Das Lebenswerk eines Avantgardisten
Doppelausstellung zeigt Arbeiten des Gmünder Kirchenmalers und Expressionisten Alois Schenk
AALEN - Er hat nicht nur die Kirchenmalerei ganz neu definiert, eine neue bewegte Figurensprache verwandt und geradezu revolutionär mit der Farbe gespielt. Der Schwäbisch Gmünder Alois Schenk wäre in diesem Jahr 130 Jahre alt geworden. Grund genug, den einflussreichen Kirchenmaler und Avantgardisten mit einer Ausstellung zu ehren.
Grund Nummer zwei: In dem von seinem Vater entworfenen Haus in Gmünd, in dem Sohn Peter bis heute lebt, wurden vor kurzem weitere Bilder entdeckt, die man getrost einen Kunstschatz nennen kann. Das Besondere an der Ausstellung „Expressive Farbigkeit“ist zudem, dass sie auf zwei Ausstellungen verteilt ist. Im Landratsamt sind das die herausragenden sakralen Gemälde und Portraits, in der Kreissparkasse Ostalb Skizzen und Entwürfe der damaligen Palästinareise Schenks mit dem Ellwanger Künstlerfreund und Malerpoeten Karl Stirner.
Auch die Ausstellung im Landratsamt ist nochmal unterteilt. Da sind die expressiven Portraits Schenks (1888 – 1949) von seiner zweiten Frau Mathilde, Tochter Agathe und Sohn Peter. Entstanden Anfang der 40er-Jahre und in einer für die damalige Zeit kaum gebräuchlichen Technik, lässt sie die Portraits wie illuminierte Ikonen erscheinen.
Der andere Teil sind Fotos der Schenk-Villa, die Alois Schenk ab 1925 selber und bis ins Detail plante, ein prächtiger und erst jetzt entdeckter Fresko-Entwurf, die Werke in der MariäHimmelfahrt-Kirche in Baienfurt bei Ravensburg und in anderen Kirchen. Auch Original-Schriftstücke werden bei dieser von der Kulturbeauftragten des Landratsamt, Ines Mangold, organisierten und von Manfred Saller seit anderthalb Jahren mitvorbereiteten Ausstellung gezeigt.
Die erzählen eine heute fast grotesk wirkende wahre Geschichte: Das 1919 bis 1922 entstandene Kreuzigungsfries („Röhlinger Kreuzweg“) von Schenk in der Pfarrkirche Sankt Peter und Paul in Röhlingen kam gar nicht gut an bei manchem Bürger und auch nicht beim damaligen Rottenburger Bischof Paul Wilhelm. In einem geharnischten Brief wirft er dem Maler einen „schrankenlosen Subjektivismus“und einen „Individualismus“vor, der sich mit der „üblichen kirchlichen Kunstübung“nicht vertrage. Das Bild war anscheinend zu farbig, zu expressiv, zu ehrlich, weil es eben ungeschönt den Tod von Jesus Christus abbildet. Damals musste Schenk seine Arbeit unterbrechen. Heute ist das Fries Vorbild für expressionistische Kirchenmalerei, im Land und darüber hinaus.
Nach einer musikalischen Hinführung von Mona Weingart am Klavier brachte Manfred Saller Schenks Werk, das auch ein gewichtiges und kostbares Vermächtnis ist, auf den Punkt und wies auf die Breite der bildnerischen Qualitäten Schenks hin. In dieser Doppelausstellung, erklärt Saller, werden bewusst Arbeiten präsentiert, die das Potential dieses Künstlers andeuten.
Opulente Farbwelt ist einfach großartig
Detailliert und präzise analysiert Saller ein Lebenswerk, das mehrere Ausstellungen füllen könnte. Er beschreibt die Aktmalerei, die hier selbstverständlich an die Kirchenmalerei anknüpft, die eindrucksvollen Portraits, „Das blaue Wunder“von Baienfurt und die in der Kreissparkasse gezeigten Arbeiten zur Palästinareise, deren opulente, beeindruckende Farbwelt einfach großartig sei. Der Reiz südlicher Regionen und die Verschiedenartigkeit der Kulturen hätten seit Jahrhunderten Künstler des Nordens in diese Landschaften geführt, Saller erinnert an den französischen Maler Delacriox, an Macke oder Paul Klee. Schenks atmosphärische, vom Licht des Südens geprägte und in leuchtender Farbigkeit ausgeführte Arbeiten gehörten zu den Höhepunkten in seinem Schaffen.
Sparkassendirektor Andreas Götz hatte die zahlreichen Gäste in der Kreissparkasse empfangen, im Landratsamt der Hausherr, Landrat Klaus Pavel. Schenks Werk und seine Arbeiten, erinnerte er, waren schon in Rosenberg und in Fachsenfeld zu sehen. Nun sei es wieder an der Zeit, diesen großen Künstler aus dem Ostalbkreis mit dieser Doppelausstellung entsprechend zu ehren.