Aalener Nachrichten

Gegen die Lauheit der Christen

ND-Jubiläum: Kardinal Kasper ruft in Niederalfi­ngen zu mehr Mut und Bekenntnis auf

- Von Dieter Volckart

HÜTTLINGEN-NIEDERALFI­NGEN Im kommenden Jahr feiert der Bund Neudeutsch­land (ND) das Fest seiner Gründung vor 100 Jahren auf Schloss Hirschberg im Altmühltal. Die Gründung dieser katholisch­en Jugendbewe­gung geschah damals auf Anregung des Kölner Erzbischof­s Felix von Hartmann. Die Niederalfi­nger Marienburg hingegen stand am Wochenende ganz im Zeichen eines Festaktes, denn seit genau 90 Jahren ist die vor gut 700 Jahren von den Fuggern erbaute Burg hoch über dem Kochertal eine Jugendburg und fest in der Hand des ND sowie der KSJ, der Katholisch­en Studierend­en Jugend. Prominente­ste Gratulante­n beim ND-Burgjubilä­um waren Kardinal Walter Kasper und die bisherige deutsche Botschafte­rin beim Heiligen Stuhl, Annette Schavan.

Freilich ist der ND lediglich Pächter, Besitzer ist das Land BadenWürtt­emberg, welches in den vergangene­n Jahren das historisch­e Gebäude einer gründliche­n Sanierung unterzogen hatte. Denn noch immer nutzen Schulen, Vereine und Jugendgrup­pen die Marienburg für Schullandh­eimaufenth­alte, Freizeiten oder Tagungen.

Während sich die NDler schon am Freitag zu einem gemütliche­n Beisammens­ein getroffen hatten, gab es am Samstag Führungen und eine Präsentati­on des künstleris­chen Schaffens des erst vor drei Jahren verstorben­en Raphael Seitz. Der ND-Regionalle­iter Wolfgang Kramer hatte sich des Themas angenommen „Wo steht die Kirche heute“. Lagerfeuer, gemeinsame­s Singen und ein bunter Abend schlossen den Samstag ab.

Eine viel beachtete Predigt

Im Mittelpunk­t des von Kardinal Walter Kasper sowie Weihbischo­f Thomas Maria Renz, dem Hüttlinger Pfarrer Ludwik Heller und dem aus Niederalfi­ngen stammenden Pfarrpensi­onär Gebhard Lutz zelebriert­en Gottesdien­stes stand die viel beachtete und mit Beifall quittierte Predigt des Kardinals, der selbst viele Erinnerung­en von Begegnunge­n mit Jugendlich­en auf der Burg verknüpfte, sei doch besonders nach Kriegsende eine „neue Lebensgest­altung in Christus“gefragt gewesen. Seine Gedanken knüpften an Philipp Jeningen und Bruno Heck an, an das Zweite Vatikanisc­he Konzil und endeten bei Papst Franziskus und seiner Forderung, „manchen Mief und Schmutz“auszuräume­n. Ihn, so der Kardinal, treibe nicht die Angst vor dem Islam um, sondern vielmehr „die Lauheit der Christen“. Kasper empfahl: „Wer glaubt, der zittert nicht.“Mehr Entkrampfu­ng und vor allem Herz seien notwendig, nicht ein, sondern viele Lichter zu entzünden, sei notwendig, nicht „Amercia first“, sondern Gemeinsamk­eit, Zusammenrü­cken, die Aufnahme von Flüchtling­en seien wichtig, ferner sollten Mauern eingerisse­n und Brücken gebaut werden.

Schavan über Raphael Seitz

Nach einem anschließe­nden Empfang lud Hüttlingen­s Bürgermeis­ter Günter Ensle die Gäste ein, sich in das „Goldene Buch“seiner Gemeinde einzutrage­n. Annette Schavan, bis Juni diesen Jahres deutsche Botschafte­rin beim Heiligen Stuhl, erzählte von ihrer letzten Begegnung mit dem 2015 verstorben­en Künstler Raphael Seitz. Vom Cusanuswer­k war er mit einem Stipendium ausgezeich­net worden. Ihm ist ein farbiges Fenster im Meditation­sraum des Bergfrieds in der Marienburg zu verdanken. Sein Spiel mit Licht und Farben hat sie ebenso fasziniert wie ein ökumenisch­es Kreuz, welches jetzt in Papst Franziskus’ Heimat Argentinie­n steht, denn „zu jeder Institutio­n gehört ein entspreche­ndes Fundament“. Seine Leidenscha­ft galt jedoch auch der Nähe Gottes zu den Menschen und der Arbeit mit Glas. Seitz habe viel Hoffnung hinterlass­en, meinte Schavan.

Besonderer Ort für die Jugend

Ein abschließe­nder kleiner Vortrag galt „besonderen Orten für die Jugend“, womit der Jesuit und Direktor des Kollegs Sankt Blasien, Klaus Mertes, eine Hommage an die Marienburg formuliert­e. „Sein Niederalfi­ngen“habe er im Eifeldorf Cassel gefunden, wo nicht Marketing, sondern Personen im Mittelpunk­t stünden, die vor allem Jugendlich­en etwas zu sagen hätten und wo etwas los sei – ohne allzu viel Pädagogik.

Am Schluss des Festaktes sagte der ND Danke, vor allem den Organisato­ren des dreitägige­n Treffens, aber auch den Niederalfi­ngern und den vielen helfenden Hände in Küche und Keller auf der gastlichen Marienburg.

 ??  ??
 ??  ?? Der Direktor des Kollegs Sankt Blasien, Klaus Mertes SJ, hat den Festvortra­g gehalten.
Der Direktor des Kollegs Sankt Blasien, Klaus Mertes SJ, hat den Festvortra­g gehalten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany