Der Beginn einer Künstlerkarriere
Der 24-jährige Aalener Tobias Kerger will diplomierter Kunstmaler werden.
AALEN - Der junge Mann hat seine Berufung gefunden – er will malen, und sonst nichts. Der 24-jährige Tobias Kerger aus Aalen studiert an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig und fühlt sich damit so richtig wohl. Derzeit stellt er – außerhalb des Studiums – im Café Wunderlich in der Rittergasse aus. Dort prangt auch sein bisher größtes Werk: Er hat schon vor eineinhalb Jahren die Garage gegenüber des Szenecafés gestaltet.
So was gefällt ihm: Kunst mitten unter den Leuten. „Ich male, seit ich denken kann“, sagt der 24-Jährige. Und doch hat es einige Zeit gedauert, bis er seine Destination gefunden hat. Nach einem missglückten Versuch, Raumausstatter zu werden, absolvierte er eine Lehre zum Mechatroniker. Aber irgendwie war das nichts: „Ich habe gesehen, dass der Alltag in einem Betrieb nicht so mein Ding ist.“Nun startet er ins vierte Semester an der renommierten Leipziger Hochschule, gegründet 1764 und damit eine der ältesten staatlichen Kunsthochschulen in Deutschland. 600 Studierende lernen dort in vier Studiengängen, Kerger hat sich für den Studiengang Malerei/Grafik entschieden. Ziel ist das Diplom.
Allerdings dauerte es, bis die Entscheidung reif war. Erst nach einem Besuch bei seiner Mutter auf Hawaii war er sich sicher, dass die Malerei sein Ding ist. Die Wahl fiel in seiner Familie – er hat acht Schwestern und vier Brüder – nicht nur auf Zustimmung. Die Aussichten, damit auch mal sein Geld zu verdienen, sind nicht die rosigsten. Aber: Kerger ist nicht nur fleißig, sondern auch Optimist: „Das Glück trifft immer den gut Vorbereiteten“, sagt er lachend, „ich glaube schon, dass man damit Geld verdienen kann. Heutzutage gibt es ja Kunst an jeder Ecke, unzählige Möglichkeiten, auch digital.“
Über „viele und spannende Umwege“nach Leipzig
Über „viele und spannende Umwege“– beispielhaft nennt er Amsterdam und die Ukraine – sei er nun in Leipzig gelandet. Und fühlt sich dort wohl. „Leipzig ist eine junge, lebendige Stadt mit einer tollen Kunstszene“, freut er sich, „hier in Aalen und der Umgebung hat mir ein bisschen das Feuer gefehlt.“
Im Umfeld der Leipziger Hochschule gibt es große Namen, Kerger nennt Neo Rauch als Beispiel, oder den 2017 verstorbenen Arno Rink, beide Absolventen und später Professoren, aber auch den Medienkünstler Julius Popp. „In Leipzig ist die Kunst eben mitten in der Stadt.“
Die Ölbilder, die nun im Wunderlich zu sehen sind, entstanden aber außerhalb seines Studiums und beschäftigen sich mit einem weiteren Thema, das ihm am Herzen liegt: der Umwelt. Zu sehen sind heimische Tierarten, entweder ausgestorben oder auf dem Weg dazu, aus der Welt zu verschwinden: Waldrapp, Edelkrebs zum Beispiel. „Für mich ein großes Thema“, sagt Kerger, „ein Thema, das mich beschäftigt.“Und sich deshalb auch künstlerisch niederschlägt. Teile des Erlöses aus eventuellen Verkäufen will er dem Naturschutzbund spenden. „Klar ist
„Das Glück trifft immer den gut Vorbereiteten.“Tobias Kerger über seine Zukunftsaussichten als Maler.
meine Sichtweise etwas naiv, aber unser Umgang mit der Umwelt macht mich eben traurig.“
Die Tiere hat er so dargestellt, wie sie nun mal sind, aber das Umfeld ist verzerrt, surreal. Eine „Message“verbindet er damit nicht unbedingt, jeder Betrachter möge sich seine eigenen Gedanken machen. Und da für ihn die Malerei auch die ständige Suche nach etwas Neuem ist, experimentiert er gerne. „Man geht ja an eine Kunstakademie, um seinen Stil zu finden, um zu lernen, um möglichst offen zu sein. Auch die jetzige Ausstellung ist ein Weg herauszufinden, was ich will“, fasst er sein Kunstverständnis zusammen. Für einige Zeichnungen ist er beispielsweise auf den Unterkochener Friedhof gegangen, hat dort Holzstücke gesammelt, um sich selbst Zeichenkohle herzustellen. Die Höhlenmalerei hat es ihm angetan: „Das hat seit 30 000 Jahren keiner mehr gemacht, das kann man doch mal wieder machen, oder?“
„Malerei gibt es, seit es Menschen gibt“
Und das bringt ihn zurück zu seinen Jobchancen: „Malerei gibt es, seit es Menschen gibt, und es wird sie auch immer geben.“ Die Ausstellung im Café Wunderlich in der Rittergasse ist bis zum
15. November zu sehen. Im kommenden Frühjahr stellt Tobias Kerger im Rahmen von „Kunst von uns“in der Galerie des Aalener Kunstvereins aus.