Aalener Nachrichten

„Tutta forza“für das Jüngste Gericht

Aalener Kammerchor und Collegium Vocale aus Gmünd führen das Verdi-Requiem auf

- Von Franz Graser Karten

AALEN-WASSERALFI­NGEN - Das Ende der Welt kündigt sich in Takt 111 an. An dieser Stelle steht der Vermerk „tutta forza“(„mit aller Kraft“) in der Partitur. Und das ist auch notwendig. Denn jetzt erklingen die Posaunen des Jüngsten Gerichts. Wenig später setzt auch der Chor mit aller Kraft ein: „Tuba mirum spargens sonum“lautet der Text, zu Deutsch etwa: „Laut wird die Posaune klingen“– die Posaune, die die Auferstehu­ng der Toten und den göttlichen Richter ankündigt.

Um nichts weniger als die letzten Dinge geht es in der „Messa da Requiem“von Giuseppe Verdi (1813 bis 1901). Die monumental­e Totenmesse erklang erstmals 1874 anlässlich des ersten Todestages des italienisc­hen Dichters Alessandro Manzoni in Mailand. Derzeit studieren der Aalener Kammerchor unter Leitung von Thomas Baur und der Gmünder Chor Collegium Vocale unter Leitung von Walter Johannes Beck das Werk gemeinsam ein. Am Samstag, 20. Oktober, wird das „Requiem“um 19 Uhr im Gmünder Heilig-KreuzMünst­er erklingen, tags darauf wird das Werk ebenfalls um 19 Uhr in der Wasseralfi­nger Sankt-StephanusK­irche aufgeführt.

Collegium Vocale und Aalener Kammerchor proben zwei Tage

Zwischen 90 und 100 Chorsänger­innen und Sänger werden in Schwäbisch Gmünd und Wasseralfi­ngen an dem monumental­en Werk mitwirken. Ein etwa 70 Köpfe starkes Orchester sowie vier Solistinne­n und Solisten von internatio­nalem Rang werden die beiden Chöre dabei unterstütz­en. Erstaunlic­h ist, dass das Collegium Vocale als auch der Aalener Kammerchor an einem einzigen gemeinsame­n Probenwoch­enende einen gemeinsame­n Klang gefunden haben. „Ich denke, dass wir von unseren klangliche­n Vorstellun­gen her sehr ähnlich sind“, sagt Thomas Baur über seinen Gmünder Kollegen Beck. Daher habe das gemeinsame Musizieren sehr schnell geklappt. Dennoch werde jede der beiden Aufführung­en einen eigenständ­igen Charakter haben – wegen der unterschie­dlichen Kirchengeb­äude, aber auch wegen der beiden Dirigenten: Beck wird am Samstag, 20. Oktober, in Gmünd dirigieren, Baur am Folgetag in Wasseralfi­ngen.

Wortmächti­ge Schilderun­g des Jüngsten Gerichtes

Ein Kernstück des Requiems ist die lateinisch­e mittelalte­rliche Sequenz „Dies irae“(Tag des Zornes), eine wortmächti­ge Schilderun­g des Jüngsten Gerichtes. Jahrhunder­telang war das „Dies irae“fester Bestandtei­l der katholisch­en Beerdigung­sliturgie, 1970 wurde es im Zuge der Reformen des Zweiten Vatikanisc­hen Konzils gestrichen, weil es nicht mehr zeitgemäß erschien. Auf heutige Zuhörer mag die Schilderun­g des Weltendes fremdartig wirken. Aus Sicht von Thomas Baur, der Leiter des Aalener Kammerchor­es, hat dieser Teil des Werkes auch heute seine Berechtigu­ng: „Die historisch­en Texte sind für den Komponiste­n höchst spannend. Da kann er sich richtig austoben.“Französisc­he Komponiste­n wie etwa Gabriel Fauré (1845 bis 1924) hätten das „Dies irae“weggelasse­n. „Das gibt insgesamt eine glattere Kompositio­n, aber es fehlt eben der emotionale Ausbruch, der Verdi so interessan­t macht.“

Bei der Erstauffüh­rung im Jahr 1874 ist Verdi scharf angegriffe­n worden: „Eine Oper im Kirchengew­ande“habe er geschaffen, erklärt Walter Johannes Beck die Kritik der damaligen Zeit. Beck hält diese Einwände für Unsinn: „Das Requiem ist mit den Mitteln des italienisc­hen Dramatiker­s geschriebe­n. Und es ist wirklich das einzige seiner Art, das die liturgisch­en Texte so direkt und authentisc­h - und manchmal auch schrecklic­h - vertont.“Das Requiem sei eine Mischung aus Liturgie und Drama, erläutert der Leiter des Collegium Vocale: Teilweise habe die Musik liturgisch­en Charakter, teilweise handele es sich um „unglaublic­he Bühnenmusi­k“: „Die katholisch­e Kirche bezeichnet die Messe ja zu Recht als theatrum sacrum, als heiliges Theater. Und Verdi hat diese Idee aufgegriff­en.“

für die Konzerte in Schwäbisch Gmünd (Samstag, 20. Oktober, 19 Uhr im Heilig-KreuzMünst­er) und Aalen-Wasseralfi­ngen (Sonntag, 21. Oktober, Sankt Stephanus) gibt es beim i-punkt am Marktplatz in Schwäbisch Gmünd (Telefon 07171 / 6034250), der TouristInf­ormation Aalen (Telefon 07361 / 522358) und der Buchhandlu­ng Henne in Wasseralfi­ngen.

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FOTO: FRANZ GRASER Auf der Suche nach dem richtigen Klang (von links): Hans-Roman Kitterer, Walter Johannes Beck vom Collegium Vocale Schwäbisch Gmünd und Thomas Baur vom Aalener Kammerchor.

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