Aalener Nachrichten

Die Interessen aller Anlieger abwägen

Gemeindera­t fasst Aufstellun­gsbeschlus­s für Röntgenstr­aße-Bebauungsp­lan, aber ohne Festlegung

- Von Eckard Scheiderer

AALEN - Bei einer Gegenstimm­e und einer Enthaltung hat der Gemeindera­t am Mittwoch in einer eigens dafür einberufen­en Sondersitz­ung den Aufstellun­gsbeschlus­s für einen Bebauungsp­lan für Veränderun­gen in der Röntgenstr­aße gefasst. Allerdings ohne sich festzulege­n, wie diese am Ende aussehen werden. Ziel soll sein, damit der Firma Iso Chemie die geplante Erweiterun­g am Standort Aalen zu ermögliche­n.

Wie bereits mehrfach berichtet, ist es Wunsch von Iso Chemie, das östliche Teilstück der Röntgenstr­aße als öffentlich­e Straße aufzuheben und ihr zu überlassen, um somit die geplante Firmenerwe­iterung – die Rede ist von einer Verdoppelu­ng der Kapazitäte­n in den nächsten Jahren – zu ermögliche­n. Im Gegenzug würde das Unternehme­n eine Wendeanlag­e finanziere­n, in der das westliche Teilstück der Röntgenstr­aße künftig enden soll. Eine Variante, die auch die Stadt bislang favorisier­t hat. Wogegen sich allerdings etliche andere Firmenanli­eger in der Straße massiv wehren.

Nachdem bei zwei Ortsbesich­tigungen (wir berichtete­n ebenfalls) auch andere, bislang kaum diskutiert­e Varianten für eine Verlegung der Straße ins Spiel gekommen waren, machte Erster Bürgermeis­ter Wolfgang Steidle im Gemeindera­t am Mittwoch deutlich, wenn das Gremium den Aufstellun­gsbeschlus­s für einen Bebauungsp­lan fasse, sei dies lediglich der Start ins Verfahren, nach jetzigem Stand aber keine Vorfestleg­ung. forderte Michael Fleischer (Grüne) Einsicht in die Erweiterun­gspläne.

„Interessen nicht ausspielen“

CDU-Fraktionsv­orsitzende­r Thomas Wagenblast plädierte für diesen Start in ein geordnetes Verfahren, nachdem man jetzt die Röntengstr­aße „gründlich durchleuch­tet“habe. Wäre von der Stadt die Wendeanlag­e allerdings nicht von Anfang an als Einstieg in dieses Verfahren präsentier­t worden, hätte das viel Ärger erspart. Die CDU, so Wagenblast weiter, respektier­e die Erweiterun­gswünsche von Iso Chemie, werde aber unterschie­dliche Interessen nicht gegeneinan­der ausspielen. Auch andere Anlieger hätten einen Anspruch darauf, dass ihre Unternehme­n auch künftig noch funktionie­rte. Auf Basis der Verkehrsme­ssungen, die sich im unteren Drittel dessen bewegten, was eine solche Straße vergleichb­ar aufnehmen müsste und könnte, sehe man eine gute Basis für eine tragfähige Lösung.

Für die Freien Wähler fiel das Statement von deren Fraktionsv­orsitzende­m Thomas Rühl kurz aus: Man wolle die Iso-Erweiterun­g an diesem Standort ermögliche­n und stimme einem Aufstellun­gsbeschlus­s daher zu.

„Ortstermin­e haben gut getan“

Sein Grünen-Kollege Michael Fleischer holte dafür wieder weiter aus. Die Aufhebung eines öffentlich­en Straßenstü­cks sei ein „spezieller Fall“, weswegen es vor der Sommerpaus­e nicht gelungen sei, das Verfahren in einer ausgewogen­en Form auf den Weg zu bringen. „Die Ortstermin­e haben der Sache gut getan, es hat sich inzwischen einiges geklärt“, sagte Fleischer weiter. Seine Fraktion wolle die Iso-Expansion unterstütz­en, aber abwägen mit den Interessen der anderen Anlieger, die zum Teil nachvollzi­ehbar und gewichtig seien. Er, so Fleischer, gehe davon aus, dass die Aussagen von Iso Chemie richtig seien, nun müsse das Unternehme­n aber auch liefern, wie die Erweiterun­g konkret aussehen solle. Jede Firma wolle logischerw­eise die größtmögli­che Lösung, aber Kompromiss bedeute auch, sich mit einer kleineren Lösung zufrieden zu geben. Wenn man mit einem Aufstellun­gsbeschlus­s das Bebauungsp­lanverfahr­en in Gang setze, gelte es, parallel dazu einen Kompromiss zwischen beiden Seiten zu erzielen.

SPD: Alle Pläne überprüfen

Erst mit einem Aufstellun­gsbeschlus­s könne Iso Chemie auch die Pläne für die geplante Erweiterun­g liefern, sagte für die SPD Hermann Schludi. Er regte zudem an, im Lichte der gesamten neuen Entwicklun­gen im Industrieg­ebiet – Stichwort neuer Anschluss an die B29 – alle dort geltenden bisherigen Bebauungsp­läne unter die Lupe zu nehmen. Holger Fiedler (Die Linke/Pro Aalen) meinte, aus Sicht der anderen Anrainer habe es „ein G’schmäckle“, wie sehr die Stadt auf Wunsch eines einzelnen Unternehme­ns hin bereits aktiv geworden sei, ohne dass überhaupt ein Aufstellun­gsbeschlus­s gefasst wurde. Und auch Gerichte, so seine Einschätzu­ng, würden im Streitfall nicht unbedingt die Lösung it einer Wendeanlag­e als die einzig richtige sehen.

„Jetzt muss Iso Chemie auch liefern“,

Stadt hat einen Anwalt

Fraktionsv­orsitzende­r Norbert Rehm (FDI) warnte davor, ein „enteignung­sgleiches Verfahren“ohne sorfältige Abwägung in Gang zu setzen. Seine Frage, ob die Stadt in der ganzen Sache inzwischen einen Anwalt hinzugezog­en habe, beantworte­te Steidle mit dem Hinweis, man habe sich dazu gewungen gesehen, nachdem sich mehere Anlieger der Röntgenstr­aße bereit seit geraumer Zeit anwaltlich beraten ließen. Steidle unterstric­h, die Stadt habe schon in den letzten Monaten versucht, die Akteure auf einer Kopromisse­bene zusammenzu­bringen. Spätestens im Herbst werde es zumindest Lagepläne für die geplante Iso-Erweiterun­g geben. Er, so Steidle, sei zuversicht­lich, „dass wir allen in den nächsten Monaten lösen können“.

Zu Beginn der Sitzung war Rehm mit einem Geschäftso­rdnungsant­rag gescheiter­t, das ganze Thema von der Tagesordnu­ng zu streichen. Man könne jetzt gar keinen Aufstellun­gsbeschlus­s fassen, weil es seitens der Verwaltung keine neue Vorlage dazu gebe. Außerdem liege nun ein Kompromiss­vorschlag vor, den es zunächst auszuloten gelte. Der gesamte Rest des Rats sah dies allerdings anders und lehnte Rehms Antrag geschlosse­n ab.

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ARCHIVFOTO: PETER GERCKE / DPA Der Gemeindera­t und OB Thilo Rentschler sollen „mit Zähnen und Klauen“für den Erhalt der Aalener Kinderklin­ik kämpfen, lautete am Mittwoch der Appell in einer Sitzung des Gremiums.

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