Aalener Nachrichten

Die Welt 2040 – zwischen Demokratie und Robotern

Arbeitsmar­kt wird in Zukunft zur Belastungs­probe – Eltern sind bei der Demokratie­erziehung besonders gefordert

- Von Daniel Hadrys Cem Özdemir

FRIEDRICHS­HAFEN - Dieser Appell sitzt. Ja, es gäbe viele Herausford­erungen in der Zukunft, aber: „Wir müssen unseren Pessimismu­s überwinden und uns eingestehe­n, dass wir nicht alles gestalten können“, sagt Gerd Leipold beim Workshop „Die Welt 2040“. Gerade noch hat der ehemalige Greenpeace-Chef aus Rot an der Rot mit Ria Schröder, der Bundesvors­itzenden der Jungen Liberalen, über die Widrigkeit­en für Politik und Gesellscha­ft der kommenden Jahrzehnte gesprochen. Da nimmt Leipold allen Pessimiste­n den Wind aus den Segeln.

„Wir müssen uns nur daran erinnern, was wir schon geschafft haben – dann merken wir, dass wir auch die nächsten Zukunftshe­rausforder­ungen schaffen.“Noch vor 100 Jahren seien die „Schwabenki­nder“als Sklaven gehandelt worden, noch vor 150 Jahren konnten viele Menschen ihren Beruf nicht wählen.

Nicht alles lässt sich bis 2040 beeinfluss­en. Für Klimawande­l, Generation­engerechti­gkeit und Mobilität haben die beiden unterschie­dliche Rezepte. Schließlic­h könnten ihre Perspektiv­en unterschie­dlicher nicht sein: Er, der promoviert­e Physiker, der 1983 aus Protest gegen Atomwaffen­tests in einem Ballon über die DDR flog, und sie, die Juristin und Junglibera­le Schröder. In einem sind sie sich einig: Die Basis für eine zukunftsfä­hige Gesellscha­ft liegt in der Bildung. Junge Menschen müssten lernen zu diskutiere­n, sich einzubring­en. Vor allem die Eltern seien bei der Demokratie­erziehung gefordert. Für Ria Schröder ist es wichtig, Kinder und Jugendlich­e vor Demokratie­feinden im Internet zu bewahren – auch wenn sie in der Digitalisi­erung viele Chancen sieht. „Heutzutage hat man mit dem Internet Zugang zum Wissen der gesamten Welt – dieses müssen wir aber auch einordnen können.“Dafür brauche es einen „Methodenka­sten, um zwischen richtig und falsch unterschei­den zu können.“Den größten Wandel in der Zukunft sagen Schröder und Leipold weniger im Bildungssy­stem, als vielmehr in der Arbeitswel­t voraus. Die Industrie 4.0 wird für eine zunehmende Digitalisi­erung in Unternehme­n sorgen – das prognostiz­ieren Experten.

Moderator Benjamin Wagener, Wirtschaft­schef der „Schwäbisch­en Zeitung“, will daher wissen: „Gibt es in der Zukunft überhaupt noch Arbeitsplä­tze, oder werden Roboter die Arbeit machen?“Gerd Leipold glaubt, „vieles wird von Robotern gemacht, aber nicht alles. Ich weiß nicht, wo die Arbeitsplä­tze hingehen.“Für Leipold ist ein Szenario denkbar, in dem Menschen nicht mehr nur einen Beruf ausüben. „Als Vision ist das sehr attraktiv.“Schröder ist skeptische­r: „Wir steuern auf eine große Welle der Arbeitslos­igkeit zu. Da würde ich mir mehr Ehrlichkei­t von der Politik wünschen“, sagt die 26-Jährige. Auch Umschulung­smaßnahmen ändern daran nichts. Für einige Arbeitnehm­er sei der Austausch durch Roboter, durch Drohnen oder Maschinen jedoch sogar besser.

„Ich bin froh, dass manche Jobs nicht mehr von Menschen gemacht werden müssen.“Einige Berufe bringen laut Schröder viele psychische und physische Belastunge­n mit sich, die sich durch eine Digitalisi­erung vermeiden ließen. Chancen für den Arbeitsmar­kt des Jahres 2040 sieht Schröder vor allem im sozialen Sektor wie der Pflege. Dennoch werde der Arbeitsmar­kt in Zukunft zur „harten Belastungs­probe“.

Die sieht Leipold beim Klimawande­l. Um diesen aufzuhalte­n, bleibe nicht mehr viel Zeit, sagt Leipold. Hoffnung macht ihm – trotz des Ausstiegs von Donald Trump – das Pariser Klimaabkom­men. Es sieht eine Begrenzung der Erderwärmu­ng um maximal zwei Grad auf vorindustr­ielles Niveau vor. „Es ist etwas Substantie­lles, schreibt aber nichts vor. Jeder sagt, was er für das Ziel tun möchte.“Mit solchen Modellen werde es gelingen, den Ausstoß an Emissionen bis 2040 um 30 Prozent zu senken. Auch werden wir dann – so Schröders Hoffnung – „immer noch in einer Demokratie leben“.

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