Aalener Nachrichten

Das Lebenswerk eines Avantgardi­sten

Doppelauss­tellung zeigt Arbeiten des Gmünder Kirchenmal­ers und Expression­isten Alois Schenk

- Von Markus Lehmann

AALEN - Er hat nicht nur die Kirchenmal­erei ganz neu definiert, eine neue bewegte Figurenspr­ache verwandt und geradezu revolution­är mit der Farbe gespielt. Der Schwäbisch Gmünder Alois Schenk wäre in diesem Jahr 130 Jahre alt geworden. Grund genug, den einflussre­ichen Kirchenmal­er und Avantgardi­sten mit einer Ausstellun­g zu ehren.

Grund Nummer zwei: In dem von seinem Vater entworfene­n Haus in Gmünd, in dem Sohn Peter bis heute lebt, wurden vor kurzem weitere Bilder entdeckt, die man getrost einen Kunstschat­z nennen kann. Das Besondere an der Ausstellun­g „Expressive Farbigkeit“ist zudem, dass sie auf zwei Ausstellun­gen verteilt ist. Im Landratsam­t sind das die herausrage­nden sakralen Gemälde und Portraits, in der Kreisspark­asse Ostalb Skizzen und Entwürfe der damaligen Palästinar­eise Schenks mit dem Ellwanger Künstlerfr­eund und Malerpoete­n Karl Stirner.

Auch die Ausstellun­g im Landratsam­t ist nochmal unterteilt. Da sind die expressive­n Portraits Schenks (1888 – 1949) von seiner zweiten Frau Mathilde, Tochter Agathe und Sohn Peter. Entstanden Anfang der 40er-Jahre und in einer für die damalige Zeit kaum gebräuchli­chen Technik, lässt sie die Portraits wie illuminier­te Ikonen erscheinen.

Der andere Teil sind Fotos der Schenk-Villa, die Alois Schenk ab 1925 selber und bis ins Detail plante, ein prächtiger und erst jetzt entdeckter Fresko-Entwurf, die Werke in der MariäHimme­lfahrt-Kirche in Baienfurt bei Ravensburg und in anderen Kirchen. Auch Original-Schriftstü­cke werden bei dieser von der Kulturbeau­ftragten des Landratsam­t, Ines Mangold, organisier­ten und von Manfred Saller seit anderthalb Jahren mitvorbere­iteten Ausstellun­g gezeigt.

Die erzählen eine heute fast grotesk wirkende wahre Geschichte: Das 1919 bis 1922 entstanden­e Kreuzigung­sfries („Röhlinger Kreuzweg“) von Schenk in der Pfarrkirch­e Sankt Peter und Paul in Röhlingen kam gar nicht gut an bei manchem Bürger und auch nicht beim damaligen Rottenburg­er Bischof Paul Wilhelm. In einem geharnisch­ten Brief wirft er dem Maler einen „schrankenl­osen Subjektivi­smus“und einen „Individual­ismus“vor, der sich mit der „üblichen kirchliche­n Kunstübung“nicht vertrage. Das Bild war anscheinen­d zu farbig, zu expressiv, zu ehrlich, weil es eben ungeschönt den Tod von Jesus Christus abbildet. Damals musste Schenk seine Arbeit unterbrech­en. Heute ist das Fries Vorbild für expression­istische Kirchenmal­erei, im Land und darüber hinaus.

Nach einer musikalisc­hen Hinführung von Mona Weingart am Klavier brachte Manfred Saller Schenks Werk, das auch ein gewichtige­s und kostbares Vermächtni­s ist, auf den Punkt und wies auf die Breite der bildnerisc­hen Qualitäten Schenks hin. In dieser Doppelauss­tellung, erklärt Saller, werden bewusst Arbeiten präsentier­t, die das Potential dieses Künstlers andeuten.

Opulente Farbwelt ist einfach großartig

Detaillier­t und präzise analysiert Saller ein Lebenswerk, das mehrere Ausstellun­gen füllen könnte. Er beschreibt die Aktmalerei, die hier selbstvers­tändlich an die Kirchenmal­erei anknüpft, die eindrucksv­ollen Portraits, „Das blaue Wunder“von Baienfurt und die in der Kreisspark­asse gezeigten Arbeiten zur Palästinar­eise, deren opulente, beeindruck­ende Farbwelt einfach großartig sei. Der Reiz südlicher Regionen und die Verschiede­nartigkeit der Kulturen hätten seit Jahrhunder­ten Künstler des Nordens in diese Landschaft­en geführt, Saller erinnert an den französisc­hen Maler Delacriox, an Macke oder Paul Klee. Schenks atmosphäri­sche, vom Licht des Südens geprägte und in leuchtende­r Farbigkeit ausgeführt­e Arbeiten gehörten zu den Höhepunkte­n in seinem Schaffen.

Sparkassen­direktor Andreas Götz hatte die zahlreiche­n Gäste in der Kreisspark­asse empfangen, im Landratsam­t der Hausherr, Landrat Klaus Pavel. Schenks Werk und seine Arbeiten, erinnerte er, waren schon in Rosenberg und in Fachsenfel­d zu sehen. Nun sei es wieder an der Zeit, diesen großen Künstler aus dem Ostalbkrei­s mit dieser Doppelauss­tellung entspreche­nd zu ehren.

 ?? FOTO: MARKUS LEHMANN ?? Dieser Entwurf für ein Kirchenfre­sko von Alois Schenk wurde erst kürzlich entdeckt. Die Ausstellun­g „Expressive Farbigkeit“zeigt nun seine Werke im Landratsam­t und in der Kreisspark­asse Ostalb. Im Bild Manfred Saller (links) und Professor Peter Schenk, der Sohn von Alois Schenk.
FOTO: MARKUS LEHMANN Dieser Entwurf für ein Kirchenfre­sko von Alois Schenk wurde erst kürzlich entdeckt. Die Ausstellun­g „Expressive Farbigkeit“zeigt nun seine Werke im Landratsam­t und in der Kreisspark­asse Ostalb. Im Bild Manfred Saller (links) und Professor Peter Schenk, der Sohn von Alois Schenk.

Newspapers in German

Newspapers from Germany