalt, Rassismus und Fremdenhas­s.

- Von Markus Lehmann

AALEN - Eine Erinnerung an die über 80 Millionen Toten der beiden Weltkriege und ein aktueller Appell gegen Fremdenhas­s und Rassismus angesichts der Vorgänge in Chemnitz ist der Antikriegs­tag vor dem Aalener Rathaus gewesen. „Nie wieder Krieg! Abrüsten statt Aufrüsten! Gegen Hass, Fremdenfei­ndlichkeit und Rechtsextr­emismus!“, so hatte der Deutsche Gewerkscha­ftsbund den 1957 noch unter dem Eindruck der Tragödie des Zweiten Weltkriegs eingeführt­en Antikriegs­tag überschrie­ben.

Etwa 120 Besucher hatten die Kundgebung mit emotionale­n und eindringli­chen Reden im Fokus mitverfolg­t.

Richter: Die Stimme erheben

Am 1. September jährte sich der Überfall der Wehrmacht auf Polen zum 79. Mal. Pfarrer Bernhard Richter hatte auch an das Ende des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren und an den Beginn des Dreißigjäh­rigen Kriegs im Mai vor 400 Jahren erinnert und dabei gefragt, ob man sich denn angesichts dieser vergangene­n Kriege das Wochenende „verderben“lassen und sich den Kopf über Dinge aus der Vergangenh­eit den Kopf zerbrechen sollte. Richter beantworte­te diese Frage denn auch gleich: Angesichts der aktuellen Kriege und auch wegen zunehmende­r Fremdenfei­ndlichkeit und des zutage tretenden Rassismus’ sei es wichtiger denn je, die Stimme zu erheben. Auch angesichts der Gewalt und der Demonstrat­ionen in Chemnitz. Selbstvers­tändlich müssten straffälli­ge Flüchtling­e zur Verantwort­ung gezogen werden und das Land verlassen, sagte Richter weiter. Keinesfall­s dürfe aber aus solchen Geschehnis­sen heraus eine rassistisc­he Bewegung entstehen.

„Hetzjagd ist ein Verbrechen“

Darauf war auch der DGB-Kreisvorsi­tzende Josef Mischko eingegange­n: „Die Hetzjagd auf Migranten in Chemnitz ist keine verzeihlic­he Sünde, sondern ein rassistisc­hes Verbrechen“. Wer meine, dass Rechtsextr­emismus und rechtsradi­kale Gewalt allein ostdeutsch­e Phänomene seien, „der irrt gewaltig.“ Chemnitz könne schon morgen hier im Ostalbkrei­s sein. Und laut dem Polizeiprä­sidium Aalen sei der Nachbarkre­is, der Rems-MurrKreis, ein Schwerpunk­t von rechten Straftaten. Angesichts der Kommunalun­d Europawahl­en im kommenden Jahr müsse man alles dafür tun, so Mischko, dass die Rechtspopu­listen ihre Mandate nicht ausbauen und in die Parlamente einziehen könnten. Rassisten hätten in demokratis­chen Parlamente­n nichts verloren, genau so wenig wie in Betrieben und Verwaltung­en.

Geld für Waffen fehlt woanders

Mischko bezog auch Stellung gegen die geplante Verdoppelu­ng der Rüstungsau­sgaben mit deutschen Steuergeld­ern. Das sei der „pure Wahnsinn“und bedeute immer weniger Geld etwa für bezahlbare Wohnungen, Rente, Gesundheit, Pflege, Umwelt. Entschiede­n positionie­rte er sich auch gegen deutsche Rüstungsex­porte. Der völkerrech­tswidrige Einmarsch türkischer Soldaten nach Syrien mithilfe deutscher Leopard-Panzer mache die Folgen von Rüstungsex­porten deutlich.

Der katholisch­e Betriebsse­elsorger Rolf Siedler hatte den Antikriegs­tag musikalisc­h mitgestalt­et. Unter anderem mit einem tief ergreifend­en Lied über einen Soldatenfr­iedhof, das vom Kriegstod eines erst 18-jährigen Soldaten handelt.

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FOTO: MARKUS LEHMANN
 ?? FOTO: MARKUS LEHMANN ?? Antikriegs­tag in Aalen: Rund 120 Besucher haben die Kundgebung mit emotionale­n Reden mitverfolg­t. Betriebsse­elsorger Rolf Siedler hatte den Antikriegs­tag musikalisc­h mitgestalt­et.
FOTO: MARKUS LEHMANN Antikriegs­tag in Aalen: Rund 120 Besucher haben die Kundgebung mit emotionale­n Reden mitverfolg­t. Betriebsse­elsorger Rolf Siedler hatte den Antikriegs­tag musikalisc­h mitgestalt­et.

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