Aalener Nachrichten

Kevin Kühnert zum ersten Mal in Aalen

Bundestags­abgeordnet­e Leni Breymaier besucht mit dem Juso-Chef die Hochschule

- Von Eva-Marie Mihai

AALEN - Aalen ist nicht Berlin – das hat der Juso-Chef Kevin Kühnert zu spüren bekommen, als er sich in der Aula der Aalener Hochschule auf die abendliche Veranstalt­ung vorbereite­te. „Eine halbe Stunde vorher war es noch relativ leer, Punkt 19 Uhr kamen die Besucher dann alle um die Ecke“, erzählte Kühnert, der zum ersten Mal in der Stadt war. Fast niemand hätte den Saal zu spät betreten – in Berlin hätte das anders ausgesehen.

Kühnert hat mit der SPD-Bundestags­abgeordnet­en Leni Breymaier die Hochschule besucht. Das Konzept war kurzweilig: Zwei junge Poetry-Slamer trugen Texte vor, deren thematisch­en Inhalte die beiden Politiker hinterher besprachen. Dabei ging es unter anderem um Vielfalt. „Für mich ist das, was ich jeden Tag in Berlin auf der Straße sehe“, sagte Kühnert. Vielfalt werde von Menschen gemacht, als Beispiel nannte er die Ehe für alle. „Manchmal ist man Teil der Mehrheit, manchmal Teil der Minderheit.“In diesem Fall sei die Ehe für alle vor allem für die Betroffene­n wichtig – er selbst sei im vergangene­n Jahr auf drei Hochzeiten gewesen, die so vor der Gesetzesän­derung nicht stattgefun­den hätten.

Unterschie­dliche Meinung zur Groko und Humor im Netz

Nicht einer Meinung waren sich die beiden Politiker bei der Frage um die große Koalition. „Ich hab mich gefragt, wo kommen die Mehrheiten her für meine Inhalte, wenn wir in die Opposition gehen und ein rechtskons­ervatives Parlament haben“, sagte Breymaier. Kühnert dagegen spricht von einer Zwangsehe. In die „No-Groko“-Kampagne sei er aber mehr oder weniger hineingesc­hlittert. Ein weitere Punkt, in dem sich die Politiker unterschie­den, ist ihr Umgang mit Hass-Kommentare­n. „Ich finde, dass Ironie oder Humor manchmal angebracht ist“, sagt Kühnert, der seit neun Jahren ein Facebook-Profil hat. Er wolle sich nicht auf dasselbe Niveau von Trollen herablasse­n und auf Beleidigun­gen nicht mit Beleidigun­gen reagieren. „Ich schaue mir ganz oft das Profil der Leute an“, erzählt er. Hat der User vier Freunde und liked nur rechte Seiten, lösche er die Kommentare. „Ich hab´ keine Lust, denen die Reichweite zu schenken, die ich mir online erarbeitet hab´.“

Mit spaßigen Antworten hat Breymaier keine guten Erfahrunge­n gemacht, sie schickt einen standardis­ierten Text zurück. Allerdings mache sie sich oft ein persönlich­es Späßchen daraus, die User grundsätzl­ich als „sehr geehrte Frau“anzureden, auch wenn es offensicht­lich Männer seien. Der Hass berühre einen aber schon: „Das bleibt ja nicht in den Kleidern hängen“, sagt die SPD-Frau. Das Netz sei so unmittelba­r. „Jeder, der nur einmal in einer Talkshow sitzt, bekommt sofort mitgeteilt, was für eine daube Schell er ist.“Das Gekübel gehe so schnell, daher fordere sie auf, auch Positives zu schreiben und online zu loben.

„Was mich nervt, ist, dass die Leute im Netz ständig aneinander vorbeirede­n“, sagt Kühnert. Egal, was er schreibe, jemand kommentier­e grundsätzl­ich einen Text darunter, der mit dem genannten Thema gar nichts zu tun habe. Aber über die Medienkomp­etenz der breiten Masse ließe sich auch streiten.

Ganz anders sei es, wenn man mit den Menschen in persönlich­em Kontakt stehe, sagt Kühnert. Da fielen die Reaktionen komplett anders aus, weil die Anonymisie­rung des Netzes nicht mehr da sei. „In den vergangene­n zehn Monaten ist es genau zweimal vorgekomme­n, dass Leute mich auf der Straße beschimpft haben.“

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FOTO: THOMAS SIEDLER SPD-Bundestags­abgeordnet­e Leni Breymaier und Juso-Chef Kevin Kühnert im Gespräch.

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