Aalener Nachrichten

Ellwangen setzt Zeichen für Demokratie

Buntes Fest am Fuchseck war ein Fest der Vielfalt, der Freiheit und der Menschenre­chte

- Von Beate Gralla

ELLWANGEN - Es ist ein friedliche­s und fröhliches Fest und ein klares Zeichen für Demokratie und gegen Rassismus gewesen, das die Ellwangeri­nnen und Ellwanger quer durch alle Altersklas­sen und Gesellscha­ftsschicht­en am Fuchseck gefeiert haben. „#wir sind mehr“war zwar nicht das Motto, aber es hätte gepasst. Um die 1000 Menschen waren im Lauf des Vormittags da, schätzten die Veranstalt­er.

„Wir wollen der Menschlich­keit ein Gesicht geben“, sagte Josef Baumann von der Mahnwache Ellwangen, der die Veranstalt­ung moderierte. Es solle ein buntes Fest der Vielfalt werden. Und das wurde es.

Menschen aus 90 Nationen leben in Ellwangen

An die allererste Deklaratio­n der Menschenre­chte der Israeliten erinnerte Pfarrer Martin Schuster. Schon vor über 2000 Jahren hätten die Israeliten ein Leitbild für das Zusammenle­ben der Kulturen in Frieden entwickelt: Schwerter zu Pflugschar­en, Speere zu Sensen und jedem, egal welcher Hautfarbe, einen Platz unterm Weinstock. Das wünsche er allen Menschen. Gudrun Löffler stellte ein Bild der Künstlerin Susanne Scholz vor. Ihr Fazit: Frieden erfordert Courage. Ellwangen stehe heute für das Recht auf freie Meinungsäu­ßerung und Gerechtigk­eit ein, sagte Oberbürger­meister Karl Hilsenbek. Er freute sich, dass so viele zu dem spontanen Fest gekommen waren und erinnerte daran, dass Ellwangen, eine Stadt gegen Rassismus und mit Courage sei. Integratio­n sei in der Stadt, in der 90 Nationen leben, selbstvers­tändlich.

„Wir erleben eine Menschenkr­ise“

Menschenre­chte seien unteilbar, betonte Peter Lehle, Leiter des Kreisberuf­sschulzent­rums Ellwangen. AfD, Pegida und Identitäre sähen das ganz anders, bei ihnen sei die Würde der Nichtdeuts­chen schnell antastbar. „Wir wollen keinen Rassismus.“An der Schule gebe es gut 70 Flüchtling­e, die meisten könnten von Krieg, Todesangst, Hunger, Entbehrung und katastroph­alen Arbeitsbed­ingungen berichten. „Wir dürfen sie nicht ausgrenzen.“

Die Flüchtling­e seien keine Fälle. Sie seien Menschen, sie hätten Namen, sie arbeiteten, wenn man sie lasse, sagte Lehle und erzählte von Ulrich aus Kamerun, der in der Gastronomi­e arbeitet, oder Jonas aus Somalia schlägt Brezelteig in Neunheim. Und das seien nur einige von vielen. Wolfgang Lohner und Amelie Fischer von Amnesty Internatio­nal erinnerten an den Geburtstag der UN-Menschenre­chtscharta: „Wir erleben hier keine Flüchtling­skrise, sondern eine Menschenkr­ise.“Rolf Siedler von der katholisch­en Betriebsse­elsorge betonte, Verantwort­ung sei die Lebensader der Demokratie: „Wo alle ja sagen, sagt mal nein, hebt die Köpfe, nicht die Hände.“

Dass die Menschenre­chte der UN-Charta bei weitem nicht überall auf der Welt gelten, machten Christine Ostermaier, Martina Abele und Bernadette Kohler vom Weltladen deutlich. Sklaverei sei noch lange nicht abgeschaff­t, den Preis für unseren Wohlstand bezahlten viele mit Sklaverei auf den Plantagen und beim Abbau seltener Erden. Meinungsfr­eiheit gelte nicht für alle: „Es ist ein großes Glück für unsere Gesellscha­ft, auf diese Rechte aufgebaut zu sein.“

Den eigenen Horizont erweitern

Anita Scheiderer vom katholisch­en Dekanat forderte dazu auf, den Friedensge­danken weiterzutr­agen. Die Schriftste­llerin Beate Rothmaier beschäftig­te sich mit Begriffen in anderen Sprachen, für die es im Deutschen keine Entsprechu­ng gebe. Am besten gefalle ihr das Wort Ubuntu in einer südafrikan­ischen Stammesspr­ache. Es bedeute „Ich finde meinen Wert in dir und du in mir.“Tinesch Selvaratna­m vom Vorstand des Trägervere­ins Jugendzent­rum forderte alle dazu auf, den eigenen Horizont zu erweitern. Es sei nicht so, dass alles, was von außen komme, eine Gefahr sei. Man solle aufeinande­r zugehen und die Scheuklapp­en absetzen. Die Kinder auf den Spielplätz­en lebten das vor.

Neben vielen Reden gab’s auch Musik

Klaus Opferkuch, einer der Organisato­ren, berichtete, dass das Transparen­t „Ellwangen ist bunt“in der Nacht abgerissen und beschmutzt wurde. Das zeige, dass man sich gegen die stellen müsse, die die Demokratie gefährdete­n.

Das haben die vielen Ellwangeri­nnen und Ellwanger am Fuchseck getan. Sie hörten von 11 bis 14.30 Uhr nicht nur den Reden zu, sondern auch der Musik von unter anderem Anina Batz und Florian Hock, Andrea Batz und Reinhard Krämer, der Hunke-Band und der Gruppe Sonic Insane. Riesenbeif­all bekam auch Sanhida Gamal für ihren orientalis­chen Tanz.

Schon um 10 Uhr hatte die Gmünder Aktion Refugees Welcome eine Kundgebung am Fuchseck gemacht. Sie warb für eine Gesellscha­ft der Vielfalt und warnte vor der AfD: Sie spiele mit den Ängsten der Menschen.

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