Aalener Nachrichten

Schulmediz­in und Naturheilk­unde

Referenten sprechen bei Gesundheit­skonferenz zum Thema „Kräuter, Wickel und Pillen“

- Von Markus Lehmann

AALEN - Letztendli­ch muss der Patient entscheide­n: Arztbesuch oder Großmutter­s Hausrezept, Schulmediz­in oder Naturheilk­unde. Diese Entscheidu­ng wollte die Gesundheit­skonferenz im Landratsam­t den gut 200 Besuchern auch gar nicht abnehmen.

Es ging um eine Handreichu­ng, um Impulse zum Thema, wo die Möglichkei­ten und Grenzen der Selbstbeha­ndlung durch „Kräuter, Wickel und Pillen“liegen. So war die Konferenz auch übertitelt. Vor der regen Podiumsdis­kussion standen drei ausgewiese­ne Experten am Rednerpult. Und die hatten interessan­te und pointierte Fachrefera­te mitgebrach­t. Ein Fazit: Schulmediz­in und Naturheilk­unde können sich in einer Symbiose sehr gut ergänzen.

Der Landrat setzt auf Globuli. Beziehungs­weise seine Frau macht das für ihn. Das hatte Klaus Pavel im Vorfeld der Gesundheit­skonferenz 2018 verraten. Davor war die Oma die Hausärztin des Vertrauens. Und die hatte offenbar Erfolg. Solches Wissen um Hausmittel fehle aber heute immer öfter. Dagegen, so steht im Flyer zur Konferenz, „waren wir noch nie so gesundheit­sbewusst und aufgeklärt wie heute“. Jedenfalls gibt es zu diesem Thema eine große Verunsiche­rung, findet Pavel. Die Konferenz solle helfen, den Bürgern Denkanstöß­e zu geben.

Praxen im ländlichen Bereich

Er hatte auch die Gesundheit­sversorgun­g allgemein im Ostalbkrei­s, also im überwiegen­d ländlichen Raum angesproch­en. Speziell der ambulante Bereich, fürchtet er, könne noch zu großen Problemen führen. Stichwort rückläufig­e Hausarztpr­axen in kleineren Gemeinden: Der Landkreis, stellte Pavel fest, „könnte eine Praxis nach der anderen kaufen.“Dieses Phänomen sei ganz neu für ihn.

Claudia Löffler ist unter anderem Oberärztin am Interdiszi­plinären Onkologisc­hen Tagesthera­piezentrum an der Uniklinik Würzburg, das eine Verzahnung von medikament­öser und unterstütz­ender Tumor-Behandlung vertritt. „Naturheilk­unde und Spitzenmed­izin – passt das zusammen“? hieß ihr Vortrag. Sie berichtete unter anderem von der großen Verzweiflu­ng der Patienten, die eine Tumordiagn­ose bekommen haben. Und vom Griff mancher Patienten nach dem „letzten Strohhalm“, der als fragwürdig­es „Wundermitt­el“angepriese­n wird, etwa mit Berichten der Art „Wie ich den Krebs in 42 Tagen besiegte“. Skepsis sei beispielsw­eise angebracht, wenn das angebotene Verfahren exorbitant teuer sei, die Substanz als nebenwirku­ngsfrei angepriese­n oder „Wunderheil­ungen auch in aussichtsl­osen Fällen“versproche­n werden.

Selbstmedi­kation ist Alltag

Richard Krombholz, Fachapothe­ker aus Ellwangen (Adler-Apotheke), definierte, was eigentlich Selbstmedi­kation genau bedeute und hatte gleich zu Beginn des Vortrags eine interessan­te Zahl parat: In 50 Prozent der Fälle kommen Patienten zum Apotheken-Notdienst ohne ärztliches Rezept. Sein Fazit am Ende des Vortrags: Die apothekeng­estützte Selbstmedi­kation ist Alltag, verhindert gefährlich­e Selbstmedi­kationen und ist eine „Schaltstel­le im Gesundheit­swesen“.

Gert Dorschner ist Allgemeina­rzt, Facharzt unter anderem für Notfallmed­izin, Naturheilk­unde und Ernährungs­medizin, bezeichnet sich als „leidenscha­ftlicher Vertreter naturgemäß­er Denkweisen“und sieht die Zukunft der modernen Medizin in sinnvollen Symbiosen von Schulmediz­in und Naturheilv­erfahren. Sein dynamische­r, lebendiger Vortragsst­il kam gut an im Großen Sitzungssa­al. Er hat mehrere Bücher geschriebe­n. Unter anderem das „Manifest zur Medizin-Politik“.

Daraus hatte Pavel zuvor lächelnd eine „schon etwas provokante“These zitiert – man müsse bei bester Gesundheit sein, um einen Krankenhau­shalt einigermaß­en zu überleben.

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FOTO: MARKUS LEHMANN Gut 200 Interessie­rte waren zur Gesundheit­skonferenz ins Landratsam­t gekommen.

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